Philipp Nawrath beim Weltcup in Östersund
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Philipp Nawrath in Gelb: Die Leistungsexplosion hat Gründe

Philipp Nawrath in Gelb: Die Leistungsexplosion hat Gründe

Philipp Nawrath begeistert die deutschen Biathlon-Fans und versetzt die Konkurrenz ins Staunen. Völlig aus dem Nichts kommt sein Erfolg jedoch nicht. Entscheidend war ausgerechnet ein schwerer Rückschlag im Sommer.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Philipp Nawrath ist in aller Munde - mit 30 Jahren ist der Biathlet aus Füssen plötzlich in der Weltspitze angekommen. Sein sensationeller Sprint-Sieg und sein zweiter Platz in der Verfolgung beim Auftakt in Östersund ließen die Stars der Szene, vor allem Johannes Thingnes Bö, verdutzt zurück. Nawrath ist seit 2017 im Weltcup dabei, ein Einzel-Podest gelang ihm bis zum letzten Samstag noch nie. Nun trägt er das Gelbe Trikot. Woher kommt dieser schlagartige Erfolg?

Für die Beantwortung dieser Frage ist ein Blick in die Vergangenheit nötig: Im Mai 2023 zog sich Nawrath beim Fußballspielen einen Mittelfußbruch und einen Bänderriss zu. Der schwere Rückschlag zwang den ausgebildeten Polizisten für mehrere Wochen an die Krücken, sein Training musste Nawrath komplett auf die Kräftigung seines Oberkörpers umstellen. Vor allem am sogenannten "Ski-Trainer", einer Armzugmaschine, konnte er trotz geschientem Fuß den Stockeinsatz auf Skiern simulieren.

Nawrath trotzt Wachs-Verbot mit starken Armen

So wurde aus der Not eine Tugend - und in Verbindung mit einer gravierenden Regeländerung ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Seit diesem Winter ist der Einsatz von Fluorwachs verboten, was die Ski deutlich schlechter durch den Schnee gleiten lässt. Es ist deutlich mehr Kraft aus dem Oberkörper nötig, was Nawrath zugute kam und Dominator Bö zur Verzweiflung brachte. "Ich bin einfach zu schwach. Ich muss mehr Muskeln aufbauen", erklärte Bö beim norwegischen TV-Sender NRK nach einem enttäuschenden 18. Platz im Sprint.

Nawrath, der schon im März 2023 im Einzel von Östersund in Abwesenheit von Bö der Schnellste auf der Strecke war, scheint von der Reform zu profitieren. Schon in der Mixed- und Männer-Staffel lief Nawrath locker mit Johannes Thingnes Bö und dessen Bruder Tarei mit. Nachdem ihm seine vier Schießfehler ein starkes Einzel-Resultat verhagelten, lief er am Samstag im Schatten des Gesamtweltcup-Führenden Roman Rees im Sprint auf Platz eins und knüpfte seinem Teamkollegen das Gelbe Trikot ab.

Olympiasieger Greis warnt Nawrath vor Perfektionismus

Für Olympiasieger Michael Greis war der sensationelle Auftritt von Nawrath alles andere als eine Überraschung: Vielmehr sei es "eher die Bestätigung was möglich ist, wenn Philipp ein perfektes Rennen abliefert." Greis muss es wissen: Er ist wie Nawrath in Füssen geboren, beide reiften beim SK Nesselwang zu Spitzen-Biathleten. Nawrath sucht immer wieder die Nähe zu seinem Vorbild und dessen Rat. Greis war 2007 der letzte Deutsche, der den Gesamtweltcup gewinnen konnte.

"Für die restliche Saison bin ich sehr positiv gestimmt, obwohl wir wissen, dass die Norweger um Johannes Thingnes Bö das Maß aller Dinge sind", sagte Greis: "Ich bin zuversichtlich, dass er den Norwegern noch öfter das Podium streitig machen kann." Sein Wegbegleiter warnt Nawrath jedoch auch: "Ich vermute, dass er jetzt mit dem Gelben Trikot alles perfekt machen will - und das ist im Biathlon schwierig."

Nawrath will Gelb im "zweiten Wohnzimmer" behalten

Hilfreich für ein perfektes Rennen sind die passenden Ski - und die scheinen die Deutschen zu haben. Das Wachs-Team hat aus den ernüchternden Testrennen in Norwegen offenbar die richtigen Schlüsse gezogen. Während die meisten Nationen mit dem Fluor-Verbot hadern, wurde das deutsche Service-Team mit Lob überhäuft. Der Starnberger David Zobel freute sich über "überragende Ski", Nawrath sprach von "bombastischem" Material: "Es war cool, wie wir auf der Runde agieren konnten."

Als Nummer eins des Weltcups will sich Nawrath auch am kommenden Wochenende in seinem "zweiten Wohnzimmer" nicht verstecken. "Nach der langen Zeit in Skandinavien freue ich mich wieder brutal auf die Alpen und auf Zuhause. Hochfilzen ist für mich eigentlich die Nachbar-Biathlonanlage." Im Sprint am Freitag (ab 11.30 Uhr) will Nawrath sein Gelbes Trikot nicht nur stolz präsentieren, sondern auch erfolgreich verteidigen: "Ich möchte da weitermachen, wo ich in Östersund aufgehört habe."

Video: Nawrath verteidigt Gelb erfolgreich in der Verfolgung

Philipp Nawrath im Verfolger im Gelben Trikot unterwegs
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Biathlon-Weltcup in Schweden

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