Es ist doch zum Mäusemelken. Da hat man einen Traumjob in der Filmbranche, datet eine Traumfrau, die ebenso smart wie tough ist und dann macht so ein dämlicher Sturz aus ein paar 100 Metern Höhe alles kaputt – allem voran den Rücken von Stuntman Colt Seavers. Die Actionkomödie "The Fall Guy" redet nicht lange um den heißen Brei herum. Gleich die Anfangsszene macht klar: In den kommenden zwei Stunden wird es actionlastig, romantisch, ein wenig dramatisch, primär jedoch lustig und nicht zu vergessen: nostalgisch.
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Der undankbare Job des Stuntman
Denn "The Fall Guy" ist eine Hommage: an klassisches Popcornkino und klar, an die 80er-Jahre-Vorabendserie "Ein Colt für alle Fälle". Die handelte von Stuntman Colt Seavers und seinem Nebenjob als Kopfgeldjäger. Ein Remake der Serie ist "The Fall Guy" allerdings nicht, eher eine Art in der Gegenwart angesiedelte Vorgeschichte.
Colt Seavers, herrlich selbstironisch dargestellt von Ryan Gosling, hat sich nach seinem fatalen Sturz aus dem Filmbusiness zurückgezogen. Um das Regiedebüt seiner von Emily Blunt gespielten großen Liebe Jodie zu retten, lässt er sich erneut für potentiell knochenbrechende Tätigkeiten anheuern. Stunts sind hier jedoch nur ein Teil seiner Arbeit – wichtiger ist die Suche nach dem verschwundenen Hauptdarsteller aus Jodies Film. Seavers wird aufgefordert: Mach dich auf die Suche nach ihm. Bitte! – Warum ich? – Du bist ein Stuntman, verflucht. Niemand wird bemerken, ob du hier bist oder nicht. Nicht bös gemeint! – Ich meine... schon ein bisschen.
So lustig dieser kurze Dialog auch ist – seine tiefere Wahrheit lautet: Stuntmen machen die Drecksarbeit, werden aber nicht wahrgenommen. Womit wir beim eigentlichen Kern von "The Fall Guy" angekommen wären: Denn der Film ist eine große Verbeugung vor den Männern und Frauen, die den wohl gefährlichsten Job in Hollywood ausüben. Regisseur David Leitch hat selbst jahrelang als Stuntman gearbeitet, hat unter anderem Brad Pitt und Jean-Claude van Damme gedoubelt. Seit seinem Wechsel hinter die Kamera zelebriert er in Action-Blockbustern wie "John Wick" oder zuletzt "Bullet Train" die große Kunst des vollen Körpereinsatzes.
Beste Unterhaltung auf Quatschniveau
In "The Fall Guy" zeigt Leitch, wie fordernd diese Arbeit ist und wie groß das Technikteam ist, das die Stuntdoubles unterstützt. Zudem erweitert der Adrenalin-Regisseur sein Werk auch auf anderer Ebene: Das Humorlevel wird bis zum Quatschniveau hochgeschraubt, Ryan Gosling und Emily Blunt glänzen mit Charisma, Charme und spürbarer Spielfreude. Bierernste Blockbuster wiederum, die ehrliches Stunt-Handwerk durch den überbordenden Einsatz von Computereffekten an den Rand drängen, werden zur Witzvorlage – vor allem "Dune" wird mit seiner gelbstichigen Wüstenoptik in einer wiederkehrenden Film-im-Film-Sequenz ins Visier genommen.
Auch sonst hat "The Fall Guy" allerlei Metaebenen und Insider-Witze aus dem Filmgeschäft zu bieten, macht sich lustig über die Suche nach dem finalen Akt und nimmt mehr oder weniger augenzwinkernd Tom Cruise oder Jean-Claude Van Damme auf die Schippe. Wirklich tiefschürfend wird es dabei nie. Denn wie es sich für einen Film gehört, der das fast vergessene Popcornkino vergangener Jahrzehnte zurück auf die Leinwand holt – die Unterhaltung steht im Vordergrund. Und die bekommt man hier definitiv geboten – wenn's sein muss, bis zur Schmerzgrenze.
Der offizielle Trailer von "The Fall Guy"
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