Die Leidenschaft, die Julian Nagelsmann bei seinen Spielern so vermisste, zeigte er selbst während und nach der 2:3-Niederlage gegen die Türkei am Samstagabend in Berlin. "Wir können jetzt schwarzmalen und alles schlecht sehen, da werden wir aber nicht weiterkommen als Fußball-Nation", appellierte der Bundestrainer nach dem Duell an die Fans und Journalisten.
Türken decken Defizite auf
Allerdings hat das Spiel auf dem Weg zu EM 2024 wenig Druck von der Mannschaft genommen. Der überraschend als linker Verteidiger aufgebotene Kai Havertz (5. Minute) und Niclas Füllkrug (48.) hatten in einer extrem angriffslustig ausgerichteten DFB-Elf für die Tore gesorgt. Die Gäste deckten aber nicht nur bei den Treffern von Ferdi Kadioglu (38.) und Kenan Yildiz (45.+2) die Defizite in der Rückwärtsbewegung auf. Das Tor per Strafstoß von Yusuf Sari (71.) nach Handspiel von Havertz besiegelte schließlich die Niederlage. "Wir wurden zu lethargisch. Ich weiß nicht, ob wir dachten, dass es von allein schon wird", sagte Kapitän Ilkay Gündogan.
Video: Interview Julian Nageslmann nach dem Türkei-Spiel
Nagelsmann: "Weit davon entfernt, alles negativ zu sehen"
Nagelsmann war nach dem missratenen Heimdebüt jedenfalls bemüht, weiterhin das Positive herauszustellen. "Wir hatten acht hundertprozentige Chancen. Für mich ist es eher ein Entwicklungsschritt, in letzter Konsequenz das Spiel zuzumachen", betonte er: "Ich bin weit davon entfernt, alles negativ zu sehen. Sinnvoll ist es nicht, schwarz zu sehen, davon werden wir nicht besser."
"Einzelne Spieler hatten nicht immer dasselbe Emotionsniveau wie der Gegenspieler. Da müssen wir uns steigern, denn wir haben keine Zeit, die wir verschenken können." Julian Nagelsmann
Allerdings hatte er selbst Emotionen gefordert und den Fokus voll auf die Abwehrarbeit gelegt - von beidem war nicht viel zu sehen. "Wenn wir drei Gegentore kriegen, ist das zu viel", räumte er ein: "Leider spielt beim Fußball immer noch ein Gegner mit. Das erste Gegentor, da waren wir taktisch nicht hundert Prozent richtig. Da versuchen wir, zu aktiv auf den Ball zu gehen, und haben keinen Druck auf den Innenverteidiger." Allerdings, Optimismus auch hier: "Gut, das es jetzt passiert, dann kann man es abstellen. Beim zweiten Gegentor waren wir zu gierig auf den Ball. Es ist wichtig, den Ball zu gewinnen, aber noch wichtiger, kein Tor zu kassieren."
Mehr Überzeugung und Wille in der zweiten Halbzeit
Die Emotionen wollte er dann auch nicht der ganzen Mannschaft absprechen. "Einige Spieler" aber "hatten nicht die hundertprozentige Überzeugung, den Willen", kritisierte er. "In der zweiten Halbzeit haben wir uns stark verbessert, was das angeht. Dann kriegen wir einen Elfmeter, der keiner war. Aber das ist müßig." Deshalb schloss Nagelsmann das entscheidende Gegentor auch aus seiner Abwehr-Analyse aus. Zu viel Schwarzmalerei schließlich wollte er ja nicht zulassen.
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