Seit 16 Jahren begeistern die Angels Nördlingen in der Basketball-Bundesliga. Und auch in dieser Saison hätte es fast nicht besser laufen können: sicheres Erreichen der Play-offs, mit dem Abstieg nichts zu tun, sogar im Top4-Turnier waren die Nördlingerinnen zum ersten Mal seit vier Jahren vertreten – sportlich gesehen: ein Höhenflug.
Doch abseits des Parketts blicken Verantwortliche, wie der Sportvorstand der Angels Martin Fürleger, besorgt in die Zukunft. Denn nach dieser Saison könnte Schluss sein mit den Angels. Es besteht akute Absturzgefahr. "Wir spielen eine der besten Saisons, die wir in Nördlingen je gesehen haben. Und dennoch sprechen wir irgendwie auch über eine Plausibilität, ob's vorbei sein kann als einzige Mannschaft in Bayern", so Fürleger.
Weiterentwicklung und Professionalisierung
No more Angels? Seit Wochen grübeln Fürleger und der ehemalige sportliche Leiter Kurt Witmann über die Zukunft des Frauenbasketballs in Nördlingen. Auslöser sind die Beschlüsse zur Weiterentwicklung und Professionalisierung der ersten Damen-Basketball-Bundesliga (DBBL).
Seit Ende letzten Jahres gilt: Es muss unter anderem eine hauptamtliche Stelle in der Geschäftsstelle besetzt und ein einheitliches Equipment für Spiel- und Wurf-Uhr gestellt werden. Und ab der kommenden Saison liegt der Fokus auf der deutschen Nachwuchsarbeit: Neben einem hauptamtlichen Jugendtrainer soll auch die Anzahl der deutschen Spielerinnen im Team kontinuierlich steigen. Zudem werden in Zukunft die Rahmenbedingungen optimiert: Mit LED-Banden und einem reinen Spielboden will die Liga die Attraktivität für Fernsehübertragungen steigern. Hinzu kommt eine Mindestgröße der Spielhallen.
Liga soll bis zur Heim-WM 2026 attraktiver werden
Die Liga soll – auch mit Blick auf die Heim-WM 2026 – besser, attraktiver und sichtbarer werden. Dieses Wunschdenken trifft bei Traditionsvereinen mit viel ehrenamtlichen Engagement auf harte Realität. In Nördlingen fehlt es zuallererst am Budget, um hauptamtliche Stellen und die Lizenzkosten stemmen zu können. "Wir müssen bis 20. April zusagen oder unterschriebene Verträge in Höhe von 75.000 € haben, um einen seriösen Lizenzantrag stellen zu können", erklärt Fürleger, der seit sieben Jahren bei den Angels Nördlingen aktiv ist. Ansonsten müsse man sich Gedanken darüber machen, ob und wie es mit den Angels weitergehen kann.
Etat müsste deutlich ansteigen
Dabei erfüllen die Angels bereits viele der geforderten Standards wie die LED-Bande, Headcoach mit A-Lizenz oder die vorgegebene Hallenkapazität. Doch der Etat im beschaulichen Nördlingen liegt bei rund 300.000 Euro, einer der kleinsten im Ligavergleich: Nun soll er innerhalb weniger Wochen um rund ein Drittel ansteigen – ein sportliches Vorhaben.
Andere Standorte, andere Herausforderungen: Auch weitere Bundesligisten kämpfen mit den neuen Anforderungen, wie sie BR24Sport schriftlich mitteilen. In Osnabrück gibt es zwar eine professionelle Struktur im Nachwuchsbereich, dafür keine Halle mit der geforderten Zuschauerkapazität.
"Es gibt in Osnabrück generell keine Halle, die mehr als 900 Zuschauer zulässt und dabei die sportlichen Rahmenbedingungen speziell für den Profibereich abdeckt. Wir versuchen alles, um auch in Zukunft 1. Bundesliga spielen zu können, aber es ist auch klar, dass die Stadt Osnabrück das auch wollen muss." Sascha Bartsch, Geschäftsführung Osnabrücker Sportclub e.V.
Die Vereine suchen Unterstützer
Auch die Angels suchen Hilfe bei Kommune und Politik: Ein Treffen mit dem Oberbürgermeister und dem Landrat steht bevor. Ob die Zeit für eine Reaktion reicht? Unwahrscheinlich. Nördlingen oder Osnabrück fühlen sich im Stich gelassen, denn die Liga kann finanziell keine Unterstützung leisten. Professionalisierung ohne Rücksicht auf Verluste? "Das ist schwierig", sagt Philipp Reuner, Geschäftsführer der Damen-Basketball-Bundesliga. Man habe von Anfang an betont, "dass wir jeden Bundesligisten mitnehmen möchten und im Austausch bleiben, wie kann man das vielleicht an der einen oder anderen Stelle dann umsetzen".
Weiterentwicklung: Zu welchem Preis? Es scheint sich eine Tendenz wie beim Frauen-Fußball anzubahnen: die Zusammensetzung der Liga als Abbild der Männer. Denn große Vereine wie Alba Berlin dürften weniger Probleme mit den neuen Standards haben. Andere müssten früher oder später weichen. Auch wenn es schwer zu glauben ist, für den Fortschritt, würden Vereine wie Freiburg sogar freiwillig absteigen.
"Dann müssen auch persönliche Befindlichkeiten und Eitelkeiten mal hintenanstehen. Wenn wir uns in zehn Jahren treffen: Nördlingen, Freiburg und Marburg sind verschwunden und dafür gibt's Bayern, Alba Berlin und Ludwigsburg. Dann können wir uns die Hände reichen und sagen: Haben wir gut in die Wege geleitet." Harald Janson, sportlicher Leiter Eisvögel USC Freiburg
Nischensport trotz Erfolg
"Wenn man sich den Standort Nördlingen anschaut, ist die 2. Liga prinzipiell keine Option", sagt Fürleger. Und ergänzt: "Aufgrund Regularien, fehlender Universität, fehlender Menge an Spielerinnen im erwachsenen Alter, wo ich dann mit zwei ausländischen Profis einfach verstärke. Das wird in Nördlingen nicht funktionieren!"
Die Angels sind wie so oft finanziell auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Trotz aller Erfolge ist der Frauenbasketball in Schwaben ein Nischensport, überregionales Marketing schwierig. Welche weiteren Aktionen zum Überleben notwendig sind? Bislang nicht absehbar. Aber: Es kann nur gemeinsam gehen. "Wenn man will, dass der Frauensport weitergeht, dass die Angels weitergehen, dass hier Projekte im Jugendbereich, im Inklusionsbereich weitergehen, dann brauchen wir einfach die Unterstützung von außen. Ohne wird es nicht gehen."
Sind die Wünsche der Liga zu groß?
Der Verein will jetzt noch mehr sparen. "Jetzt nehmen wir den Euro und drehen ihn dreimal um", so Fürleger, bevor man dann entscheide, ob man etwas macht oder nicht.
Geringerer Etat, schlechtere Mannschaft, weniger Attraktivität: Die Realität ist knallhart. Die Wünsche der Liga sind zu groß, die Umsetzung kommt zu schnell. No Angels? Nach 16 Jahren Bundesliga könnte die Zeit auslaufen.
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