Die 80er-Jahre in der damaligen Bundesrepublik: Der deutsche Fußballmeister hieß, fast wie heute, in schöner Regelmäßigkeit FC Bayern München, die Serie gelegentlich unterbrochen durch den Hamburger SV, den VfB Stuttgart und Werder Bremen.
Der 1. FC Köln, zuletzt 1978 Titelträger, war ebenfalls konstant in der Bundesliga-Spitzengruppe. Auch, weil dort ein junger Trainer namens Christoph Daum dem Klub eine offensive und moderne Spielweise verpasste. Erst als Trainer der Amateure, dann als Co-Trainer, 1986 übernahm Daum dann die Profis als Chefcoach.
Bundesliga 1988/89 - eine legendäre Spielzeit
In der Saison 1988/89 waren Daum und der 1. FC Köln FC-Bayern-Verfolger Nummer eins. Die Münchner führten die Tabelle zwar ab dem 12. Spieltag ohne Unterbrechung an. Im Endspurt hofften Daum und Köln aber auf Strauchler und witterten ihre Chance auf den Meistertitel.
Und Christoph Daum, der an der Deutschen Sporthochschule Köln in seiner Diplomarbeit unter anderem die "psychologischen Maßnahmen eines Fußballtrainers" analysiert hat, griff in die Trickkiste. Mit öffentlichen Attacken wollte er für Unruhe sorgen - der damals gerade 35-jährige Trainer sprach offen aus, was sich eigentlich fast ganz Fußball-Deutschland wünschte: Köln werde Meister und die erfolgsverwöhnten Bayern noch abfangen.
Unvergessene TV-Duelle mit Uli Hoeneß
Den Höhepunkt lieferten sich die Duellanten - denn natürlich konterte der damalige FC-Bayern-Manager Uli Hoeneß jede Verbal-Attacke aus Köln - dann im April und Mai 1989. Nach 30 Spieltagen war der 1. FC Köln nur noch zwei Punkte hinter Tabellenführer FC Bayern - und erwartete die Münchner am 31. Spieltag zum Heimspiel.
In "Blickpunkt Sport" im BR Fernsehen kam es damals zum ersten Showdown im Vorfeld im April. Die Gäste bei Waldemar Hartmann: Christoph Daum und Uli Hoeneß. Daum hatte sich den damaligen FC-Bayern-Coach Jupp Heynckes als Ziel auserkoren.
Mit markigen Sprüchen wie "Der könnte auch Werbung für Schlaftabletten machen" oder "Die Wetterkarte ist interessanter als ein Gespräch mit Jupp Heynckes" wirkte Daum wie ein junger Donald Trump, der sich Joe Biden vorgeknöpft hat. Logisch, dass der damals noch heißblütigere Uli Hoeneß das nicht auf dem FC Bayern sitzen lassen konnte.
"Wer beim FC Bayern einen Angestellten oder den Trainer attackiert und zwar in einer Weise, die wir nicht mehr akzeptieren können, der muss damit rechnen, dass wir irgendwann mit geballter Ladung zurückschießen", sagte Hoeneß damals. Der Auftakt eines munteren Talks, an dessen Ende sich beide Kontrahenten jeweils gegenseitig zur Meisterfeier eingeladen haben.
Daum und Hoeneß - die Aussprache in der Kneipe
Was die wenigsten Wissen: Die Sendung hatte noch ein Talk-Nachspiel ohne Kameras. "Wir saßen nach der Sendung noch bis in die frühen Morgenstunden in Waldis Kneipe zusammen und haben lange und intensiv geredet", sagte Daum in einem Interview mit dem Magazin "11 Freunde" aus dem Jahr 2016.
Daum kritisierte, dass in der Presse damals zwar teils wahre, aber teilweise auch erfundene Aussagen von ihm kursierten. "Ich habe Hoeneß meine Sichtweise erklärt, habe mich für die ein oder andere Aussage entschuldigt, habe ihm aber auch gesagt, was mir nicht gefallen hat", sagte Daum in dem Interview: "Es war ein sehr offenes, interessantes Gespräch, bei dem ich das Gefühl hatte, dass wir uns gut austauschten und uns ein Stück näher kamen."
Am Ende feiern doch die Bayern
Wenige Wochen nach dem Aufeinandertreffen in "Blickpunkt Sport" gab es eine Art "Rückspiel": Im ZDF-Sportstudio saßen Hoeneß und Daum, diesmal flankiert von FC-Bayern-Trainer Jupp Heynckes und Udo Lattek, damals Sportdirektor beim 1. FC Köln - da flogen dann doch wieder teilweise recht derbe Giftpfeile hin und her.
Fünf Tage nach dem zweiten TV-Duell spielte der FC Bayern beim 1. FC Köln - und siegte 3:1. Die Münchner waren wieder auf vier Punkte enteilt, am Ende der Saison feierten sie mit fünf Punkten Vorsprung die Meisterschaft.
Daums Respekt, Hoeneß' Betroffenheit
Christoph Daum und Uli Hoeneß, die ihre beste Feindschaft noch einmal im Jahr 2000 rund um die Kokain-Affäre aufleben ließen, hatten ihren Dauerzwist natürlich längst beendet. Daum war im Mai 2024, nur drei Monate vor seinem Tod, noch einmal in "Blickpunkt Sport".
- Jetzt ansehen: Christoph Daums letzter Besuch in "Blickpunkt Sport" im Mai 2024 in der ARD Mediathek
Hoeneß, der sich noch immer regelmäßig lautstark in der Öffentlichkeit präsentiert, bekam sogar Rückendeckung. Daum sehe "das nicht so dramatisch wie andere, die sagen: Er schadet dem Verein nicht, nein, er nutzt dem Verein."
Zum Tod von Christoph Daum meldete sich Hoeneß auf der FC-Bayern-Homepage: "Christoph Daum ist sein ganzes Leben keinem Disput aus dem Weg gegangen, aber wir beide haben vor langer Zeit unseren Frieden gemacht, und die Nachricht von seinem Tod macht auch mich sehr betroffen. (...) der deutsche Fußball wird ihn als einen Menschen in Erinnerung behalten, der immer alles gegeben hat – für seine Vereine, seine Mannschaften und weit darüber hinaus."
Christoph Daum ist am 24. August im Alter von 70 Jahren verstorben. Er erlag einer schweren Krebserkrankung.