Was passieren kann, wenn große Schiffe keinen richtigen Satellitenempfang mehr haben, hat der Vorfall Marco Polo im Oktober 2023 gezeigt. Das Passagierschiff befand sich zwischen den schwedischen Häfen Trelleborg und Karlshamn quasi im Blindflug und lief zweimal hintereinander auf Grund, weil das Satellitennavigations-System gestört war. Das Ergebnis: Tausende Liter Schweröl landeten im Meer, eine Katastrophe für die Umwelt (externer Link).
- Zum Artikel: Gefahr für die Luftfahrt: GPS-Spoofing und Jamming
Europa sollte Navigationssystem wappnen
Störungen bei Satelliten-Signalen sind vor allem in der Ostsee keine Seltenheit. Dieses sogenannte GPS-Spoofing wird angeblich insbesondere von Russland (externer Link) seit mehreren Jahren betrieben. Es gibt inzwischen jährlich tausende von Meldungen über GPS-Störungen im Ostseeraum.
Und es ist noch ein weiteres Problem denkbar: Die USA könnten künftig ihr GPS-Netz als Druckmittel einsetzen, um politische Ziele zu erreichen. Deshalb wird in Europa gerade intensiv an einer Alternative geforscht.
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt testet Funk-Navis
Die Lösung für das Problem könnte aus Bayern und Mecklenburg-Vorpommern kommen. Die Niederlassungen des Deutschen Luft- und Raumfahrzentrums (DLR) in Oberpfaffenhofen und Neustrelitz arbeiten an einem terrestrischen Navigationssystem (externer Link).
Das heißt, die Positionsdaten werden nicht mehr über die Luft, sondern über Funkantennen, die am Boden stehen, abgeglichen. Stefan Gewies ist einer der Projektbeauftragten beim DLR. Er erklärt, dass es normalerweise via GPS, oder dem europäischen Satellitensystem Galileo, immer Kontakt zu wenigstens fünf Satelliten gebe. Und bereits mit vier Bezugspunkten lässt sich die Position auf der Erde bestimmen. Mit am Boden aufgestellten Funkantennen würden sogar drei Signale ausreichen, so Gewies. Auf acht solcher Antennen, verteilt über den Ostseeraum, können die Forscher vom DLR bereits zugreifen. Drei weitere werden in Finnland und Estland momentan aufgebaut.
In fünf bis sechs Jahren könnte es losgehen
Der Ostseeraum ist gerade so etwas wie ein Testlabor für die DLR-Wissenschaftler. Neben den Antennen müssen sie auch neue Empfangsgeräte entwickeln, die mit den speziellen Signalen umgehen können. Langfristiges Ziel ist ein Gerät, das alles beherrscht, also GPS, Galileo und terrestrische Navigation.
Bis das neue System auf Schiffen einsetzbar ist, wird es laut Gewies noch fünf oder sechs Jahre dauern. Das Interesse ist groß, was sich auch daran zeigt, dass sich dem deutschen Projekt Partner aus Schweden, Finnland, Estland, Norwegen, Dänemark und Polen angeschlossen haben.
Stören geht künftig nicht mehr so leicht
Es gibt ein paar wesentliche Unterschiede zwischen Satelliten- und Bodenantennen-Navigation. Zum einen sind die Signale beim neuen System kräftiger als die, die aus der Luft auf der Erde ankommen. Zum anderen werden mit dem neuen DLR-System andere Frequenzen genutzt. Das hat zur Folge, dass Navis auf Schiffen nicht mehr so leicht gestört werden können. Einen Störsender solle man künftig nicht mehr wie bisher einfach in der Hosentasche mitnehmen können, sagt Gewies. Möglich ist es nach wie vor, allerdings wird Spoofing eben deutlich aufwändiger und teurer.
Es gibt aber auch einen gravierenden Nachteil: Das neue System ist nicht so genau wie etwa GPS. Beim DLR geht man von wenigstens zehn Metern aus, die das System daneben liegen kann. Das reicht für Schiffe, damit sie nicht auf Grund laufen. Beim Navi im Auto beispielsweise braucht man es aber deutlich genauer.
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