Bahnreisende und Pendler trifft es in der Vorweihnachtszeit hart – sie müssen sich erneut auf Zugausfälle und Verspätungen einstellen. Die Lokführergewerkschaft GDL hat einen bundesweiten Streik ab Donnerstagabend angekündigt.
Der Ausstand soll um 18 Uhr bei der DB Cargo beginnen, also zunächst den Güterverkehr betreffen, wie die GDL mitteilte. Ab 22 Uhr ist dann das Personal im Fern- und Regionalverkehr zum Streik aufgerufen.
Bahn erwartet massive Einschränkungen
Der Ausstand ist bis Freitagabend, 22 Uhr angesetzt – und soll damit auch den Wochenendverkehr treffen. Bahnreisende haben speziell in Bayern erst in den vergangenen Tagen unter dem Winterchaos nach den Schneefällen gelitten.
Die Deutsche Bahn geht von "massiven Auswirkungen des GDL-Streiks auf den Bahnbetrieb aus", wie es in einer Erklärung hieß. Sie will aber jeden fünften Fernzug fahren lassen. Ein Bahnsprecher sagte, das sei das Ziel. In Bayern, besonders im Raum München, werde es allerdings kaum zu erreichen sein, denn auch fünf Tage nach dem Wintereinbruch funktionieren viele Verbindungen noch nicht.
Keine Streiks bei einigen regionalen Zug-Anbietern
Nicht zum Streik aufgerufen sind die Beschäftigten von Go-Ahead sowie die der Länderbahn, die die Züge Alex, Oberpfalzbahn und Waldbahn betreibt. Letztere fährt aufgrund schleppender Schnee-Aufräumarbeiten allerdings sowieso bislang kaum. Auch die Bayerische Regiobahn (BRB) wird voraussichtlich nicht betroffen sein. Laut einem Sprecher sind zwar GDL-Mitglieder der Transdev-Betriebe, zu denen die BRB gehört, zum Streik aufgerufen. Doch es seien zahlenmäßig nur wenige. Mögliche Beeinträchtigungen seien noch nicht absehbar, es könne auch auf diesen Strecken zu einzelnen Zugausfällen und Verspätungen kommen, so die Betreiber.
Die Bahn kündigte an, die Kunden so schnell und umfassend wie möglich zu informieren. Beeinträchtigungen werden auch schon vor dem offiziellen Beginn des Warnstreiks erwartet. Die GDL vertritt bei der Bahn hauptsächlich Lokführer und das Zugpersonal. Fahrdienstleiter, die den Zugverkehr bundesweit koordinieren, sind zwar ebenfalls zum Warnstreik aufgerufen. Stark vertreten ist die GDL unter ihnen aber nicht.
Verhandlungen abgebrochen
Die Gewerkschaft will mit der Aktion unter anderem der Forderung nach einer Arbeitszeitsenkung für Schichtarbeiter Nachdruck verleihen. GDL-Chef Claus Weselsky hatte die Tarifverhandlungen am 24. November für gescheitert erklärt, weil die Bahn unter anderem bei diesem Punkt bislang keinen Verhandlungsspielraum signalisierte.
Zuletzt streikte die GDL bei der Bahn am 15. und 16. November. Bei dieser 20-stündigen Arbeitsniederlegung fielen gut 80 Prozent der eigentlich vorgesehenen Fernverkehrsfahrten aus. Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen in manchen Bundesländern noch deutlicher, in einigen Regionen fuhr zeitweise quasi kein Zug und kaum eine S-Bahn.
GDL-Chef Weselsky: Letzte Aktion in diesem Jahr – Streiks nach dem 7. Januar intensiver
Einen kleinen Lichtblick gibt es für Fahrgäste: Der heute beginnende Streik wird laut GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky die letzte Streikaktion in diesem Jahr sein. "Wir werden diese Streikaktion am Donnerstag und Freitag durchführen und es ist für dieses Jahr die letzte", sagte der GDL-Chef am Mittwoch bei MDR-"Aktuell". Auch bis zum 7. Januar werde es keinen weiteren Arbeitskampf geben. Reisende, die über Weihnachten und Silvester die Bahn nutzen wollen, können also aufatmen.
Für das neue Jahr, nach dem 7. Januar, kündigte Weselsky jedoch längere und intensivere Streiks an. Das sagte er im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Bei der Urabstimmung rechnet er mit mehr als 90 Prozent Zustimmung . Nötig wären 75 Prozent.
Bahn: "Verantwortungslos und egoistisch"
Die Deutsche Bahn kritisierte den neuerlichen Warnstreik mit scharfen Worten. Die GDL "vermiest Millionen unbeteiligten Menschen das zweite Adventswochenende. Ein Streik so kurz nach dem Wintereinbruch und so kurz vor dem Fahrplanwechsel ist verantwortungslos und egoistisch", sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler.
"Anstatt zu verhandeln und sich der Wirklichkeit zu stellen, streikt die Lokführergewerkschaft für unerfüllbare Forderungen. Das ist absolut unnötig", so Seiler weiter. Die DB forderte die GDL auf, den Adventsstreik abzusagen und umgehend an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Wir sind zu jeder Zeit und an jedem Ort verhandlungsbereit", sagte Seiler.
GDL-Chef Claus Weselsky hingegen bezeichnete im BR-Interview den erneuten Warnstreik am Donnerstag und Freitag als notwendig. Denn die Bahn, mit Personalvorstand Martin Seiler "lehnt die Verhandlungen über die Absenkung der Wochenarbeitszeit ab, er lehnt Verhandlungen über Tarifverträge für Fahrdienstleiter ab. Grundgesetzlich geschützte Rechte will Herr Seiler einfach nicht anfassen", so Weselsky.
Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte, dass der Streik kurzfristig angekündigt wurde. "Wir möchten, dass zwei Tage vorher bekannt gegeben wird, wann gestreikt wird, damit sich der Fahrgast darauf einstellen kann", mahnte Bundesvorsitzender Detlef Neuß. Im jüngsten Fall sei es nur ein Tag. Neuß betonte zugleich: "Wir stellen das Streikrecht nicht infrage."
Was die GDL von der Bahn fordert
Die GDL fordert für den neuen Tarifvertrag unter anderem eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden bei gleichem Lohn. DB-Personalvorstand Seiler hält die Forderung für nicht umsetzbar und argumentiert, dass eine Umsetzung zu teuer sei. Zudem brauche es bei weniger Wochenarbeitszeit mehr Beschäftigte – in Zeiten des Fachkräftemangels seien diese aber nicht zu finden. GDL-Chef Weselsky geht dagegen davon aus, dass mit einer geringeren Wochenarbeitszeit die Berufe bei der Bahn attraktiver werden.
Darüber hinaus will die GDL ihren Geltungsbereich bei der Bahn ausweiten und Tarifverträge auch für Arbeitsbereiche abschließen, in denen sie bisher keine Tarifverträge vorweisen kann. Konkret geht es vor allem um Infrastrukturbetriebe. Seiler hält solche Verträge für nicht notwendig, weil die GDL in diesen Bereichen nicht maßgeblich vertreten sei.
- Zum Artikel: Bahnstreik – Diese Rechte haben Fahrgäste
Mit Informationen von dpa und Reuters
Im Audio: Bahnstreik ab heute Abend – Lokführer wieder im Ausstand
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