"Das sind natürlich starke Worte: Schuld und Vergebung. Das geht uns irgendwie alle an", sagt Beate Kröhnert vom Team des Mozartfests zum diesjährigen Motto des Klassik-Festivals in Würzburg. Mit einem Konzert des französischen Ensembles "Les Talens Lyriques" im Kaisersaal der Würzburger Residenz startet das Mozartfest am Freitagabend in die Festivalsaison 2024. Bis zum 23. Juni sind insgesamt 85 Veranstaltungen geplant. Dabei setzt das Klassik-Festival Mozart als Seelenforscher in Szene. "Die Vorfreude ist riesig", sagt Kröhnert.
Fast jedes Jahr ungeplant politisch
Neben musikalischen Anhaltspunkten in Mozarts Werken bezieht das Motto "Schuld und Vergebung" auch die Bombardierung Würzburgs im Zweiten Weltkrieg mit einer aufwändigen Inszenierung ein. Und auch in diesem Jahr liegt das Motto des Mozartfests wieder nah am aktuellen, politischen Zeitgeschehen.
In der Vergangenheit gaben weltpolitische Ereignisse dem Festival-Programm immer wieder aktuelle Bedeutung. 2016 traf das Motto "Mozarts Europa" mit dem Beginn des Brexits zusammen. 2018 zogen Schlagzeilen um Donald Trump und sogenannte "Fake News" unweigerlich Parallelen zum Mozartfestmotto "Aufklärung. Klärung. Verklärung". Dabei plant Intendantin Evelyn Meining die thematischen Schwerpunkte bis zu drei Jahre im Voraus.
In diesem Jahr weist das Motto "Schuld und Vergebung" in Richtung Nahost-Konflikt und Krieg gegen die Ukraine. "Natürlich wird das Motto jetzt aufgeladen mit einer ganz anderen und damals nicht geahnten Brisanz und einem anderen Bewusstsein", betont Meining.
Koffersuche für aufwändige Inszenierung
"Hell ist die Nacht" lautet eine der wohl aufwändigsten Inszenierungen in diesem Jahr. Im Mutterhaus der Erlöserschwestern treffen am 4. und 5. Juni unter anderem Werke von Mozart, Mahler und Schumann auf Lyrik und Originalberichte aus Kriegszeiten. Ein historischer Fingerzeig in Richtung der Bombardierung Würzburgs gegen Ende des zweiten Weltkriegs.
Regisseur Max Koch rief im Vorfeld dazu auf, Gepäckstücke für eine Installation zu spenden. Im Keller des Mutterhauses bekommen diese Gepäckstücke eine neue Funktion: Sie werden Teil der musikalischen Inszenierung und haben Symbolwirkung. Koch möchte zeigen, "dass Themen wie Flucht, Neuanfang, die Reise, verschiedene Schicksale jeden permanent treffen können."
Mozarttag und ein künstlicher Garten Eden
Wie bereits in den vergangenen Jahren ist es den Organisatoren ein Anliegen, das Festival auch abseits der pompösen Konzertsäle im Würzburger Stadtbild zu verankern. Am Samstag, den 25. Mai findet etwa der Mozarttag statt. Die Würzburger Innenstadt verwandelt sich an diesem Tag in ein klassisches Straßenmusikfestival. Chöre, Instrumentalensembles und Musikerinnen und Musiker aus der Region bringen klassische Musik in die Gassen, Kirchen und Plätze der Innenstadt. Außerdem gibt es mit einer Mozartschnitzeljagd und Mitsingaktionen Möglichkeiten selbst aktiv zu werden.
Im "M PopUp", einem Mozart-Pop-Up-Store am Würzburger Marktplatz, werden Fragen, wie "Darf man Musik von Sündern schön finden?" und "Lässt sich Vergebung lernen?" diskutiert. In Zusammenarbeit mit der THWS wird der Pop-Up-Store außerdem zu einem künstlichen Garten Eden verwandelt. Bis zum 22. Juni finden hier Workshops, Mitmachaktionen und Vorträge statt.
Schwerpunkt liegt auf Gesang
Auffallend in diesem Jahr ist der im Vergleich zum Vorjahr starke Fokus auf Konzertveranstaltungen. Veranstaltungen, die den konzertanten Rahmen aufbrechen, wie die Mozart-Graffitis aus 2021 oder das musikalische Dating in der Residenz, finden diesmal weniger statt. Aufgrund der recht ernsten Thematik ist das aber durchaus nachvollziehbar.
Zudem liegt der musikalische Schwerpunkt auf dem Gesang. Deshalb wird das Programm in diesem Jahr vom französischen Dirigenten Christoph Rousset begleitet. "Der Gesang ist das, was uns so interessiert an seiner Arbeit", sagt Intendantin Evelyn Meining. Roussets Schwerpunkt liegt insbesondere auf den Opern des 18. Jahrhunderts.
Restkarten für einige Konzerte
Viele Konzerte sind bereits ausverkauft, bei einigen gibt es noch Restkarten. Beate Kröhnert weist außerdem auf die Kartenbörse auf der Webseite des Mozartfests hin, bei der Privatleute Tickets weiterverkaufen, die sie selbst nicht nutzen können.
Das Mozartfest Würzburg gilt als das älteste Klassik-Festival Deutschlands, das sich im Kern den Werken Wolfgang Amadeus Mozarts widmet. Seit mehr als 100 Jahren gibt es die Konzertreihe. 37.000 Zuschauer kamen im vergangenen Jahr. Nach Angaben der Veranstalter handelte es sich dabei um einen Rekord.
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