Eine Frau im knallbunten Kleid.
Bildrechte: Apple TV+

Sarah Snook in "The Beanie Bubble", ab 28. Juli 2023 auf Apple TV+.

Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

"The Beanie Bubble": Vom Plüschtiersammler zum Millionär

"Beanie Babys" waren so etwas wie die Bitcoins der 90er Jahre. Kunterbunte Kuscheltiere, die sich innerhalb kürzester Zeit vom Spielzeug zum Spekulationsobjekt mauserten. Davon erzählt der Spielfilm "The Beanie Bubble".

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Der Plan war wohl zu simpel, um von Dauer zu sein: Investiere fünf Dollar und werde durch Weiterverkauf reich – oder erhalte zumindest ein Vielfaches der Anfangsinvestition. Mitte der 90er-Jahre gab es unzählige Menschen, die diesem Gewinnversprechen verfallen waren. Wer damals im Internet unterwegs war und sich auf die noch junge Auktionsplattform Ebay verirrte, begegnete früher oder später einem dieser Glücksritter und dem zur Versteigerung angebotenen Objekt der Begierde: einem "Beanie Baby".

Erfolgsrezept: kleine Auflage, große Nachfrage

Die ausschließlich in limitierten Editionen produzierten Billig-Plüschfiguren des US-Unternehmens Ty waren das Must-Have der Stunde und entwickelten sich zum globalen Trendobjekt. Das Erfolgskonzept: kleine Auflage, große Nachfrage. Zum Höhepunkt des Hypes machten "Beanie Babys" knapp zehn Prozent aller ebay-Auktionen aus. Der mit ihnen verbundene Traum vom schnellen Reichtum ging vor allem für eine Person in Erfüllung: "Beanie-Baby"-Erfinder Ty Warner.

Die auf wahren Begebenheiten basierende Tragikomödie "The Beanie Bubble" erzählt die Geschichte dieses kurzlebigen Phänomens, das sich mit Einstellung der Produktlinie Ende der 90er-Jahre für manchen Kleinanleger als kostspielige Spekulationsblase herausstellte. Der Film beleuchtet jedoch keine Einzelschicksale, sondern blickt ins dunkle Herz eines kapitalistischen Systems, das nur individuelle Gewinnmaximierung im Blick hat.

Feministische Metaebene

Comedian Zach Galifianakis porträtiert Unternehmer Ty Warner als undurchschaubaren Soziopathen: Er ist ein Perfektionist, der die Plüschtiere anderer Hersteller seziert, um ihren Aufbau zu studieren und sein eigenes Produkt zu optimieren. Mal ist er charmant, mal arrogant, halb Kind, halb Trump.

Vor allen Dingen aber ist Ty Warner in "The Beanie Bubble" ein Unternehmer, dessen Erfolg auf Ideen anderer basiert. Ob Marketingkonzept, Netzstrategie oder Produktentwicklung – im Film werden viele dieser Erfolgsfaktoren von Frauen erdacht, die entweder beruflich oder privat eng mit Ty Warner verbunden sind und von ihm systematisch ausgenutzt werden.

Diese für die Handlung essentielle Erzählebene ist ein dramaturgischer Kniff: Die Frauen sind fiktive Personen und dienen als Metapher für das Fundament des patriarchalen amerikanischen Traums, erklärt Regisseurin Kristin Gore: "Die Beanie Babys sind eigentlich nur die farbenfrohe Basis für eine viel tiefergehende Geschichte über unser aktuelles Wertesystem und die Beziehung von Frauen zum amerikanischen Traum."

Dramaturgisches Risiko: zu viele Sprünge

Die Geschichte sollte so mehr Bedeutung erhalten, universeller werden und "wird hoffentlich auch so verstanden", sagt Gore. Was die Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore im Interview logisch erläutert, geht im Film aufgrund einer anderen dramaturgischen Entscheidung allerdings unter. Um wiederkehrende Muster toxischer Männlichkeit zu illustrieren, arbeitet der Film mit Zeitsprüngen.

Denn die Frauen repräsentieren verschiedene Fortschritte in der Unternehmensentwicklung, die auf dem immer gleichen Prinzip aus Blenden und Schassen basieren.

Aus cineastischer Sicht: keine Erfolgschancen

Der permanente Wechsel zwischen Unternehmensgründung und dem Ende des "Beanie-Baby"-Hypes nimmt im Verlauf der Handlung jedoch derart überhand, dass man gar nicht anders kann, als den Überblick zu verlieren.

Auch wenn "The Beanie Bubble" visuell so bunt und federleicht komponiert ist wie die titelgebenden Plüschobjekte – in gewisser Hinsicht repräsentiert die Tragikomödie eine andere Version des amerikanischen Traums: Manche Ideen können noch so durchdacht und ambitioniert sein – zwingend erfolgreich sind sie deswegen noch lange nicht.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!