Am 14. Juni wird Toni Kroos beim Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft in München aller Voraussicht nach die Fäden im deutschen Mittelfeld ziehen. Genau einen Monat später, so der Wunsch von ganz Deutschland, soll im EM-Finale der Titel gefeiert werden. Dies wiederum würde genau auf den 10. Jahrestag seines Wechsels vom FC Bayern München zu Real Madrid fallen.
Zwar wird Kroos diesen nicht feierlich begehen, doch seit dem 14. Juli 2014 hat sich seine Rechnung mehr als ausgezahlt. Vom umstrittenen bayerischen Wackelkandidaten hat sich Kroos binnen einer Dekade nicht nur zum Titelsammler, sondern auch zum unverzichtbaren Leistungsträger bei Real entwickelt. Kein deutscher Fußballer hat mehr internationale Titel gewonnen, unter anderem fünfmal die Champions League. Und kein anderer deutscher Fußballer dirigiert momentan mit einem solch großen Selbstvertrauen.
Selbstverständnis als Erfolgsgeheimnis von Kroos
"Das bekommt man halt aus mir leider nicht mehr raus. Das kauft man quasi mit ein, dieses Selbstverständnis, Erfolg haben zu wollen", verkündete Kroos selbstbewusst bei seiner Rückkehr in die deutsche Nationalmannschaft Mitte März. Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte ihn davon überzeugt, nach fast drei Jahren für die EURO 2024 noch einmal das DFB-Team anzuführen.
Und Kroos lieferte: Der 34-Jährige nahm das deutsche Spiel in die Hand und bereitete in den ersten Sekunden seines Comebacks gegen Frankreich gleich das Blitz-Tor von Florian Wirtz vor. Deutschland gewann mit Kroos sowohl gegen Les Bleus als auch gegen die Niederlande wenige Tage später und fand die Euphorie gerade rechtzeitig vor Turnierstart wieder.
"Ein absoluter Weltstar"
"Er gibt unserem Spiel eine gewisse Ruhe, gibt uns eine Balance, natürlich auch für mich persönlich. Ich weiß, was ich von ihm erwarten kann und kenne meine Rolle hinter ihm", erklärte Real- und DFB-Kollege Antonio Rüdiger den omnipräsenten Einfluss von Kroos auf das Spiel. Federico Valverde, sein Konterpart im zentralen Mittelfeld, "genießt es, mit ihm an meiner Seite zu spielen. Ein absoluter Weltstar."
Kroos' schwierige Lehrjahre in München
Das war nicht immer so. Gerade in seiner Zeit beim FC Bayern war seine Bedeutung eine ganz andere. Im Star-Ensemble des Rekordmeisters war zwischen Bastian Schweinsteiger, Franck Ribéry, Arjen Robben und Thomas Müller meist kein geeigneter Platz für Kroos zu finden, der am 26. September 2007 im Alter von 17 Jahren debütierte und von Keeper Oliver Kahn im Anschluss direkt mit dem Prädikat "Weltklasse" ausgezeichnet wurde.
Die großen Lorbeeren, die der hochveranlagte Greifswalder nach seinen ersten Profi-Auftritten erntete, konnte der Youngster nicht konstant auf dem Platz bestätigen. Wirklich groß spielte Kroos in seinen sieben Jahren in der Bundesliga bei seiner Leihstation in Leverkusen auf, als er unter Trainer Jupp Heynckes 21 Scorerpunkte sammelte.
Das Ende von Querpass-Toni
Nach dem WM-Titel in Brasilien wechselte Kroos zu Real und erhielt dort den Platz und die Anerkennung, die er in München über viele Jahre vermisste. "Was er jetzt bei den Länderspielen im März gemacht hat, macht er seit zehn Jahren bei Real Madrid", sagte Ex-Profi Felix Kroos über seinen Bruder: "Jetzt haben die Leute hier vielleicht auch nochmal festgestellt, dass er das doch ganz gut kann."
Kroos und Hoeneß: Live-Schlagabtausch im TV
Dank seines Standings bei Real agiert die einst als "Querpass-Toni" verschriene Ballmaschine dieser Tage aus einer Position der Stärke. "Toni Kroos hat in diesem Fußball nichts mehr verloren", hatte Uli Hoeneß 2021 nach dem EM-Viertelfinal-Aus gegen England im Doppelpass gesagt und sah in Kroos' vermeintlicher Querpass-Mentalität "das Hauptproblem" für das deutsche Ausscheiden.
Kroos antwortete noch während der Sendung via Twitter: "Uli Hoeneß ist ein Mann mit großem Fußballsachverstand (auch wenn es für RTL nicht gereicht hat), wenig Interesse für Polemik und mit sich komplett im Reinen." Dazu präsentierte er eine Statistik, die ihn als (zu diesem Zeitpunkt) besten Spieler der EM in Bezug auf Pässe ins Angriffsdrittel auswies.
Noch nie verloren: Kroos-Serie gegen FC Bayern
Drei Jahre später scheint Hoeneß zum Kroos-Befürworter geworden zu sein: "Ich begrüße das schon, weil wir von den Persönlichkeiten gerade nicht so große Auswahl haben, da ist die Rückkehr eines sehr erfahrenen, sehr erfolgreichen Spielers eine gute Entscheidung."
An Genugtuung dürfte es Kroos also nicht mangeln, wenn er am Dienstagabend um 21 Uhr den Rasen seiner alten Spielstätte betreten wird. Seine Statistik gegen seinen Ex-Klub ist symbolisch: 2017 und 2018 war für den FCB gegen Kroos und Co. jeweils Schluss. Im direkten Duell hat Kroos seit seinem Wechsel nie verloren.
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