Seit 15 Jahren gibt es die Netz-Konferenz re:publica. Von Jahr zu Jahr ist sie größer geworden und die Sprecherinnen und Sprecher prominenter. Viele Bundesministerinnen und -minister waren zu Gast. Bundeskanzlerin Merkel lehnte aber alle Einladungen ab. Ihr Nachfolger Olaf Scholz war nun der erste Regierungschef, der auf der re:publica sprach und die Digitalpolitik der rot-grün-gelben Bundesregierung erläuterte.
Scholz: Putin schottet russischen Informationsraum ab
Im außenpolitischen Teil seiner Rede verwies der Bundeskanzler darauf, dass digitale Technologien immer häufiger als geopolitisches Machtinstrument missbraucht würden, teils für Cyberangriffe, teils für Desinformationskampagnen. In China gebe es eine Zensur und Überwachung des Internets. "Und wir erleben den Versuch der völligen Abschottung des russischen Informationsraums durch Putins Staatsmacht", sagte Scholz.
"Cyberangriffe kann man nicht ernst genug nehmen"
Zum Risiko durch Cyberangriffe aus Russland sagte Scholz: "Man kann das nicht ernst genug nehmen." Die zuständigen Stellen in Deutschland hätten derartige Aktivitäten genau im Blick. Der Kanzler räumte zugleich ein, "dass noch viel zu tun wäre, um noch besser zu werden". Er kündigte an, dass die Bundesregierung mehr Geld für Cybersicherheit ausgeben werde. Bis zur Sommerpause will die Bundesregierung eine neue Cyberstrategie vorlegen.
Deutschland muss beim Glasfaserausbau dringend aufholen
Ein großes Thema nicht nur auf der re:publica ist der Glasfaserausbau in Deutschland. Scholz kündigte “massive Investitionen in den flächendeckenden Ausbau von Glasfaser und Mobilfunknetzen” an, denn hier müsse Deutschland "dringend aufholen".
Der Kanzler will private Telekommunikationsunternehmen stärker in die Pflicht nehmen: "Wir wollen die Sicherung der flächendeckenden Infrastruktur den Unternehmen ernsthaft und in großem Umfang auferlegen." Wo private Firmen öffentliche Infrastrukturen wie das Glasfasernetz betrieben, müssten sie die Verantwortung für die Qualität übernehmen.
Recht auf schnelles Internet - mit 10 Mbit/s
Im Mai hatte das Bundeskabinett beschlossen, dass es in Deutschland ein Recht auf Mindestversorgung mit schnellem Internet geben soll. Als schnell hat die Regierung dabei eine Downloadrate von 10 Mbit pro Sekunde definiert. Das gilt als sehr wenig, die EU definiert schnelles Internet seit 10 Jahren mit mindestens 30 Mbit/s im Download, und selbst das sei "nicht mehr zeitgemäß", wie Bayerns Finanzminister Albert Füracker in einer Pressemitteilung schrieb. Bayern hat deswegen die Anhebung der Mindestgeschwindigkeit von 10 auf 30 Mbit gefordert. Am Freitag stimmt der Bundesrat über die TK-Mindestversorgungsverordnung (TKMV) ab.
Darauf angesprochen, sagte Scholz, man hätte das "Amibitionsnivieau, des einen oder anderen, der jetzt in der Opposition ist, gerne früher entdeckt hätte, als er noch in Regierungsverantwortung war." Unabhängig davon seien die 10 Mbit "ein ganz großer Schritt nach vorne". Man werde keine Unternehmen damit durchkommen lassen, dass er seine Verantwortung zum Netzausbau nicht wahrnehme.
Ausweis digital beantragen - das dauert noch
Zum Abschluss wollte Moderatorin Linda Zervakis von Scholz wissen, wann man denn in Deutschland seinen Personalausweis endlich digital beantragen könne. Hier wich der Kanzler aus, sprach nur davon, dass man dieses Projekt "mit größter Geschwindigkeit vorantreibe". Ein konkretes Datum wollte er sich aber auch auf Nachfrage nicht entlocken lassen.
Nach 30 Minuten war der Kanzlerbesuch auf der re:publica vorbei. Große digitalpolitische Ambitionen hat Scholz nicht erkennen lassen, aber immerhin hat er durch seinen Auftritt demonstriert, dass die Regierung den digitalen Raum als wichtig erachtet.
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