Mehr als 60 bayerische Athletinnen und Athleten traten bei den Olympischen Spielen an - und sorgten in Paris für spannende Momente, tränenreiche Zieleinläufe, Jubelschreie und schmerzhafte Niederlagen. Am Ende kehren 13 von ihnen mit einer Medaille im Gepäck zurück aus Frankreich.
Jessica von Bredow-Werndl holte zweimal Gold, Ruderer Oliver Zeidler und 3x3-Basketballerin Svenja Brunckhorst je einmal. Auch die Kanuten Elena Lilik (Silber) und Noah Hegge (Bronze) konnten über Edelmetall jubeln.
Überraschend sicherlich die Silbermedaille für den Starnberger Beachvolleyballer Clemens Wickler und Bronze für die Staffel-Sprinterinnen Gina Lückenkemper und Alexandra Burghardt. Auch in den Mannschaftssportarten Fußball, Hockey und Handball gab es Medaillen.
Wir blicken auf die emotionalsten Momente der bayerischen Athletinnen und Athleten bei den Olympischen Spielen 2024 zurück.
Ruderer Oliver Zeidler – endlich am Ziel
An den Tränen von Oliver Zeidler konnte man sehen, was diese Goldmedaille für ihn bedeutet. Dieser Berg von einem Mann begann zu schluchzen, als die deutsche Nationalhymne erklang und das Edelmetall endlich um seinen Hals baumelte. Der 28-jährige Ruderer reiste als großer Favorit nach Paris. Eine Situation, die er schon von den Spielen in Tokio kannte. Damals versagten ihm die Nerven. Bei komplizierten Bedingungen platzte der Traum von Gold im Halbfinale.
In Paris kam alles anders: Zeidler erwischte einen Traumtag, zeigte in keinem Rennen irgendeine Schwäche und setzte sich im Finale mit deutlichem Vorsprung gegen den Belarussen Jewgeni Solotoi und den Niederländer Simon van Dorp durch. Damit setzte der dreifache Welt- und Europameister seiner Karriere die Krone auf.
"Diese Medaille in der Hand zu haben - jetzt hat man etwas zum Vorzeigen, das fühlt sich gut an. Ich widme die Medaille meinen Eltern, vor allem meinen Vater. Er hat mich von meinem ersten Ruderschlag begleitet. Ich bin ihm sehr, sehr dankbar", sagte Oliver Zeidler, der nach dem Gold-Triumph ankündigte, seine Karriere fortzusetzen – eine Entscheidung, die vor Olympia wohl auf der Kippe gestanden hatte. Der Sieg von Zeidler ist also auch ein Sieg für den Rudersport.
Schwimmerin Leonie Beck - trübe Stimmung in trüber Seine
Ähnlich wie Zeidler reiste Leonie Beck mit reichlich Edelmetall nach Paris. Drei Welt- und Europameisterschaften, dazu jede Menge Gold- und Silbermedaillen. Doch eine olympische Medaille fehlte noch in der Sammlung. Und auch nach den Spielen in Paris ist der Trophäenschrank der 27-jährigen Langstecken-Schwimmerin unvollständig.
In den Augen von Beck liegt das vor allen Dingen an einer Entscheidung, die weit vor dem Wettkampf in Paris getroffen wurde. Die Veranstalter legten fest, dass die 10 Kilometer in der Seine geschwommen werden sollte. Mehrere Trainings fielen wegen mangelnder Sauberkeit aus. Das einzig mögliche ließ Beck ausfallen, weil sie Angst vor einer Erkrankung hatte – und so sprang sie beim Wettkampf zum ersten Mal in das braune Wasser der Seine.
Dort setzte ihr nicht nur die starke Strömung zu, sondern auch das Tempo, das die Konkurrenz vorlegte. Am Ende landete Beck auf Rang 9. "Ich warte seit einem Jahr auf dieses Rennen, habe natürlich von einer Medaille geträumt", sagte die 27-Jährige nach dem Rennen, "ich bin natürlich auch enttäuscht. Aber für mich war es unmöglich, hier irgendwas herauszufischen. Für mich war es eine andere Sportart, für mich hat es mit einem durchschnittlichen Freiwasserrennen nichts zu tun." Das Rennen sei wie "zwei Stunden am Zugseil gewesen, zwei Stunden Krafttraining", klagte Beck.
Jessica von Bredow-Werndl – königliche Vorstellung vor königlicher Kulisse
Um ein wenig pathetisch zu werden: Das Schloss Versailles, wo die Dressur-Wettbewerbe abgehalten wurden, war die perfekte Bühne für Jessica von Bredow-Werndl. An dem Ort, den einst der Sonnenkönig errichten ließ, strahlte nun die Dressurkönigin. Im Team-Wettbewerb hatte es ihre treue Gefährtin Dalera noch spannend gemacht, durch einen Fehler beim Übergang – am Ende setzte sich Deutschland mit minimalem Vorsprung (0,031 Punkte) vor Dänemark durch.
Einen Tag später machte sie den perfekten Auftritt komplett. 90,093 Punkte - im Einzel blieben Dalera und von Bredow-Werndl fast fehlerlos und holten - wie schon in Tokio - nach Gold mit der Mannschaft auch Gold im Einzel. "Ich glaube, wir waren einfach das perfekte Team heute", sagte Bredow-Werndl, noch immer von den Emotionen gezeichnet, nach ihrem zweiten Gold-Coup am ARD-Mikrofon. Es sei nur um eine Sache gegangen: Vertrauen.
"Sie hat ihr Herz da drin gelassen für mich, es war der schönste Dancefloor unseres gemeinsamen Lebens", sagte Bredow-Werndl über die Gala-Vorstellung zur Musik der französischen Chanson-Legende Édith Piaf. Mit den Gold-Auftritten des Duos ist es nun vorbei. Es waren Daleras letzte Olympische Spiele. Dasselbe kann man über von Bredow-Werndl zum Glück nicht sagen, die sich wieder daheim in Bayern im BR24Sport-Exklusivinterview zu ihren Plänen äußerte.
Kanutin Elena Lilik – "Jaaaaaaaaaaaa!"
Der Jubel-Schrei von Elena Lilik dürfte nun auch in Paris bestens bekannt sein. Diese schrille und sehr laute "Jaaaaaaaaa", mit dem sie nach ihren größten Erfolgen ihre gesamte Anspannung rauslässt, konnte man schon hören, als sie sich für Olympia qualifizierte. Und auch wenige Wochen später ließ sie es ertönen, als sie im Wildwasserkanal von Vaires-sur-Marne die Ziellinie überquerte. Um so lauter war der Jubelschrei, da sie selber gar nicht damit gerechnet hatte, am Ende auf dem Podest zu stehen.
"Es ist verrückt, es hat mich komplett überrascht und überwältigt, auch schockiert irgendwo", sagte Lilik nach der Preisverleihung, mit der Silbermedaille um den Hals. Die Ex-Weltmeisterin hat damit auch die deutschen Slalomkanuten erlöst, die bei den Spielen in Paris bisher erfolglos blieben. Lilik bescherte dem Deutschen Kanu-Verband (DKV) die erste Medaille in Paris. Tokio-Olympiasiegerin Ricarda Funk und Sideris Tasiadis hatten an den ersten beiden Finaltagen die Medaillenränge verpasst.
Ricarda Funk – ein Fehler im falschen Moment
"Das waren meine Olympischen Spiele", brachte Ricarda Funk noch heraus, ehe sie weinend die Hände über den Kopf zusammenschlug. Ein kleiner Fehler, eine minimale Torberührung ließen den großen Traum der Augsburger Kanutin platzen. Die 32-Jährige, 2021 in Tokio noch Goldmedaillen-Gewinnerin, touchierte ein Tor und bekam 50 Strafsekunden und wurde Elfte.
"Ich ärgere mich einfach nur brutal, dass ich im letzten Streckenabschnitt ins Risiko gegangen bin und meinen Lauf weggeschmissen habe. (...) Es tut gerade noch ein bisschen weh", sagte sie am ARD-Mikrofon und wusste vermutlich auch da schon, dass es wohl noch ein bisschen länger wehtun würde. Schließlich war das aller Voraussicht nach der letzte Olympia-Trip von Funk.
Annett Kaufmann – ein Stern geht auf
Den Namen Annett Kaufmann kannten in Deutschland vor den Olympischen Spielen wohl nur eingefleischte Tischtennis-Fans. Die Bundesligaspielerin des SV-DJK Kolbermoor ist zwar eines der größten Talente im deutschen Tischtennis, doch dass die 18-Jährige in ihrer Entwicklung so weit ist, überraschte selbst die Bundestrainerin, die Kaufmann eigentlich gar nicht nominiert hatte. Eine verletzungsbedingte Nachnominierung erwies sich als Glücksfall.
Bundestrainerin Tamara Boros kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. "Was sie hier spielt, das ist Top Ten der Welt", sagte Boros: "Ich wusste, dass sie wirklich gut spielen kann. Aber nicht, dass sie das über fünf Spiele halten kann." Kaufmann spielte überragend, hievte das deutsche Team erst ins Halbfinale und besiegte dort Miwa Harimoto, Nummer acht der Weltrangliste, mit 3:0. Doch ihr Sieg war der einzige des deutschen Teams. Im Spiel um Bronze gegen Südkorea war Deutschland dann chancenlos. Dennoch hat sich Kaufmann in das Herz des Publikums gespielt.
Beachvolleyballer Ehlers/Wickler: Ende der Gefühlsachterbahn
Der Starnberger Beachvolleyballer Clemens Wickler wusste wenige Momente nach dem Finale nicht, wie er mit seinen Emotionen umgehen sollte. "Es ist eine Achterbahn der Gefühle", sagte er nach dem Finale gegen die Weltranglisten-Ersten aus Schweden, das sie verloren hatten, aber dennoch die Silbermedaille gewonnen hatten. Wickler und sein Teamkollege Nils Ehlers hatten bei den Olympischen Spielen begeistert, hatten sich von Sieg zu Sieg geschmettert – bis im Finale nichts mehr ging. "Es war unser schlechtestes Spiel", sagte Ehlers etwas bitter.
Die Fernsehbilder zeigten genau den Moment, in dem die Trauer über das verlorene Finale in Stolz über die gezeigten Leistungen umschlug: Als die Silbermedaille bei der Siegerehrung um den Hals der Beachvolleyballer gehängt wurde, huschte plötzlich ein ungläubiges Lächeln über das Gesicht von Ehlers, der seinen Partner umarmte und ihn so mit der Freude ansteckte. Es setzte sich die Erkenntnis durch: Dieses Turnier, diese Medaille, wird ewig bleiben.
Sprint-Staffel – historisch, tränenreich und unglaublich schnell
Die Wahl-Bambergerin Gina Lückenkemper zeigte den Lauf ihres Lebens. Die Beine der Sprinterin flogen durch die Luft, schienen die Tartanbahn im Pariser Olympiastadion gar nicht zu berühren. 9,89 Sekunden dauerten ihre 100-Meter im Staffelfinale, wo alleine die Anwesenheit des deutschen Quartetts einige Beobachter überrascht hatte. Doch Lückenkemper lief dort so schnell wie keine andere - und setzte somit den Grundstein für die sensationelle Bronzemedaille der Sprint-Staffel. "Wir sind alle um unser Leben gerannt. Wir haben unser Herz auf der Bahn gelassen", sagte Lückenkemper nach den tränenreichen Jubelszenen im Zieleinlauf.
Teamkollegin Alexandra Burghardt hat durch die Medaille auch ein Stück deutsche Olympia-Geschichte geschrieben. Als erste Sportlerin seit der Wiedervereinigung ist der 30-Jährigen gelungen, Medaillen bei Winter- und Sommerspielen zu gewinnen. Bei den Winterspielen von Peking 2022 gewann Burghardt als Anschieberin im Bob von Mariama Jamanka Silber. "Ich habe irgendwann mal nachgeschaut, aber ich glaube, dass das nach der Wende niemand geschafft hat", erzählte die Sportlerin aus Burghausen nach einem denkwürdigen Abend im Stade de France. "Ich glaube, es ist eine runde Sache. Ich habe es noch nicht so ganz verstanden. Ist schon besonders, irgendwie." Definitiv.
Alle bayerischen Olympiateilnehmer in der Übersicht:
- Mascha Ballhaus (23) Judo: Viertelfinale (Einzel) / Platz vier (Mannschaft)
- Katharina Bauer (34) Bogenschießen: Zweiundreißigstelfinale (Einzel) / Viertelfinale (Mannschaft)
- Simon Batz (21) Weitsprung: Platz 6
- Alina Beck (18) BMX: Platz 21
- Leonie Beck (27) Freiwasserschwimmen: Platz neun
- Isaac Bonga (24) Basketball: Platz vier
- Lorena Brandl (27) Taekwondo: Platz vier
- Jessica von Bredow-Werndl (38) Reiten: Gold (Einzel) / Gold (Mannschaft)
- Svenja Brunckhorst (32) 3x3-Basketball: Gold
- Klara Bühl (23) Fußball: Bronze
- Philipp Buhl (34) Segeln: Platz 13
- Alexandra Burghardt (30) Leichtathletik, Sprint: Bronze (Staffel)
- Timo Cavelius (27) Judo: Sechzehntelfinale (Einzel) / Platz vier (Mannschaft)
- Oscar da Silva (25) Basketball: Platz vier
- Lukas Dauser (31) Kunstturnen: Platz 7
- Lucia Dörffel (24) Klettern: Platz 16
- Tyler Edtmayer (23) Skateboard: Platz 17
- Jaden Eikermann (19) Wasserspringen: Platz 7
- Tim Elter (20) Surfen: Runde 2
- Leonie Fiebich (24) Basketball: Viertelfinale
- Ricarda Funk (32) Kanu: Platz 11 (K1), Viertelfinale (Cross)
- Luisa Geiselsöder (24) Basketball: Viertelfinale
- Niels Giffey (33) Basketball: Platz vier
- Giulia Gwinn (25) Fußball: Bronze
- Alina Hartmann (24) Basketball: Viertelfinale
- Noah Hegge (25) Kanu: Bronze (Cross) / Platz 9 (K1)
- Stefan Hengst (30) Kanu: Vorlauf (Cross)
- Merlin Hummel (22) Hammerwurf: Platz 10
- Anna Janßen (22): Platz 11 (KK) / Platz 19 (LG) / Platz 4 (LG – Gemischt)
- Stephan Jäger (34) Golf: Runde 4 Platz 26
- Annett Kaufmann (18) Tischtennis: Platz vier (Mannschaft)
- Moritz Karlitzek (28) Volleyball: Platz 6
- Camilla Kemp (28) Surfen: Runde 2
- Kevin Krawietz (32) Tennis (Doppel): Viertelfinale
- Elena Lilik (25) Kanu: Silber (C1) / Platz vier (Cross)
- Sydney Lohmann (24) Fußball: Bronze
- Gina Lückenkemper(27) Leichtathletik, Sprint: Halbfinale (Einzel) / Bronze (Staffel)
- Julia Maidhof (26) Handball: Platz 8
- Maximilian Marterer (29) Tennis: Sechzehntelfinale
- Domenika Mayer (33) Leichtathletik, Marathon: Platz 29
- Mona Mayer (22) Leichtathletik (4x 400m Staffel): Vorlauf 2
- Alexander Megos (30) Klettern: Platz 13
- Lisa Müller (31) Schießen: Platz 25 (Luftgewehr)
- Antonia Niedermaier (21) Radsport, Straße: Platz 15 (Zeitfahren), Platz 32 Straßenrennen
- Andreas Obst (27) Basketball: Platz 4
- Tobias Potye (29) Hochsprung: 1. Runde
- Christian Reitz (37) Schießen: Platz 5 (Luftpistole), Platz 6 (Luftpistole – Gemischt), Platz 26 (Schnellfeuerpistole)
- Richard Ringer (35) Leichtathletik, Marathon: Platz 12
- Matthias Schmid (26) Golf: Runde 4 (26.)
- Julian Schmidt (29) BMX: –
- Lea Schüller (26) Fußball: Bronze
- Charline Schwarz (23) Bogen: Sechzehntelfinale (Einzel) / Viertelfinale (Mannschaft)
- Christoph Steinert (34) Handball: Silber
- Theresa Steinlein (22) iQFoil: Viertelfinale
- Sideris Tasiadis (34) Kanu: Platz 4 (C1)
- Johannes Tille (27) Volleyball: Viertelfinale
- Maximilian Ulbrich (23) Schießen: Platz 14 (LG), Platz 17 (KK), Platz 4 (Gemischt)
- Peter Varjasi (24) Schwimmen: Platz 7 (Staffel 4x100)
- Nicholas Alan Weiler-Babb (28) Basketball: Platz 4
- Justus Weigand (24) Hockey: Silber
- Philipp Weishaupt (38) Springreiten: Platz 12 (Einzel) / Platz 5 (Mannschaft)
- Clemens Wickler (29) Beachvolleyball: Silber
- Yannick Wolf (24) Sprint: Halbfinale (Staffel)
- Oliver Zeidler (27) Rudern: Gold
- Mia Zschocke (26) Handball: Platz 8
- Alexander Zverev (27) Tennis: Viertelfinale
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