Um herauszufinden, was Parteien vor der Bundestagswahl auf TikTok posten und wie das den politischen Meinungsbildungsprozess beeinflussen könnte, haben das Weizenbaum Institut und die Universität Zürich ein Datenspendeprojekt gestartet. Nutzerinnen und Nutzer von TikTok können ihre Nutzungsdaten auf einer Forschungsplattform hochladen. Sie unterstützen dabei nicht nur das Forschungsprojekt, sondern erhalten als Dankeschön eine Sofortauswertung ihres eigenen Feeds.
- Die Datenspendeplattform ist unter folgender Adresse erreichbar: dein-feed-deine-wahl.de
Wie funktioniert das?
Möglich macht die Mitmachaktion die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Denn sie gibt allen Nutzerinnen und Nutzern von Online-Plattformen das Recht, die über sie gespeicherten Daten einzusehen. Die Datenauskunft kann ganz einfach über die TikTok-App angefordert und anschließend auf der Plattform des Forschungsprojekts hochgeladen werden - und zwar bis einige Tage nach der Wahl. Die Daten enthalten unter anderem Informationen zur Nutzungshistorie und zeigen, welche Videos auf der "For You"-Seite von TikTok angezeigt wurden, und das in etwa für die vergangenen zwölf Monate. Eine Teilnahme ist ab 18 Jahren möglich.
Als Dankeschön für die Datenspende erhalten Mitmachende eine Sofortauswertung ihres TikTok-Feeds.
Datenjournalisten des Bayerischen Rundfunks und der Stuttgarter Zeitung werten die Daten anschließend zusammen mit dem Weizenbaum Institut und der Universität Zürich aus und veröffentlichen die wichtigsten Erkenntnisse.
Warum sollte man mitmachen?
Durch die Analyse der politischen Posts auf TikTok kann das Forschungsprojekt mehr Transparenz in den Wahlkampf bringen. Insbesondere im Hinblick darauf, welche Parteien und Personen dort mit welchen Inhalten aktiv sind. Die Forscherinnen und Forscher wollen außerdem herausfinden, ob und wie politische Posts auf TikTok die Meinung und Wahlentscheidung der Nutzenden beeinflussen. Bisher ist das schwer zu sagen.
Prof. Jakob Ohme vom Weizenbaum Institut, der das Forschungsprojekt leitet, erklärt das Problem so: "Jeder hat eine absolut einzigartige Art und Weise, sich über Dinge zu informieren. Nicht weil der Mensch das so einzigartig machen möchte, sondern weil Algorithmen und soziale Medien dazu führen. Ich möchte verstehen, warum bestimmte Meinungsbildungsprozesse so ablaufen und wie stark sie durch algorithmische Entscheidungen beeinflusst werden."
Warum TikTok?
TikTok ist längst mehr als nur ein Unterhaltungsmedium, sondern zu einem zentralen, wichtigem Ort für politische Debatten geworden. Besonders junge Wählerinnen und Wähler zwischen 18 und 29 Jahren nutzen TikTok, um sich zu informieren. Studien zufolge sind es über 60 Prozent der Wahlberechtigten bis 30, die sich vor allem über soziale Netzwerke über politische Themen informieren.
Das haben mittlerweile auch die Parteien erkannt. TikTok werde im Vergleich zu den vorherigen Wahlkämpfen viel ernster genommen, sagt Prof. Ohme: "TikTok hat den letzten Schritt hin zu einem ernstzunehmenden Wahlkampfmedium genommen." Auch die etablierteren Parteien würden sich viel Mühe geben, dort präsent zu sein.
TikTok selbst hat ein In-App-Wahlzentrum eingeführt, das Nutzern verlässliche Informationen zur Bundestagswahl 2025 bereitstellen soll. Ziel ist es laut Unternehmen, Desinformation einzudämmen und eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen.
Was passiert mit den Daten?
Die auf der Plattform des Weizenbaum Instituts hochgeladenen Daten werden ausschließlich zu Forschungs- und Recherchezwecken gespeichert und nicht an Dritte weitergegeben. Die Teilnahme ist freiwillig und der BR hat keinen direkten Zugriff auf die Daten. Diese werden dem BR vom Weizenbaum Institut in anonymisierter Form zur Auswertung zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen zum Datenschutz gibt es auf der Datenspendeplattform: dein-feed-deine-wahl.de