08.08.2024, Frankreich, Paris: Olympia, Paris 2024, Schwimmen, Freiwasser, Frauen, 10km, Leonie Beck aus Deutschland schwimmt in der Seine. Foto: Vadim Ghirda/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Paris 2024 - Freiwasserschwimmen

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"Ich bin ein Lauch": Leonie Becks Sprung in die Brühe

Leonie Beck trat als Medaillenhoffnung im Freiwasserschwimmen an - und reist genervt ab. Schon im Vorfeld hatte die Würzburgerin die Bedingungen in der Seine kritisiert. Und auch im Nachhinein kann sie dem Rennen im Fluss nichts Positives abgewinnen.

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In der braunen Brühe der Pariser Seine schwamm Leonie Beck einer Medaille am Donnerstag deutlich hinterher. Nach dem enttäuschenden Rennen kippte die Würzburgerin erst mal mehrere Schlucke Cola runter - "zum Desinfizieren", wie die Doppel-Europameisterin sagte. "Ich hoffe, dass wir nichts davontragen. Das wäre dann noch das Highlight. Ich denke, ich werde noch ein paar Liter davon trinken."

Schon vor den Spielen zeigte sich Beck genervt von den Diskussionen um die Austragungen der Wettkämpfe in der Seine, nannte sie "unzumutbar", blieb dem einzigen Training fern, aus Angst vor einer möglichen Infektion. An ihrer Meinung über die Entscheidung, den Wettbewerb in der Seine stattfinden zu lassen, dürfte sich nichts geändert haben.

Platz neun trotz Aufholjagd

Für Leonie Beck endete der Sprung in das braune Wasser der Seine ohne Medaille. Die Würzburgerin, Fünfte vor drei Jahren in Tokio, lag nach der ersten der sechs Runden schon 50 Sekunden zurück, holte dann aber auf. In der vierten Runde allerdings fiel Beck entscheidend zurück.

Die Würzburgerin schlug nach zehn Kilometern im Pariser Stadtfluss in 2:06:13,4 Stunden als Neunte an. "Ich warte seit einem Jahr auf dieses Rennen, habe natürlich von einer Medaille geträumt", sagte die 27-Jährige nach dem Rennen, "ich bin natürlich auch enttäuscht. Aber für mich war es unmöglich, hier irgendwas rauszufischen."

Beck kritisierte vor allem die viel zu starke Strömung: "Für mich war es eine andere Sportart, für mich hat es mit einem durchschnittlichen Freiwasserrennen nichts zu tun."

Beck kritisiert Strömung

Das Rennen sei wie "zwei Stunden am Zugseil gewesen, zwei Stunden Krafttraining", klagte Beck, die die Freiwasserszene in den letzten beiden Jahren mit je dreimal Gold bei Welt- und Europameisterschaften sowie dem Weltcupgesamtsieg dominiert hatte. "Es hilft, wenn man muskulös ist, aber schaut mich an, ich bin Lachs" - um sich zu verbessern: "Ich bin ein Lauch."

Mit den extremen Bedingungen bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 0,8 Metern pro Sekunde kam Beck überhaupt nicht klar. Flussabwärts brauchten die Schwimmerinnen nur sechs Minuten, "bergauf" aber mehr als doppelt so lange. "Wenn vielleicht doch mal die Athleten nach vorne gestellt werden, sollte man verstehen, dass das nicht das optimale Rennen ist", sagte sie, "es gibt ja auch sonst kein Rennen im Fluss."

Taktische Fehler von Beck?

Bundestrainer Bernd Berkhahn, selbst ein Kritiker der Veranstaltung, widersprach Beck allerdings. "Wenn man das physikalisch betrachtet, ist der Kraftaufwand auf dieser Strecke nicht größer als auf jeder anderen Strecke", sagte der einflussreichste Schwimmcoach Deutschlands: "Man muss nicht mehr Kraft aufwenden, man ist einfach nur langsamer. Damit muss man sich mental abfinden. Das ist ein Problem, wenn man das nicht so realisiert." Bei Beck diagnostizierte er in den entscheidenden Phasen des Rennens taktische Fehler.

Noch mehr mit der Seine zu kämpfen als Beck hatte Leonie Märtens. Die Olympiadebütantin, die mit über zwölf Minuten Rückstand 22. wurde, gab zu, "sehr, sehr viel" Wasser geschluckt zu haben, "mir war auch zwischendurch ordentlich schlecht. Ich habe immer wieder mein Frühstück gespürt, das hochkam."

Wasserqualität der Seine wird zum Sport-Politikum

Tage bevor die Spiele in Paris starteten, sagte Leonie Beck noch: "Wir versuchen uns natürlich nicht verrückt zu machen und sagen wir gehen jetzt davon aus, dass das Rennen am 8. August stattfindet. Andererseits denkt man sich halt, das sind keine Bezirksmeisterschaften, das sind Olympische Spiele! Man möchte wissen, wann man startet, wo man startet. Das heißt, organisatorisch ist es halt sehr, sehr schwierig und auch ein bisschen unzumutbar, uns, den Athleten, gegenüber."

Die Diskussion um die Wasserqualität in der Seine begleitet die Freiwasserschwimm-Athleten und Triathleten seit Wochen. Schon bevor die Olympischen Spiele starteten, wurde das Thema zum (Sport-)Politikum.

Die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, sprang medienwirksam ins Wasser, um zu zeigen: Das Wasser ist rein. So einfach war es letzten Endes aber doch nicht. Die Triathlon-Trainings abgesagt, das Rennen der Männer verschoben, die Wasserwerte zu schlecht - und das trotz Milliardeninvestitionen, um den Fluss olympiabereit zu machen. Beck wird diesen Fluss sicherlich nicht in guter Erinnerung behalten.

Leonie Beck
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