Im Streit um Transferregeln der FIFA für Fußballspieler hat der Verband vor dem höchsten europäischen Gericht eine Niederlage erlitten. Bestimmte Vorschriften verstoßen gegen EU-Recht, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied. Die vom EU-Recht gewährte Freizügigkeit der Spieler und der Wettbewerb zwischen den Vereinen werden laut Urteil durch die Regeln, mit denen sich der EuGH befasste, eingeschränkt. Der Verband war um eine Stellungnahme angefragt.
EuGH: Regeln der FIFA schießen über Ziel hinaus
Hintergrund ist eine Klage des ehemaligen französischen Fußballprofis Lassana Diarra. Der heute 39-jährige Diarra unterschrieb im Jahr 2013 einen langfristigen Vertrag bei Lokomotive Moskau. Ein Jahr darauf löste er den Vertrag ohne triftigen Grund, wie der Internationale Sportgerichtshof CAS entschied, auf. Diarra hatte wegen ausstehender Gehaltszahlungen geklagt. Anschließend begannen die Schwierigkeiten auf dem Fußball-Transfermarkt für Diarra: Neue Arbeitgeber wurden durch die FIFA-Regularien abgeschreckt, der mögliche neue Klub Charleroi befürchtete Sanktionen.
Deswegen sei ein Vertrag mit dem belgischen Club Sporting du Pays de Charleroi nicht zustande gekommen. Diarra verklagte daraufhin die FIFA und den belgischen Fußballverband auf Schadenersatz und Verdienstausfall in Höhe von sechs Millionen Euro. Er rügte, dass die Transferregeln der FIFA gegen EU-rechtliche Vorschriften für Freizügigkeit und Wettbewerb verstoßen. Das belgische Gericht legte den Fall daraufhin dem EuGH vor.
Die Richter entschieden nun, dass die Regeln der FIFA über das Ziel hinausschießen. Diese belasteten die Sportler und die Vereine "mit erheblichen rechtlichen, unvorhersehbaren und potenziell sehr großen finanziellen sowie ausgeprägten sportlichen Risiken", hieß es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Manche Regeln könnten zwar dadurch gerechtfertigt werden, dass dadurch ein gewisser Grad an Beständigkeit in den Mannschaften gewährleistet werde. Hier scheinen die Regeln jedoch darüber hinauszugehen, so die Richter.
Zweiter Fall Bosman? Auswirkungen noch unklar
Das belgische Gericht muss nun über den konkreten Fall entscheiden und dabei die Vorgaben des EuGH umsetzen. Abzuwarten bleibt, welche Auswirkungen dieses Urteil für den professionellen Fußball hat. Experten hatten im Vorfeld einen zweiten Fall Bosman befürchtet, der das Transfersystem neu ordnen könnte. Es könnte nun dazu kommen, dass Spieler trotz langfristiger Verträge deutlich schneller ihren Arbeitsplatz wechseln - wie es anderen Arbeitnehmern auch zusteht.
Der Münchner Sportrechtsanwalt Mark-Eduard Orth, zu dessen Mandanten unter anderem internationale Sportverbände, und Bundesliga-Klubs gehören, hatte im Vorfeld eine gewisse Grundskepsis geäußert, dass es nun zu einer ähnlichen Revolution wie bei Bosman kommt. Das liegt darin begründet, dass die FIFA ein gewisses "Beharrungsvermögen" erlernt habe, dem mittlerweile schwerer beizukommen ist.
Der renommierte Sportrechtler Antoine Duval schreibt in einer ersten Einschätzung bei "X", dass der Urteilsspruch in Gänze vorliegen und durchgearbeitet werden müsse, um seriös über mögliche Folgen Auskunft geben zu können. Schon jetzt aber sei es unwahrscheinlich, dass das Transfersystem, wie es aktuell praktiziert wird, Bestand haben wird.
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