Woher die Impulse kommen sollten, damit es mit der Wirtschaft wieder aufwärts geht? Dafür fehle ihm derzeit die Fantasie, sagt Wolfram Hatz und sieht dabei ratlos aus. Wenn sich der Chef des größten Wirtschaftsverbands im Freistaat so äußert, ist das kein gutes Zeichen. Denn die Konjunkturdaten, die der Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) diese Woche vorgestellt hat, deuten weiter nach unten.
Der halbjährliche "Weißbierindex" der vbw dient als bildlicher Vergleich: Je niedriger der Indexstand, desto leerer das symbolische Weißbierglas und desto kritischer die Wirtschaftslage. Der ist erneut abgerutscht auf 78 Punkte nach 87 Punkten im Frühjahr. "Das hat es so noch nicht gegeben", sagt Hatz. "Darin zeigt sich die Kombination aus verfestigter Konjunkturkrise und struktureller Standortkrise." Zum Vergleich: Vor Beginn des Kriegs in der Ukraine hatte das Barometer noch bei 130 Zählern notiert.
Auch Ifo-Geschäftsklimaindex nach "Trump-Schock und Ampel-Aus" wieder gefallen
Wie trüb der Ausblick derzeit ist, verdeutlicht auch der Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo-Instituts für den November. Nach einem kurzen Anstieg im Vormonat ist der Index wieder um 0,8 Punkte auf 85,7 gefallen. Der Index, der zu den wichtigsten deutschen Konjunkturbarometern zählt, näherte sich damit wieder dem tiefsten Stand seit Jahresbeginn. Diesen hatte er im September bei 85,4 Punkten erreicht.
"Der deutschen Wirtschaft fehlt es an Kraft", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Als Gründe für den jüngsten Rückgang führen die Experten unter anderem „Trump-Schock und Ampel-Aus“ an.
Diese Probleme und Lösungen gibt es aus Sicht von Wirtschaftsverbänden
Aus Sicht der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft hakt es vor allem an fünf Stellen:
- Lohnnebenkosten: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts zahlten deutsche Arbeitgeber 2023 mit 41,30 Euro für eine geleistete Arbeitsstunde rund 30 Prozent mehr als im EU-weiten Durchschnitt (31,80 Euro).
- Energie: Nicht nur energieintensive Betriebe klagen seit längerem über zu hohe Kosten, weil die erneuerbaren Energien nicht schnell genug ausgebaut würden. Ein Vorschlag, auf den einige Verbände deshalb schon länger drängen: ein temporär vergünstigter Brückenstrompreis.
- Unternehmenssteuern: Der kombinierte Körperschaftsteuersatz in Deutschland lag 2023 bei 29,9 Prozent – und damit laut OECD 8,7 Prozentpunkte über dem europäischen Durchschnitt. Die vbw fordert, die Steuerlast auf 25 Prozent zu begrenzen.
- Bürokratie: Kaum einen Punkt haben Wirtschaftsverbände in den vergangenen zwei Jahren wohl so häufig thematisiert wie ausufernde Verordnungen, Vorgaben und Dokumentationspflichten. Das "Bürokratieentlastungsgesetz" der Ampel-Regierung war für sie nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssten.
- Wirtschaftswende in den Köpfen: "Unselige Debatten über Vier-Tage-Woche, Null-Bock-Tage und überzogene Work-Life-Balance", kritisiert vbw-Präsident Wolfram Hatz. Er beschwört stattdessen "deutsche Tugenden wie Leistungsbereitschaft, Fleiß und Disziplin".
Verbraucher nicht in Kauflaune: GfK-Konsumklima trübt sich ein
Während Industrie, Bau, Gastronomie sowie Hotel- und Gaststätten in der jüngsten vbw-Erhebung ein Minus verzeichneten, konnte einzig der bayerische Einzelhandel seinen Umsatz um 2,2 Prozent steigern. Ein grundsätzlicher Aufwärtstrend lässt sich daraus allerdings nicht ablesen.
Im Gegenteil: Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland sind weiter verunsichert, wie sich aus dem aktuellen Konsumklima der Nürnberger Gfk-Marktforscher ablesen lässt. Zwar dürfte das zumindest das Weihnachtsgeschäft in etwa das Vorjahresniveau erreichen. Doch weil die Menschen die allgemeine Wirtschaftslage auch für die kommenden zwölf Monate pessimistisch bewerten, wollen sie weiterhin nicht allzu viel Geld ausgeben.
Prognose für bayerische Wirtschaft: Minus in diesem Jahr
Wie geht es insgesamt also weiter? Auch Wolfram Hatz räumt ein, dass eine neue Regierung nicht das Allheilmittel sein werde. "Ich glaube nicht, dass ein Ende der Krise absehbar ist", sagt er.
Die blanken Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Die vbw erwartet, dass die bayerische Wirtschaft dieses Jahr um 0,4 Prozent schrumpfen wird. Im Frühjahr hatte sie hingegen noch mit einem Wachstum von bis zu 0,3 Prozent gerechnet. Für 2025 geht der Verband von einer Stagnation aus.
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