Seit 2022 gibt es bei Amazon die Möglichkeit, die bestellten Waren einfach so etwa am Schalter von DHL abzugeben. Die Kundschaft spart sich die Mühe, die Gegenstände wieder einzupacken und den Rücksendeschein auszudrucken – macht alles das Personal im Paketshop. Was wie ein praktischer Service klingt, hat auch für Amazon einen konkreten Nutzen: So nehmen die Versandtaschen, die in den Paketshops bereitliegen, weniger Platz ein, als die teils klobigen Kartons. Und so lässt sich auch erklären, warum der Versandriese inzwischen manchen Kunden diese Variante regelrecht aufoktroyiert. Bei einer persönlichen Stichprobe tauchte die Option "selbst verpacken" zum Beispiel gar nicht mehr auf.
Amazon will angeblich die Umwelt schonen
Auf unsere Anfrage, warum die Rücksende-Bedingungen geändert worden sind, reagiert Amazon mit einer Standard-Antwort: "Wir testen regelmäßig Möglichkeiten, um Produktrücksendungen für unsere Kund:innen so einfach und umweltfreundlich wie möglich zu gestalten." Und weiter heißt es, man führe derzeit einen Test durch, bei dem ausgewählten Kundinnen und Kunden "Retoure unverpackt" als einzige kostenfreie Rücksendeoption zur Verfügung stehe. Sie könnten jedoch alternative Optionen zu zusätzlichen Kosten wählen.
Was gilt jetzt eigentlich?
Die Angaben aus der Antwort-Mail stimmen so allerdings nicht ganz, denn in unserem Kurztest gab es ja diese alternative Option nicht mehr. Die Bestimmungen können offenbar von Kunde zu Kunde variieren. Die Branchenseite Onlinehändlernews berichtet von Fällen, in denen die Option selbst zu verpacken tatsächlich noch auftaucht. Wer das auswählt, muss aber bis zu drei Euro Gebühr akzeptieren.
Für wen genau welche Möglichkeiten gelten, dazu gibt es von Amazon keine Angaben. Unklar bleibt auch, ob es sich nur um einen vorübergehenden Test handelt, oder die Unverpackt-Variante dauerhaft für alle die einzig kostenfreie werden wird.
Warum die Änderungen nicht kundenfreundlich sind
Bei der Kundschaft dürfte die neue Regelung zu Irritationen führen, da nicht klar kommuniziert wird. In den Rückgabebedingungen unseres Accounts, mit dem wir getestet haben, hieß es nach wie vor, dass das Rücksendeetikett ausgedruckt und die Ware sicher verpackt werden müsse – obwohl diese Option gar nicht mehr existierte. Außerdem wirkt Amazons Argumentation, Rücksendungen so einfach und umweltfreundlich wie möglich gestalten zu wollen, vorgeschoben. Den Kunden Optionen zu streichen und sie zu nötigen, alte Verpackungen wegzuwerfen, um alles im Paketshop frisch einpacken zu lassen, passt jedenfalls nicht dazu. Dazu kommt, dass Kunden dabei genötigt werden, ihre persönlichen Einkäufe für alle sichtbar auf dem Tisch im Paketdienst auszubreiten.
Amazon-Konkurrenz verändert ebenfalls Konditionen
Auch andere Versandhändler variieren derzeit ihre Rücksendebedingungen. So gilt etwa bei Zalando inzwischen nicht mehr wie früher die 100-Tage-Frist. Waren müssen jetzt bereits nach 30 Tagen wieder retourniert werden. Und Asos hat für einige Kunden, "deren Verhalten dafür sorgt, dass ein nachhaltiger Service nicht aufrechtzuerhalten ist" eine Rücksendegebühr von 3,95 Euro eingeführt. Wer für das Zurückschicken zahlen muss und wer nicht, entscheidet ein Algorithmus anhand des bisherigen Retourenverhaltens.
Dass die Online-Händler versuchen, ihre Kundschaft zu erziehen, ist dabei grundsätzlich nachvollziehbar. Denn hierzulande wird rund jedes vierte Paket zurückgeschickt. Deutschland ist dabei sogar Retouren-Europameister.
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