Die Technische Universität München hat einen Bewerber abgelehnt – wegen KI
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Zu gut, um menschlich zu sein? TUM lehnt Bewerber wegen KI ab

Zu gut, um menschlich zu sein? TUM lehnt Bewerber wegen KI ab

Ein Mann, der sich für einen Masterstudiengang an der Technischen Universität München beworben hatte, wurde wegen der Nutzung von ChatGPT beim Bewerbungsessay abgelehnt. Ein Gericht hat das nun bestätigt. Doch ist ein solches Vorgehen noch zeitgemäß?

Eine abgelehnte Bewerbung an der Technischen Universität München (TUM) sorgt für Diskussionen: Ein junger Mann hatte sich auf einen Masterstudiengang an der TUM beworben und als Teil der Bewerbung ein Essay eingereicht.

Nach Ansicht der Prüfer war das Essay aber mithilfe einer künstlichen Intelligenz wie ChatGPT erstellt worden – und der Einsatz von KI war bei der Bewerbung nicht erlaubt. Der Bewerber klagte gegen die Entscheidung, und verlor. Das Bayerische Verwaltungsgericht entschied nun: Die Ablehnung war rechtens.

Ein nichtmenschliches Essay?

Programme wie ChatGPT können Texte erstellen, die Texten von Menschen täuschend ähnlich sind. Aktuell gibt es keine technische Möglichkeit, einen Text eindeutig als menschen- oder maschinengemacht zu identifizieren. Es bleibt nur der menschliche Blick.

Wie also konnte das Essay abgelehnt werden? Das wurde vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht diskutiert – und das Gericht gab der TUM dabei recht. Die Beschaffenheit des Texts sei nur durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz erklärbar, so das Gericht. Der Bewerber habe keine plausible Erklärung vorlegen können, wie sein Text ohne KI hätte zustande kommen können.

Schreibt so nur eine KI wie ChatGPT?

Die Prüfer der TUM hatten verschiedene Gründe vorgebracht, die den Text als teilweise KI-generiert auswiesen. Das Essay habe Merkmale, "die für durch künstliche Intelligenz erstellte Texte typisch sind", so das Gericht. Dazu gehöre etwa die "Kürze und Inhaltsdichte" des Texts – das Essay unterscheide sich stark von den Texten nahezu aller anderen Bewerber, es sei deutlich dichter und weniger verschachtelt geschrieben als für Texte dieser Art üblich. Außerdem sei der Text in perfektem Englisch ohne Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler verfasst, "was nicht den bisherigen Erfahrungen der Prüfer" entspreche.

Ein weiterer kritischer Punkt: Der Bewerber hatte sich ein Jahr zuvor schon einmal an der TUM beworben – damals sei sein Schreibstil noch ein gänzlich anderer gewesen: Der Wortschatz war einfacher und es habe einige Wiederholungen gegeben – alles Merkmale, die dem aktuellen Essay fehlten.

Zu gut, um menschlich zu sein?

Die TUM begrüßt nun die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. "Das Urteil zeigt, dass unser Umgang mit Betrugsversuchen rechtssicher ist", erklärte ein Sprecher der Universität gegenüber BR24. "Wir freuen uns, dass das Gericht dies in diesem konkreten Fall bestätigt hat und unserer stichhaltigen Argumentation gefolgt ist."

Der Bewerber zeigte vor Gericht kein Verständnis für die Entscheidung der Universität. Im Wesentlichen werde ihm vorgeworfen, dass das Essay "zu gut gelungen" sei, so sagte er. Zudem habe er in seinem Essay auf Quellen verwiesen, die eine KI-Software wie ChatGPT nicht zur Verfügung stellen könnte.

Das Gericht wies das zurück. Der Bewerber sei auf die Auffälligkeiten, die für die Ablehnung durch den Prüfer verantwortlich waren, nicht eingegangen. Der Prüfer, ein Professor der TUM, habe zudem die Unterschiede zu anderen Arbeiten korrekt benannt und besitze die hierfür nötige Sachkunde.

Diskussion um das Urteil

Der Fall sorgt für Diskussionen – auch weil nicht alle die Entscheidung der TUM nachvollziehen können. "Dass eine Bewerbung nach Ansicht der Universität gegen die wissenschaftliche Sorgfalt verstößt, weil sie 'zu gut' ist, halte ich als Begründung für hochproblematisch", meint etwa Professor Bernd Wallraff, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der CBS International Business School, im Gespräch mit BR24. "Heißt das also, wenn der Student eine nicht so gute Arbeit abgegeben hätte – also Fehler einbaut – dann ist das in Ordnung?"

Wallraff plädiert dafür, den Einsatz von KI nicht zu verbieten, sondern bewusst damit umzugehen: "Es ist unsere Aufgabe als Hochschullehrende, die Studierenden bestmöglich auf ihre Zukunft und den Arbeitsmarkt von morgen vorzubereiten. Und in diesem Arbeitsmarkt wird KI eine entscheidende Rolle spielen."

Wissenschaft verändert sich

Der Höhenflug der künstlichen Intelligenz ist in vielen Universitäten ein Thema – und nicht überall wird darauf mit Ablehnung reagiert. Im Dezember hatte etwa die Fakultät für Betriebswirtschaft der Wirtschaftsuniversität in Prag angekündigt, für neue Studenten werde es in Zukunft keine klassische Bachelorarbeit mehr geben. Stattdessen solle es ein neues, zeitgemäßes System geben, so der Dekan.

Wallraff wünscht sich deshalb ein Umdenken in der akademischen Welt: "Dieses Urteil bestärkt diejenigen, die denken, sie könnten an den Hochschulen von heute so weitermachen wie an den Hochschulen von gestern." Klassische Prüfungsformen wie Haus-, Bachelor- und Masterarbeiten sollten zudem grundlegend überarbeitet und an das Zeitalter der KI angepasst werden.

Künstliche Intelligenz wird stetig besser, und KI-geschriebene Texte immer schwerer erkennbar. Früher oder später könnten also alle Universitäten vor eine Entscheidung gestellt werden: Entweder man erlaubt den Einsatz von KI oder man findet neue Prüfungsmethoden, bei denen auch die beste KI nicht weiterhilft.

Dieser Artikel ist erstmals am 7. März 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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