Kurz vor Beginn der Internationalen Filmfestspiele von Cannes hat der zu einer Haftstrafe verurteilte iranische Regisseur Mohammad Rasoulof sein Land verlassen. "Ich bin meinen Freunden, Bekannten und den Menschen dankbar, die mir - teils unter Einsatz ihres Lebens - geholfen haben, die Grenze zu überqueren und mich in Sicherheit zu bringen", schrieb Rasoulof auf Instagram unter einem Video, auf dem verschneite Berge zu sehen sind (Externer Link). Er schließe sich einem "kulturellen" Iran von Millionen Menschen im Exil an, der "geografische" Iran leide "unter den Stiefeln Eurer religiösen Tyrannei". Die Iraner im Exil warteten "ungeduldig darauf, Euch und Euer Unterdrückungssystem in den Tiefen der Geschichte zu beerdigen".
Sein Anwalt Babak Paknia bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass Rasoulof den Iran verlassen habe und am Filmfestival im französischen Cannes teilnehmen werde. Bei den am Dienstag beginnenden Filmfestspielen wird Rasoulof seinen neuen Film "Der Samen der Heiligen Feige" vorstellen.
Rasoulof zu mehrjähriger Haftstrafe verurteilt
Erst am vergangenen Mittwoch hatte Rasoulofs Anwalt mitgeteilt, dass der preisgekrönte Regisseur im Iran wegen "Verschwörung gegen die nationale Sicherheit" zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Das Urteil beinhalte Paknia zufolge auch "Auspeitschung, Geldstrafe und Beschlagnahmung von Eigentum“. Im Iran ist es üblich, dass Angeklagte sich während der Urteilsverkündung noch nicht in Haft befinden und erst später zur Verbüßung ihrer Gefängnisstrafe aufgefordert werden. Der Regisseur war bereits im Juli 2022 verhaftet worden, nach sieben Monaten Gefängnis wurde er wieder freigelassen.
Ausreise über die Türkei?
Unklar ist noch, wie Rasoulof die Ausreise gelang. Viele Kritiker der iranischen Regierung versuchen, über die gebirgige Grenze zur Türkei nach Europa zu gelangen. Die Auftritte iranischer Regisseure und Schauspieler beim Festival von Cannes waren in den vergangenen Jahren zunehmend in den Fokus des Regimes geraten. Der bekannte Regisseur Saeed Roustaee wurde wegen der Vorführung seines Films "Leilas Brüder" auf dem Festival 2022 zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Die iranischen Behörden begründeten dies damit, der Film sei ohne Erlaubnis gezeigt worden.
Rasoulof hatte 2020 den Goldenen Bären der Berlinale für seinen Film "Doch das Böse gibt es nicht" verliehen bekommen. Den Preis nahm seine Tochter für ihn entgegen, da Rasoulof den Iran nicht verlassen durfte.
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