Für viele Athletinnen und Athleten läuft die Olympia-Qualifikation noch auf Hochtouren - wie beispielsweise bei den Kanutinnen Elena Lilik oder Ricarda Funk oder auch bei der Dressur-Doppel-Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl, die als Weltranglistenerste aber auf einem guten Weg ist. Sie zählt dann ohnehin wieder zu den Medaillenkandidatinnen.
Andere haben gerade erst ihr Ticket für Paris gebucht, wie die Münchner Surfer Camilla Kemp und Tim Elter oder die Fußball-Nationalmannschaft um Kapitänin Giulia Gwinn. Und wieder andere, wie der Ruder-Weltmeister Oliver Zeidler, sind schon längst qualifiziert und können ihren Fokus komplett auf die Vorbereitung bis zu den Titelkämpfen im August legen.
BR24Sport stellt ein paar wichtige bayerischen Namen in der natürlich unvollständigen Liste vor, die es bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris zu beobachten gilt.
Oliver Zeidler - Ende einer Sehnsucht?
Die Erfolgs- und Leidensgeschichte von Oliver Zeidler dürfte dem erfahrenen Olympia-Fan hinlänglich bekannt sein: Aufgewachsen in einer wahren Ruder-Dynastie (Großvater und Tante gewannen Gold bei Olympia; Vater, Onkel und Schwester waren bzw. sind ebenfalls erfolgreich) entschied sich Zeidler zunächst für das Schwimmen, wo er unter anderem Deutscher Meister wurde. Erst 2016, mit 20 Jahren, wechselte er aus dem Wasser ins Ruder-Boot und düpierte prompt die Konkurrenz mit seinem herausragenden Talent. Schon 2019 wurde der gebürtige Dachauer Weltmeister im Einer.
Dieses Kunststück war keine Ausnahme, 2022 und 2023 wiederholte der 27-Jährige seinen WM-Erfolg, dazu wurde er zweimal Europameister. Nur ein dunkler Fleck liegt auf der sonst so glanzvollen Karriere: Olympia. 2021 war der Blondschopf in Tokio als Top-Kandidat auf die Goldmedaille angetreten, doch da scheiterte er am Wind und krachend im Halbfinale.
Seine gesamte Vorbereitung richtet sich in diesem Jahr deshalb auf den 27. Juli aus, wenn um 9 Uhr morgens das Startsignal im Einer-Vorlauf fällt. Im Vairs-sur-Marne Nautical Stadium, will Zeidler alles daran setzen, das Trauma von Tokio zu überwinden und das letzte fehlende Puzzlestück in seine Ausnahme-Karriere zu setzen.
Camilla Kemp & Tim Elter - Die Surf-Sensation im Blick
Ganz anders, weil deutlich unbelasteter, gehen die beiden Surfer Camilla Kemp und Tim Elter, die beide in Portugal, aber auch am Olympiastützpunkt München trainieren, ins Abenteuer Olympia. Alleine ihre Qualifikation ist eine Riesen-Überraschung für die kleine Surf-Nation Deutschland.
Die 28-jährige Kemp schrieb durch ihre Qualifikation direkt Geschichte, sie wird die erste deutsche Surferin bei Olympia sein. Elter (20 Jahre) gilt als großes Talent und kam eigentlich noch gar nicht für Paris in Frage. Doch aufgrund einer Verletzung im deutschen Kader nahm er doch noch bei den World Surfing Games in Puerto Rico teil und qualifizierte sich aus dem Nichts für Paris - beziehungsweise für Tahiti.
Auf der Insel im Südpazifik, über 15.000 Kilometer entfernt vom eigentlichen Olympia-Trubel, erwarten Kemp, Elter und Co. nicht nur wunderschöne tropische Landschaften, sondern auch eine der gefährlichsten Surf-Wellen der Welt. Der Respekt aller Surfer ist groß, Kemp und Elter reisten erst Anfang April genau dort hin, um sich mit der Olympia-Welle vertraut zu machen. Trotz ihres Underdog-Status hoffen beide, die Olympia-Sensation mit einer Medaille perfekt zu machen.
Gina Lückenkemper - Alles fürs 100-Meter-Finale
Sie ist DAS Aushängeschild in der deutschen Leichtathletik - obwohl sie wohl auch in Paris nicht um eine Medaille laufen wird. Dennoch fährt Gina Lückenkemper, die Doppel-Europameisterin von München 2022 - alles andere als ambitionslos zu ihren dritten Olympischen Spielen. Das große Ziel, für das die Wahl-Bambergerin 2019 extra in die Trainingsgruppe von Lance Brauman in Florida gewechselt ist: das olympische Sprint-Finale am 3. August im Stade de France.
Laut Brauman sei es noch nie so schwer gewesen, sich genau dafür zu qualifizieren. Die Konkurrenz ist stark, deshalb geht es nun darum, die Kräfte richtig zu bündeln: Vergangenes Jahr startete Lückenkemper von Januar bis zur WM in Budapest im August jeden Monat bei einem Rennen und schied bei der WM dann im Halbfinale aus. Deshalb setzt die 27-Jährige nun bewusst auf weniger Events und mehr Zeit in den USA bei ihren prominenten Trainingspartnern wie US-Superstar Noah Lyles.
DFB-Frauen: Neue FC-Bayern-Achse als Trumpf
Die Qualifikation war ein Kraftakt, der die Frauen-Nationalmannschaft erst auf der letzten Rille doch noch nach Paris führte. Platz drei in der Nations League sicherte das Ticket nach Paris für die DFB-Elf, die rund um die geräuschvolle Trennung von Bundestrainer Martina Voss-Tecklenburg mit Leistungsschwankungen zu kämpfen hatte. Interimstrainer Horst Hrubesch brachte Mut und Zuversicht zurück ins deutsche Team, das in Paris eventuell sogar von Giulia Gwinn angeführt werden könnte.
- Zum Artikel: Bayern-Stars schießen Deutschland zu Olympia
Die Rechtsverteidigerin vom FC Bayern München, die sich nach gleich zwei Kreuzbandrissen im September 2020 und Oktober 2022 erfolgreich zurückgekämpft hat, war schon länger eine tragende Säule im DFB-Team. Bei den EM-Qualifikationsspielen gegen Österreich und Island wurde sie in Abwesenheit der verletzten Alexandra Popp zur Kapitänin ernannt. Mit Klara Bühl und Lea Schüller sind zwei weitere Bayern-Spielerinnen feste Stützen der Mannschaft, dazu wechselt Mittelfeld-Abräumerin Lena Oberdorf im Sommer ebenfalls nach München. Mit der bayerischen Achse will Coach Hrubesch, der sein Amt nach Olympia an den fränkischen U17-Weltmeister-Trainer Christian Wück abgibt, ins Finale einziehen - und im besten Fall seine lange Trainer-Karriere mit dem Olympia-Triumph vergolden.
Die DFB-Frauen stehen in dem Fall nur für eine Fülle an Mannschaften, die es dieses Mal zu Olympia geschafft haben. Auch im Hockey, Basketball, Tischtennis oder Volleyball (bislang nur Männer) nehmen die Mannschaften teil.
Leonie Beck - Gelingt die Revanche für Tokio?
Nach ziemlich genau zwei Stunden im Freiwasser der Tokioter Bucht fehlten Leonie Beck 4,3 Sekunden auf Gold und 2,6 Sekunden auf Bronze. In einem Herzschlagfinale über zehn Kilometer zog die Würzburgerin als Fünfte am Ende den Kürzeren. Direkt im Anschluss überwog bei ihr der Stolz über ihre starke Leistung, doch gleichwohl schob sie nach: "Ich hatte mir ein bisschen mehr erhofft."
Ein bisschen mehr soll es nun in Paris sein. Seit Tokio 2021 gewann die 26-Jährige drei WM-Titel, einen davon im vergangenen Jahr über die zehn Kilometer-Distanz. Dazu zeigte sie auch im Weltcup konstant gute Leistungen und gewann im vergangenen Jahr den Gesamt-Weltcup. Im März war sie beim Auftakt Freiwasser-Saison in Ägypten ebenfalls nicht zu schlagen. Nun gilt es, die Form bis zu Olympia zu konservieren, um sich den Traum von Edelmetall erfüllen zu können.
Lorena Brandl - Mit Anlauf doch noch zu Olympia
Immerhin Außenseiter-Chancen dürfte sich auch Taekwondo-Kämpferin Lorena Brandl ausrechnen. In Deutschland gibt es seit sieben Jahren kaum eine bessere Athletin in ihrer Gewichtsklasse. Neun deutsche Meisterschaften stehen für die Oberbayerin von Tiger and Dragon Altmannstein/Mindelstetten zu Buche.
Auch international schaffte die 26-Jährige, derzeit Rang vier in der Weltrangliste, bereits viele Male aufs Siegerpodest: Bei der WM stehen zweimal Bronze zu Buche, bei Europameisterschaft jeweils eine Medaille in jeder Farbe. In Paris ist Brandl die einzige deutsche Taekwondoka, ihr entscheidender Wettkampf findet am 10. August im Grand Palais in Paris statt.
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