Werner Müller kam 1990 an das Fürther Stadttheater: Mit 32 Jahren war er weit und breit der jüngste Intendant. Der 66-Jährige ist jetzt der dienstälteste Intendant Deutschlands und nun hört er auf. Seine Nachfolge übernimmt Silvia Stolz, die zuletzt in Stade ein Theater geleitet hat.
Emotionale Momente zum Abschied
Künstlerinnen, Künstler, Weggefährten und Mitarbeiter des Stadttheaters sagten nicht leise "Servus", sondern überraschten ihren Theaterchef mit einer feierlichen Gala im Fürther Stadttheater am Samstag. Der Auftritt von Schauspielerin und Choreografin Jutta Czurda, die eng mit dem Theater verbunden ist, war einer der bewegendsten Momente des Abends.
"Immer hast du das Momentum erkannt, die Chance ergriffen schier Unmögliches zu ermöglichen, deine Weitsicht, dein Wagemut, dein Gespür für Menschen und Stoffe hat zur Realisierung von Projekten geführt, die wohl kein Stadttheater unserer Größe hätte stemmen können." Jutta Czurda
Vielfalt auf der Bühne
Der gebürtige Schweinfurter hatte bei seinem Amtsantritt viele Ideen für das Fürther Stadttheater. Aus dem reinen Gastspielbetrieb sollte ein Theater werden, mit eigenen Produktionen und einem Schauspielensemble. Doch auch weterhin sollten große Bühnen und Inszenierungen in der Kleeblattstadt Station machen. Werner Müller: "Wir haben angefangen, Theater aus dem gesamten deutschsprachigen Raum einzuladen, die eine Relevanz in der deutschen Theaterlandschaft hatten – aus Berlin oder Weimar und das war dann schon eine Umbewertung des reinen Gastspielbetriebs.“
Mit seinen heute 40 Mitarbeitenden ist das Haus zwar relativ "klein", aber dafür ein entscheidender Faktor für das künstlerische Selbstbewusstsein der Stadt.
Internationale Tanzszene in Fürth
Werner Müller war ein Intendant mit Visionen. Er wollte immer für sein Theater ein Alleinstellungsmerkmal schaffen. Mit der Sparte Tanztheater ist es ihm gelungen. Heute kommen aus der ganzen Welt die besten Kompagnien nach Fürth wie erst kürzlich die Truppe von Pina Bausch. Darauf ist der scheidende Intendant besonders stolz. "Wir haben mit vier Vorstellungen pro Spielzeit angefangen. Jetzt sind wir bei 16 bis 20 Vorstellungen pro Saison und 2.000 Abonnenten ... Das strahlt auch weit über die Region hinaus."
Mut zum Risiko
Mit "next to normal" erlebte das Haus 2013 eine Musical-Sternstunde: Die Geschichte einer bipolaren Frau, die Selbstmord begeht. Keine leichte Kost, doch Werner Müller wagte die deutsche Erstaufführung mit großem Erfolg. Es folgten viele Gastspiele im deutschsprachigen Raum. Fürth hat sich als eigenproduzierender Musical-Standort entwickelt, zuletzt mit "Scholl – Die Knospe der Weißen Rose".
- Zu Artikel: Widerstand gegen Nazis – Musical zeigt Anfänge der "Weißen Rose"
Relevanz für die Region
Eigenproduktionen, Musicals, Tanztheater, Musikabende mit Balladen und Jazz, aber auch das Bürgertheater lagen dem scheidenden Intendanten immer am Herzen. Relevanz für die Menschen der Region, vor allem mit einem besonderen Theaterprojekt: Die entlassenen Quelle-Mitarbeiter holte Werner Müller für eine Schauspielproduktion auf die Bühne. Auf der Bühne konnten sie ihrer Wut endlich Luft machen.
Eine Gala großer Gefühle
Standing Ovations und ein musikalisches Dankeschön gab es am Schluss der Gala. Künstlerinnen und Künstler wie Volker Heißmann, Jutta Czurda, Schauspielerin Michaela Domes, Hausautor Ewald Arenz und viele mehr umringten einen sichtlich gerührten Werner Müller. Ein Ständchen zum Abschied gab es auch von Bigband-Leiter Thilo Wolf und Jazzmusiker Norbert Nagel. Zum großen Finale stand Werner Müller im goldenen Konfettiregen. Einen schöneren Abschied hätte er selbst nicht inszenieren können.
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