Gerichtlicher Erfolg für Renate Künast: Die Grünen-Abgeordnete streitet mit Facebook um die Daten mehrerer Nutzer. Die Politikerin hatte die Daten angefordert, um gegen diese Nutzer gerichtlich vorgehen zu können. Künast war auf Facebook zum Teil übelst beschimpft worden. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht ihr Recht gegeben und vorherige Entscheidungen Berliner Zivilgerichte aufgehoben.
Zuletzt hatte das Berliner Kammergericht nur 12 von 22 Kommentaren als strafbare Beleidigungen eingestuft und in den anderen Fällen den Auskunftsanspruch verweigert. Dies beruhe auf einem Fehlverständnis und falschen Maßstab, entschieden die Verfassungsrichter. Die zehn Äußerungen müssen nun noch einmal geprüft werden, unter Berücksichtigung der Vorgaben aus Karlsruhe.
Hassposts unter der Gürtellinie
Unbekannte hatten Künast vehement beschimpft und drastische, teils sexistische Posts geschrieben. Der Rechtsstreit hatte in den Jahren 2019 und 2020 bundesweit für Aufsehen und Empörung, weil das Berliner Landgericht die teils obszönen Beschimpfungen zunächst als "haarscharf an der Grenze des von der Antragstellerin noch Hinnehmbaren" eingestuft hatte.
Dabei habe es jedoch die Tragweite des Persönlichkeitsrechts falsch eingeschätzt, erklärte das Bundesverfassungsgericht in seiner jetzigen Entscheidung. Es habe einen fehlerhaften Maßstab angelegt, als es davon ausging, dass eine Beleidigung nur dann vorliege, wenn der Kommentar "lediglich als persönliche Herabsetzung und Schmähung" zu verstehen sei.
Karlsruhe rügt Berliner Kammergericht
Weiterhin rügten die Karslruher Richter das Kammergericht in Berlin: Es habe sich nicht ausreichend mit den einzelnen Fällen auseinandergesetzt. Die Behauptung, Künast müsse den Angriff als Politikerin im öffentlichen Meinungskampf hinnehmen, reiche nicht aus. Die Entscheidungen, die Künast Auskunft über die Daten der verbliebenen zehn Nutzer verwehrten, wurden darum aufgehoben.
Auslöser war ein Facebook-Post zu einer Äußerung Künasts aus dem Jahr 1986 im Berliner Abgeordnetenhaus zum Thema Pädophilie. Unbekannte hatten Künast unter dem Facebook-Post mit einer ganzen Serie übelster, teils sexistischer Beschimpfungen überzogen.
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Würzburger Anwalt vertritt Künast gegen Facebook
Erst im Januar hatte das Frankfurter Landgericht in der Sache Renate Künast gegen Facebook verhandelt. Der Würzburger Medien-Anwalt Chan-jo Jun, der bereits im April letzten Jahres Klage eingereicht hatte, vertritt Renate Künast in dem Prozess gegen das Unternehmen, das sich mittlerweile unter der Dachmarke "Meta" einen neuen Namen gegeben hat. Dabei ging es um die Weiterverbreitung einer erwiesenen Falschbehauptung, die die Social-Media Plattform nicht stoppen wollte. Das Urteil hierzu steht noch aus.
Anwalt begrüßt Urteil des Verfassungsgerichts
Chan-jo Jun begrüßt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. "Das Bundesverfassungsgericht leitet endlich eine Zeitenwende ein", so Jun. In den vergangenen Jahren habe die Justiz "der verbalen Verrohung immer wieder schulterzuckend zugesehen". Jetzt stelle das Gericht klar, dass auch Aussagen wie "die ist geisteskrank" eine strafbare Beleidigung sein könnten. "Der Beschluss liefert ein neues Prüfungsschema für Beleidigungsfälle und eine Einladung für Geschädigte notfalls nach Karlsruhe zu gehen. Das begrüße ich sehr", sagt der Würzburger Anwalt.
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