Deutschland im Juli 2045: Der Sommer hat seinen Schrecken verloren. Doch die 2030er- Jahre sind hart gewesen in Europa. Nach der Energiekrise kam die Superdürre und 2029 ein fataler Finanzcrash. Ganze Wirtschaftszweige am Boden, massive Unwetterschäden, rationiertes Wasser. So sieht es das Buch "Zukunftsbilder 2045" voraus – und zeigt trotzdem eine positive Zukunftsvision. Das Buch ist ein bunt bebilderter Reiseführer durch ein Land, das sich durch die Krise neu erfunden hat.
Sommer am Marienplatz in München
Ein Sommertag am Münchner Marienplatz: Überall wachsen Pflanzen. Die ehemals versiegelte Einkaufsstraße wurde an manchen Stellen aufgerissen. Inseln sind entstanden, auf denen Blumen blühen und Bäume stehen. Auf den Dächern der altgedienten Kaufhäuser wird mit Solaranlagen Strom erzeugt und in kleinen Gewächshäusern Obst und Gemüse gezogen. Alle Fassaden sind von Kletterpflanzen geschmückt.
Das Bild des Münchner Stadtzentrums sieht täuschend echt aus. Es ist eine von vielen fotorealistischen Grafiken, die in aufwendiger Arbeit zusammen mit NGO’s und kommunalen Initiativen entstanden sind.
Nachhaltigkeit hat mit Emotionen und Sinnlichkeit zu tun
Mit-Autorin Stella Schaller erklärt, warum es wichtig ist, sichtbar zu machen, was sein könnte: Nachhaltigkeit werde sehr häufig, sehr abstrakt kommuniziert, es gehe um CO2-Budgets, um Emissionseinsparungen etc. "Dabei ist Nachhaltigkeit etwas, was unser ganzes Wesen betrifft. Da geht es um Emotionen, um die Sinnlichkeit und Bilder. Wir haben versucht, wirklich greifbar und fühlbar zu machen, wie Berlin aussehen würde, München aussehen würde, Hamburg aussehen würde, wenn wir die nachhaltige Transformation umsetzen. Und das wird dadurch viel, viel greifbarer und alltagsbezogener, weil wir uns das viel besser vorstellen können, was das für uns bedeutet, und auch, was wir durch diese Transformation gewinnen können."
Symbiose zwischen Mensch und Natur
Beispiel München: Hier wird 2045 die Symbiose zwischen Mensch und Natur gelebt: Fassadenpflanzen an den Gebäuden speichern Wasser bei Regen und geben es an warmen Tagen wieder ab. Das Prinzip "Schwammstadt" hilft sowohl gegen Hochwasser, weil das Wasser an vielen verschiedenen Plätzen versickern kann, als auch gegen Hitze: Durch Verdunstung kühlen die Pflanzen die Temperatur um zehn bis 20 Grad herunter. Heizungsdebatten dagegen sind längst Geschichte. Der Zeitgeist hat sich ebenso radikal geändert, wie das Erscheinungsbild deutscher Städte.
Klima-Kipp-Punkte und soziale Kipp-Punkte
Die Forschung zeige, dass wir uns unglaublich stark an unserem sozialen Umfeld orientieren. Das könne man beispielsweise sehr gut beobachten beim Thema Solarpaneele in Dörfern, sagt Stella Schaller. "Wo manche Häuser angefangen haben, diese Solarpaneele zu installieren, sieht man dann ganz schnell, wie ganz viele Häuser drumherum das auch aufgreifen. In der Wissenschaft gibt es außerdem ein Konzept der Social Tippingpoints, also soziale Kipp-Punkte. Das zielt auch darauf ab, dass Wandel nicht immer linear passiert, sondern dass es unerwartete Kipp-Punkte geben kann. Nicht nur in unserem ökologischen System, die Klima-Kippunkte, sondern auch in unserem sozialen System, wo auf einmal ein Wertewandel stattfindet. Und das ist zum Teil auch schon der Fall."
Spielplatz und Räder am Münchner Siegestor
Wie ruhig die Stadt mittlerweile ist. Man hört keine Motoren mehr. Die Menschen sind mit Elektrobussen oder Fahrrädern unterwegs. Direkt vor dem Münchner Siegestor gibt es einen Kinderspielplatz im Schatten der Bäume und Marktstände mit regionalen Produkten. Die Eltern flanieren, die Kinder können frei toben. Und die Luft ist frei von Abgasen, dafür belebt von Vogelscharen.
Das Auto ist in Deutschland nicht kampflos aufgegeben worden, so heißt es in dem Buch. Was geholfen hat, waren gute europäische Vorbilder: Die verkehrsberuhigten Superblocks in Barcelona oder das 365-Euro-Jahresticket für alle Verkehrsmittel in Wien. Das Besondere an "Zukunftsbilder 2045": Alle Ideen für die utopisch wirkende Zukunft sind jetzt schon da. Kreislaufwirtschaft, Gemeinwohlprinzip oder Grünes Bauen etwa müssen nicht neu erfunden werden. Das Buch "Zukunftsbilder 2045" zeigt einfach auf, was passieren würde, wenn aus kleinen Ideen Wirklichkeit wird.
Stella Schaller, Ute Scheub , Sebastian Vollmar, Lino Zeddies: "Zukunftsbilder 2045. Eine Reise in die Welt von morgen", Oekom Verlag
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