29.11.2023: Vom Kabelverlegeschiff "Pleijel" wird vor der Hafeneinfahrt Sassnitz ein Glasfaserkabel an Land gezogen.
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Durchtrennte Ostsee-Kabel: Pistorius vermutet Sabotage

Durchtrennte Ostsee-Kabel: Pistorius vermutet Sabotage

Verteidigungsminister Pistorius geht im Fall der in der Ostsee beschädigten Kabel von Sabotage aus. "Niemand glaubt, dass diese Kabel aus Versehen durchtrennt worden sind", so der SPD-Politiker. Ähnlich äußerte sich Außenministerin Baerbock.

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Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) geht davon aus, dass Kabel zur Datenübertragung in der Ostsee absichtlich beschädigt wurden. Man müsse davon ausgehen, dass es sich um Sabotage handele, sagte der Minister am Rande eines Treffens mit seinen EU-Amtskolleginnen und -kollegen in Brüssel. Beweise dafür gebe es bislang nicht. Aber er betonte: "Niemand glaubt, dass diese Kabel aus Versehen durchtrennt worden sind." 

Pistorius spricht von "hybrider Aktion"

Pistorius ergänzte: "Von daher müssen wir konstatieren – ohne konkret zu wissen, von wem es kommt – dass es sich um eine hybride Aktion handelt, und wir müssen auch davon ausgehen, ohne es schon zu wissen, versteht sich, dass es sich um Sabotage handelt." Das staatliche finnische Unternehmen Cinia hatte zuvor mitgeteilt, dass ein Defekt an dem Untersee-Datenkabel C-Lion1 zwischen Finnland und Deutschland festgestellt worden sei und die Kommunikationsverbindungen über das Kabel dadurch unterbrochen seien. Das finnische Außenministerium und das Auswärtige Amt in Berlin zeigen sich "zutiefst besorgt". 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte in Berlin: "Wir nehmen diese hohe Bedrohungslage sehr, sehr ernst." Faeser forderte in den Funke-Zeitungen, die kritischen Infrastrukturen "widerstandsfähiger und krisenfester" zu machen. Sie drang darauf, dass das geplante Gesetz zum Schutz kritischer Infrastrukturen ungeachtet des Bruchs der Ampel-Koalition noch in dieser Legislaturperiode beraten und beschlossen wird.

Baerbock: "Können alles nicht einfach nur Zufälle sein"

Auch Baerbock äußerte sich in diesem Zusammenhang – man gehe bei den defekten Kabeln von einem hybriden Angriff aus, so die Ministerin. "Das können alles nicht einfach nur Zufälle sein", sagte sie bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihren Kollegen aus Polen, Frankreich und Italien in Warschau. Gleichzeitig sprach Baerbock von Einschüchterungsversuchen und nannte dabei konkret den Namen von Russlands Präsident Putin.

Kabel verläuft teils über gleiche Route wie Nord-Stream

Ein beschädigtes Kabel, C-Lion1, verläuft auf einer Länge von 1.173 Kilometern von der finnischen Hauptstadt Helsinki bis nach Rostock in Mecklenburg-Vorpommern, teils über dieselbe Route wie die vor zwei Jahren zerstörten Nord-Stream-Pipelines. Das Kabel ist im Frühjahr 2016 in Betrieb genommen worden und das einzige Untersee-Datenkabel, das direkt von Finnland nach Mitteleuropa führt.

Ein Sprecher des schwedischen Kommunikationsunternehmens Telia bestätigte zudem, dass ein Kabel zwischen Schweden und Litauen beschädigt worden sei. Der Defekt an dem Kabel sei am Montag festgestellt worden. Aufgrund der Beschädigung seien die über das Kabel bereitgestellten Dienste unterbrochen.

Schweden leitet Sabotage-Ermittlungen ein

Die schwedischen Behörden ermitteln inzwischen wegen möglicher Sabotage. Derzeit werde der Tatbestand als Sabotage eingestuft, dies könne sich aber noch ändern, teilte die Polizei des skandinavischen Nato-Landes mit.

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 und den durch Sabotage herbeigeführten Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee im darauffolgenden September ist die Lage von kritischer Infrastruktur gerade in der Ostsee in den Fokus der Öffentlichkeit und insbesondere der Nato gerückt.

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Weltweit liegen mehrere Hundert Datenkabel mit einer Gesamtlänge von über einer Million Kilometern auf dem Meeresgrund. Über sie läuft 99 Prozent des weltweiten Internet-Verkehrs. Europa ist über etwa 250 land- und seegestützte Leitungen mit dem Rest der Welt verbunden. Allein in der Ostsee verbinden mehrere Dutzend Unterseekabel Kontinentaleuropa mit Skandinavien und dem Baltikum.

Unterseekabel sind dick ummantelt, um sie gegen physische Schäden zu schützen. Dennoch müssen dem Datenanbieter TeleGeography zufolge jede Woche zwei- bis viermal Teams ausrücken, um Defekte zu beheben. Je nach Meerestiefe und Schwere der Schäden kann eine Reparatur Wochen dauern.

Wegen der Bedeutung des Internets für die Wirtschaft und das öffentliche Leben gelten Datenkabel inzwischen als kritische Infrastruktur, die besonders geschützt werden muss. Dabei führt die Störung einzelner Kabel nicht gleich zu einem Komplettausfall der Verbindungen: Das Internet ist dezentral aufgebaut und darauf ausgelegt, dass sich Daten eine Ausweichroute suchen - die allerdings die Zugriffszeiten verlängern kann.

Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP

Im Video: Die Sabotage der NordStream-Pipelines

Selenskyj vor der gesprengten Nord Stream Pipeline
Bildrechte: Flagge Ukraine:colourbox
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Nord Stream Sprengung, was wusste Selenskyj

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