Ein Bauarbeiter mit blauem Helm und blauer Arbeitskleidung steht an der unfertigen Wand eines Neubaus. Hinter ihm liegen Ziegel bereit, die er auf der noch unfertigen Außenwand einfügt.
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Baumängel: Warum Bauherren so schwer zu ihrem Recht kommen

Baumängel: Warum Bauherren so schwer zu ihrem Recht kommen

Baumängel haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Wer ein Haus baut, muss im Schnitt mit etwa 23 Fehlleistungen rechnen, zeigen Untersuchungen. Für Bauherren ist es schwer, zu ihrem Recht zu kommen - aus vielfältigen Gründen.

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Wenn der Fußboden sich anfühlt wie eine Kochplatte und die Wände im Sommer wie im Winter zwischen 25 und 30 Grad abstrahlen, dann ist es alles andere als gemütlich. Bei Familie Chrebor ist aber genau das der Fall. Wir begleiten das Münchner Paar über mehrere Monate und erfahren, wie schwer es ist, bei einem Baumangel zu seinem Recht zu kommen.

Wenn es in der Wohnung zu warm ist

Bei einem Besuch zeigt Boguslaw Chrebor das Problem: Die Heizung der gesamten Wohnanlage liegt direkt unter der Wohnung, die er gemeinsam mit seiner Frau neu gekauft hat. Aber die Pellets-Anlage ist schlecht isoliert und befindet sich in einem sehr kleinen Raum. Die Hitze strahlt durch Böden und Wände direkt in die darüber liegende Wohnung der Chrebors. Die Folgen: Auch im Winter müssen sie mit offenen Fenstern und laufender Klimaanlage leben. Die Luftfeuchtigkeit beträgt 18 Prozent. Es ist ungefähr so trocken wie in der Sahara. Das Problem hat das Paar kurz nach seinem Einzug gemeldet. Doch seit gut acht Jahren ist nichts passiert.

Zunächst hieß es, die Heizungsanlage sei neu und müsse noch richtig eingestellt werden. "Die haben es probiert, aber es hat uns nicht geholfen", sagt Boguslaw Chrebor. Weitere Schreiben hätten Hausverwaltung und der Bauträger unbeantwortet gelassen.

Der Bauträger der Anlage bestreitet dies. Auf Nachfrage des Bayerischen Rundfunks heißt es im Sommer 2021, man kläre gerade, ob ein Mangel vorliege.

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Baumängel nehmen deutlich zu

Ein Baumangel ist laut Definition eine Abweichung von der im Vertrag geschuldeten Leistung – im Neubau oder bei Renovierungen. Bundesweit werden die Mängel immer mehr. Zwischen 2002 und 2016 hat sich die Anzahl der Bauschäden fast verfünffacht.

Wer 2019 ein Haus baute, musste im Schnitt mit knapp 23 Mängeln rechnen, das zeigen Untersuchungen vom Institut für Bauforschung. Die Gründe dafür sind vielfältig: Immobilienboom, Fachkräftemangel, dazu kommen mehr Regeln am Bau.

Wer sich wehrt, braucht erst einmal Geld

Viele Eigentümer schrecken aber davor zurück, dagegen zu klagen. Warum? Die Verfahren dauern - im Schnitt gut vier Jahre. Und sie gehen ins Geld, weiß Rudolf Stürzer, Vorsitzender vom "Haus und Grund"-Verein in München. Rechtsstreitigkeiten wegen Baufehlern seien bei Neubauvorhaben in der Regel nicht vom Rechtsschutz gedeckt. "Wer hier vorgehen will wegen eines Baumangels muss als Kläger oder als Antragsteller erst einmal mit gewaltigen Kosten in Vorlage gehen“, sagt Rudolf Stürzer.

Auch die Familie Chrebor zögerte. Erst kurz vor Ablauf der 5-jährigen Gewährleistungsfrist leitete sie ein Verfahren gegen ihren Bauträger ein. Kein Prozess, sondern ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren. Das ist eine Art Mediation, die mit Hilfe eines Anwalts gestartet und von einer Richterin oder einem Richter kontrolliert wird. Scheitert es, kann man immer noch eine Klage vor Gericht einreichen.

Ein Sachverständiger lohnt sich

Es gibt eine zweite Erklärung, warum Eigentümer nur schwer zu ihrem Recht kommen: Zum Bauvertrag gehört die Baubeschreibung, diese ist aber oft schwammig formuliert. Doch wenn etwas in der Immobilie nicht so ist, wie gewünscht, können Eigentümer das nicht einklagen, weil es nicht exakt so in der Baubeschreibung stand. Die Mängel dagegen sind in DIN-Normen präzise verankert. "Wenn ich einen Kratzer im Fenster finde, dann darf dieser Kratzer nur unter einem bestimmten Blickwinkel und unter einem bestimmten Lichteinfall beurteilt werden, damit man feststellen kann, ob das Ganze ein Kratzer ist" sagt die Architektin Uta Maria Schmidt von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

Für Laien allein ist es also nur schwer möglich, sich gegen die Profis am Bau zu behaupten. Deswegen empfehlen alle in der Branche: Immobilienkäufer müssen unbedingt einen Sachverständigen beauftragen, um eine Baustelle zu begleiten - egal ob bei einer Renovierung oder einem Neubau, ob im Mehrparteien- oder im Einfamilienhaus. Es koste etwa 1 Prozent der Bau- oder Renovierungssumme. "In 90 Prozent aller Bausachen braucht man das Ganze nicht, wenn man es aber braucht, ist man froh, es gemacht zu haben,“ so Rudolf Stürzer, vom Haus und Grund Verein München.

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Bauherren brauchen einen langen Atem

Erst gut acht Jahre nach dem Einzug klärt sich die Situation von Familie Chrebor. Mehr als vier Jahre hatte sie versucht, im Guten eine Lösung zu finden - ohne Erfolg. Fast ebenso lang zog sich das Beweissicherungsverfahren. Erst im November 2021 hörte das Paar, dass es Bewegung in der Sache gibt. Gutachter stellten fest: Die Temperaturen in ihrer Wohnung seien unzulässig, der Schallschutz mangelhaft.

Zusammen mit der Eigentümergemeinschaft erzielt das Paar schließlich eine Einigung mit dem Bauträger. Nach jahrelangem Kampf und juristischer Auseinandersetzung soll die Heizung teilweise erneuert werden, die durchführende Firma verspricht, dass die Temperaturen in den zulässigen Bereich sinken werden. Die Chrebors bleiben skeptisch - sind aber froh, dass eine Lösung zumindest in Sicht ist. "Es wäre super", sagt Boguslaw Chrebor und fügt ernüchtert hinzu: "nach acht Jahren!“

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