Das Internet hängt an einem seidenen Faden. Oder genauer gesagt, an über 500 davon: so viele Unterseekabel-Glasfaserkabel durchziehen die Weltmeere und transportieren rund 99 Prozent des internationalen Datenverkehrs. Ob Videokonferenzen, Online-Banking oder Streaming – fast alle digitalen Dienste sind auf diese untermeerische Infrastruktur angewiesen. Die hauchdünnen Glasfasern – kaum dicker als ein menschliches Haar, und ummantelt von mehreren Schichten Isolationsmaterial und Metallseilen – bilden das Rückgrat des Internets.
Zwei solcher Kabel in der Ostsee sind gerade beschädigt worden. Verteidigungsminister Boris Pistorius und andere Experten gehen von Sabotage aus – ein chinesisches Schiff, das zum Zeitpunkt der Beschädigungen vor Ort war, wird offenbar gerade durch die dänische Küstenwache in der Ostsee festgehalten.
Ein Kabelbruch macht noch keinen Blackout
Die gute Nachricht: Das globale Internet ist robust gegen den Ausfall einzelner Verbindungen. Die Infrastruktur sei mehrfach redundant ausgelegt, erklärt das finnische Zentrum für Cybersicherheit, das nach der aktuellen Beschädigung des Kabels zwischen Helsinki und Rostock umgehend Entwarnung gab. Fällt eine Verbindung aus, wird der Datenverkehr automatisch über alternative Routen umgeleitet. Nutzer merken davon meist nichts oder erleben höchstens minimal längere Ladezeiten – im aktuellen Fall dürfte es sich lediglich um wenige Millisekunden handeln.
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Wenn ganze Regionen offline gehen
Wie anfällig einzelne Regionen dennoch sein können, zeigte sich Anfang 2024 auf der taiwanesischen Inselgruppe Matsu. Nachdem zwei Unterseekabel mutmaßlich durch chinesische Schiffe durchtrennt wurden, waren die 14.000 Bewohner wochenlang von der Außenwelt weitgehend abgeschnitten. Touristen stornierten ihre Buchungen, Arzttermine konnten nicht online vereinbart werden, selbst das Bezahlen mit Karte wurde zum Problem. Als Notlösung mussten die Inseln auf deutlich langsamere Internetverbindung durch Mikrowellen-Übertragung ausweichen.
Andere Kabelunterbrechungen wurden in der Vergangenheit meist versehentlich verursacht durch Fischereibetrieb - oder aber durch Tiefseebeben. 2006 rissen im Zuge eines Tiefsee-Erdrutsches gleich neun Unterseekabel in der Luzonstraße zwischen den Philippinen und Taiwan. Die Auswirkungen waren in der ganzen Region zu spüren: Bankgeschäfte waren nicht möglich, der Flugverkehr wurde gestört, und selbst der Handel mit der südkoreanischen Währung Won musste zeitweise ausgesetzt werden.
Was die Ostsee-Vorfälle bedeuten
Die Fälle in der Ostsee sind anders gelagert: Sowohl Finnland als auch Schweden verfügen über zahlreiche alternative Datenverbindungen. Allein in Helsinki landen zehn weitere Unterseekabel. Entsprechend gering sind die direkten Auswirkungen auf Internetnutzer. Beunruhigend ist allerdings die Häufung von Vorfällen in der Region – erst im Oktober wurde die Gaspipeline Balticconnector beschädigt, nach Erkenntnissen der finnischen Ermittler höchstwahrscheinlich durch ein chinesisches Containerschiff namens "Newnew Polar Bear".
Wie sich die Infrastruktur schützen lässt
Der Schutz der kilometerlangen Unterseekabel ist eine große Herausforderung. Experten empfehlen, kritische Knotenpunkte besser zu überwachen und mehr redundante Verbindungen zu schaffen. Auch Satelliten könnten künftig eine wichtigere Rolle als Backup spielen – beispielsweise das Starlink-System der Weltraumfirma SpaceX. Die G7-Staaten beschlossen erst im März eine engere Zusammenarbeit beim Schutz der maritimen Infrastruktur. Das Problem: Die schiere Größe der Meere macht eine lückenlose Überwachung praktisch unmöglich.
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