Vermittler ohne Auftrag – Papst Franziskus und die Kriege
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Vermittler ohne Auftrag – Papst Franziskus und die Kriege

Vermittler ohne Auftrag – Papst Franziskus und die Kriege

Hat Franziskus die Hamas nicht klar genug verurteilt? In den letzten Wochen stand der Papst wegen seiner Wortwahl zum Krieg in Israel und Gaza immer wieder in der Kritik. Für andere wird er aber genau dadurch zu einem möglichen Vermittler.

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Der Angriff kommt völlig überraschend. Tausende Raketen feuert die Hamas am Morgen des 7. Oktober auf Israel ab. Gleichzeitig durchbrechen Scharen von Terroristen die Grenzanlagen. Sie werden in den nächsten Stunden mehr als 1.200 Männer, Frauen und Kinder ermorden. Mehr als 240 Menschen werden als Geiseln verschleppt. Es ist das größte Massaker an Juden seit der Shoa. Israel antwortet mit Luftangriffen auf den Gazastreifen. "Wir sind im Krieg", erklärt Regierungschef Netanjahu.

In Rom hatte drei Tage zuvor die Weltsynode begonnen. Die krisengebeutelte katholische Kirche will sich Mut machen für einen neuen Aufbruch. Für Papst Franziskus ist diese Synode eines seiner wichtigsten Projekte. Gut drei Wochen lang debattiert er mit Bischöfen und Laien über innerkirchliche Reformen. Doch der plötzlich entbrannte Krieg zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Was wird der Papst dazu sagen?

Kritik an Papst Franziskus: Er nennt Angreifer nicht beim Namen

Seine Ansprache beim sonntäglichen Angelusgebet am 8. Oktober erinnert viele an seine Reaktion auf Russlands Überfall auf die Ukraine. Wieder nennt Franziskus den Angreifer nicht beim Namen. Papst Franziskus sagt: "Die Angriffe müssen aufhören und die Waffen niedergelegt werden. Man muss begreifen, dass Terrorismus und Krieg zu keiner Lösung führen, sondern nur zum Tod und Leid so vieler unschuldiger Menschen. Der Krieg ist eine Niederlage. Jeder Krieg ist eine Niederlage! Lasst uns beten für den Frieden in Israel und Palästina."

Nach diesen Worten bekommt Papst Franziskus Gegenwind. Und nicht nur in Israel ist man empört, weil er die Hamas nicht eindeutig verurteilt. Stellt Franziskus in seiner Ansprache Opfer und Täter auf eine Stufe?

Meron Mendel, Historiker und Pädagoge an der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main, sagt dazu: "Der Papst begibt sich hier in ein sehr undankbares Gebiet, wenn er sich dazu äußert. Und dass es auf der israelischen Seite und auch in jüdischen Kreisen Irritationen gibt, das war zu erwarten."

Die katholische Lehre vom "gerechten Krieg"

Auch der Kirchenhistoriker Hubert Wolf kritisiert die Worte des Papstes und findet: "Er hätte sich eindeutig auf die Seite der Angegriffenen stellen müssen, in einem ersten Schritt. Und er hätte klar sagen müssen, dass diese nach der katholischen Tradition – der Lehre vom gerechten Krieg – ein Recht haben, sich mit Waffen zu verteidigen, denn sie sind angegriffen worden."

Die meisten Staaten des Westens stehen an der Seite Israels. Und die Angriffe der israelischen Armee auf den Gazastreifen werden immer massiver. Das Kriegsziel, die Zerstörung der Hamas, scheint nur durch großflächige Bombardements erreichbar. Dass dabei auch unbeteiligte Zivilisten getötet werden, ist in einem der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt unvermeidbar. Je mehr Menschen im Gazastreifen sterben, desto lauter werden die Proteste gegen Israel. Zunächst in der arabischen Welt, dann auch in Afrika, Lateinamerika und in den USA. In die Kritik an der Militäraktion mischen sich Antizionismus und Antisemitismus.

Forderung des Papstes als unparteiischer Mahner: Waffenstillstand

Der Vatikan bleibt neutral. Eineinhalb Wochen nach dem Hamas-Überfall fordert der Papst einen Waffenstillstand, für Israel eine unerfüllbare Forderung. Als unparteiischer Mahner bleibe der Papst ein möglicher Vermittler, sagen die einen. Andere vermissen weiter eine klare Verurteilung der Hamas.

Abt Nikodemus Schnabel von der Dormitio-Abtei der Benediktiner in Jerusalem ist anderer Meinung. Er findet: "Ich finde es so wichtig, dass es eine Stimme gibt, die jetzt nicht von Völkerrecht spricht, nicht von Selbstverteidigung und Selbstbestimmung, was alles richtig ist, sondern die, sag’ ich mal, etwas quer kommt und sagt: Können wir es uns noch einmal klarmachen, dass wir hier nicht auf eine Art Fußballmatch schauen, wo die eine Seite sozusagen Israel anfeuert, die andere Seite Palästina anfeuert, sondern wir schauen auf Menschen, auf beiden Seiten Menschen."

Schon kurz nach Kriegsbeginn läuft die internationale Diplomatie auf Hochtouren. Ägypten lädt zu einem eilig einberufenen Friedensgipfel. Es geht um humanitäre Hilfen und mögliche Feuerpausen. Israel sitzt nicht mit am Tisch. Wichtige Verhandlungen laufen ohnehin im Hintergrund. Der Golfstaat Katar hat neben den USA jetzt eine Schlüsselrolle. Dem Papst, so scheint es, kommt allenfalls der Part eines wohlmeinenden Außenseiters zu.

Der Papst als wohlmeinender Außenseiter

Das beobachtet auch der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster, Mouhanad Khorchide: "Offensichtlich wird der Papst nicht so ernst genommen von den Akteuren. Man hört nicht wirklich auf seine Apelle und er ist auch nicht als Mediationsfigur eingeladen. Er wäre ideal für diese Rolle. Als jemand, der nicht involviert ist, weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Aber offensichtlich nimmt man ihn nicht so ernst."

Der Film von Claus Singer "Vermittler ohne Auftrag – Papst Franziskus und die Kriege" ist in der ARD Mediathek zu sehen.

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