Günther Felßner im BR-Interview
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Bauernpräsident Felßner zieht Minister-Bewerbung zurück

Bauernpräsident Felßner zieht Minister-Bewerbung zurück

Der Präsident des Bayerischen Bauernverbands, Günther Felßner (CSU), steht nach der Protestaktion auf seinem Hof nicht mehr für das Amt des Bundeslandwirtschaftsministers zur Verfügung. Er sei nicht bereit, eine Gefährdung seiner Familie hinzunehmen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Nach einer illegalen Protestaktion von Tierrechtlern auf seinem Hof im Nürnberger Land hat der Präsident des Bayerischen Bauernverbands, Günther Felßner (CSU), seinen Verzicht auf seine Bewerbung für das Amt des Bundeslandwirtschaftsministers verkündet.

Bei einem kurzfristig angesetzten Pressestatement sagte Felßner in München, er sei nicht bereit, eine Gefährdung seiner Familie hinzunehmen. Bauernpräsident bleibe er aber. CSU-Chef Markus Söder hatte Felßner im November als Wunschkandidaten seiner Partei für das Amt des Bundeslandwirtschaftsministers präsentiert.

Aktivisten von "Animal Rebellion" auf Felßners Hof

Am Montag waren zwei Aktivisten der Tierrechtsorganisation "Animal Rebellion" auf das Dach von Felßners Rinderstall im Landkreis Nürnberger Land geklettert, um ein Transparent zu befestigen – mit dem Schriftzug: "Kein Tierausbeuter als Agrarminister." Dafür hatten sie lange Leitern mitgebracht. Weitere Aktivisten hätten sich auf dem Hof verteilt und Plakate mit Protestnoten in die Höhe gehalten, teilte "Animal Rebellion" mit. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch.

Felßner: Ehefrau "hatte Angst um Leib und Leben"

Er sei ein Mann des Dialogs und sehe sich als Brückenbauer, betonte Felßner. Auch für den Austausch mit Andersdenkenden stehe er immer bereit. Drohungen, persönliche Anfeindungen und Hasssprache seien kein geeignetes Mittel für den politischen Dialog. "Das habe ich als Kandidat und potenzieller Minister aber auszuhalten", sagte er.

Während er für die Koalitionsverhandlungen in Berlin gewesen sei, sei nun aber sein Hof von "sogenannten Aktivisten, teilweise vermummt," überfallen worden. "Meine Frau sah sich nicht nur bedroht, sondern hatte Angst um Leib und Leben." In den sozialen Netzwerken habe die Tierrechtsorganisation "Animal Rebellion" geschrieben, das sei eine Kampfansage für den Fall, dass er Minister werde, schilderte Felßner. Das sei eine "unkalkulierbare Bedrohung von mir unbekannten, scheinbar radikalen Menschen gegen mich und meine Familie".

Den Parteivorsitzenden Söder habe er schon am Montag informiert, sagte Felßner weiter. "Er hat mir jedes Vertrauen ausgesprochen, mir jede Möglichkeit gegeben, mich noch umzuentscheiden, aber dann doch die Entscheidung mit menschlicher Größe akzeptiert." Das habe etwas mit Fürsorge, aber vielleicht auch mit Freundschaft und Vertrauen zu tun.

Söder "empört" über Angriff

CSU-Chef Söder, der am Nachmittag ebenfalls vor die Presse trat, zeigte sich "traurig" über Felßners Entscheidung. Es wäre die Chance gewesen, dass "endlich mal ein Fachmann" in die Regierung komme. Felßner sei ein "echtes Ass". Söder betonte, er habe Respekt vor der Entscheidung: "Familie geht immer vor."

Über die Aktion der Aktivisten, die Hetze und Radikalität sei er empört, erläuterte der CSU-Vorsitzende. "Das ist ein kriminelles Verhalten." Tierwohl sei wichtig, aber nicht jeder Zweck heilige die Mittel. Die Aktion auf Felßners Hof wertete Söder als "Angriff auf den ländlichen Raum". Dies dürfe nicht ohne Folgen bleiben, es müsse eine "Sonderermittlung" geben.

Felßner fordert Debatte über den Umgang miteinander

Der Bauernpräsident betonte, er sei aus der Verbandsarbeit gewohnt, auch harte Angriffe auszuhalten, Petitionen von Umweltorganisationen beispielsweise. Er sei ja selbst jemand, der seine Meinung klar zum Ausdruck bringe und könne auch einstecken. Bei persönlichen Übergriffen, psychischem und physischem Druck sei aber eine Grenze überschritten.

2018 war Felßner wegen Boden- und Gewässerverunreinigung zu 90 Tagessätzen verurteilt worden. Die Kampagnenplattform Campact sowie das Umweltinstitut München sammeln jeweils mit Online-Petitionen Unterschriften gegen eine Berufung Felßners zum Bundesminister. Beide kommen zusammen auf mehr als 500.000 Unterschriften.

Campact: Protest muss Grenzen haben

Campact und das Umweltinstitut distanzierten sich von der Protestaktion der Gruppe "Animal Rebellion". Es sei gut, dass Felßner nicht Agrarminister wird, erklärte Christoph Bautz von Campact. Für Bautz ist der bayerische Bauernpräsident ein "verurteilter Umweltsünder", "verfilzt mit der Agrarlobby". Gleichzeitig sei aber klar: "So gerechtfertigt Protest gegen Lobbyismus und Klientelpolitik ist – er muss Grenzen kennen." Diese seien eindeutig überschritten worden.

Fabian Holzheid, Geschäftsführer des Münchner Umweltinstituts, betonte: "Für uns ist das ein absolutes No-Go, die Grenzen der Privatsphäre zu überschreiten." Die Entscheidung, dass Felßner nicht Agrarminister wird, begrüße er aber. Das sei in der Sache richtig.

Felßner fordert Diskussion über das Miteinander

Felßner forderte, es müsse in Deutschland eine Diskussion über den Umgang miteinander stattfinden. "Diese Hasssprache, diese Emotionalisierung, diese Überspitzung in der Debatte, die dann Leute in radikale Gedanken und Aktionen führt, das muss anders werden", sagte er.

Bei BR24 im BR Fernsehen sprach Felßner am Abend von einem "schwarzen Tag für die Demokratie". Gewaltbereite Gruppen hätten mit der Ausübung von psychischer und physischer Gewalt auf einen Politiker Erfolg gehabt. Kritik an seiner Person wies er zurück. Für die Zukunft brauche es eine nachhaltige Landwirtschaft, die Ernährungssicherheit, regenerative Energien und den Schutz von Ressourcen in einem Politikfeld vereine. "Da hatte man offensichtlich Angst, dass jemand kommt, der Ahnung vom Fach hat, und dass vielleicht gewohnte Positionen in Frage gestellt werden."

Im Video: Felßner will nicht mehr Agrarminister werden

Günther Felßner in München
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Günther Felßner in München

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