Mit ihrem vierten Arbeitskampf im laufenden Bahn-Tarifstreit legt die Lokführergewerkschaft GdL erneut weite Teile des Bahnverkehrs in Deutschland lahm – fast sechs Tage lang. Die Schäden für die Wirtschaft sind immens und auch unter den Fahrgästen nimmt der Frust zu. Ein Überblick.
Was fordert die GDL?
Zu Beginn der Tarifrunde hatte die Lokführergewerkschaft ein umfangreiches Paket mit Forderungen auf den Verhandlungstisch gelegt. Es umfasst 35 Punkte. Doch inzwischen hat die GDL der Bahn einen Lösungsvorschlag präsentiert. Der entspricht in weiten Teilen dem, was die Gewerkschaft mit anderen Betreibern abgeschlossen hat.
Statt wie ursprünglich gefordert 555 Euro mehr im Monat sieht der Vorschlag eine Erhöhung von 420 Euro in zwei Schritten vor – 240 Euro zum 1.5.2024 und 180 Euro zum 1.2.2025. Zusätzlich soll es eine steuer- und abgabenfreie Prämie zum Inflationsausgleich von 3.000 Euro geben, für Teilzeitkräfte und Auszubildende mindestens 1.500 Euro.
Und auch in puncto Arbeitszeit kommt die GDL – wie sie es sieht – dem Arbeitgeber entgegen. Die geforderte 35- statt der gültigen 38-Stunden-Woche für Beschäftigte im Schichtdienst soll in Schritten bis Januar 2028 eingeführt werden. Das aber nach wie vor bei vollem Lohnausgleich. Dass die Bahn zuletzt die 37-Stunden-Woche ab 2026 angeboten hat, reicht der Gewerkschaft nicht. Das sei eine Mogelpackung, weil sie nicht den Lohn wie versprochen voll ausgleiche.
Was bietet die Bahn?
Als Wiederholung altbekannter Maximalforderungen wies der Konzern den Lösungsvorschlag der GDL gleich zurück. Der sei so nicht umsetzbar. Damit spricht die Bahn vor allem ein Problem an, dass sie mit kürzeren Arbeitszeiten hat: Sie muss zusätzliches Personal finden. Doch der Arbeitsmarkt biete zu wenige Kräfte. Darum will sie die angebotene 37-Stunden-Woche 2026 auch nur einführen, wenn sie bis dahin genügend Lokführer und Zugbegleiter findet. Das wiederum will die GDL nicht akzeptieren.
Die Bahn bietet den Beschäftigten ein Wahlmodell: Wer keine 37 Stundenwoche will, bekommt 2,7 Prozent mehr Gehalt. Insgesamt soll es damit bis zu 13 Prozent höhere Entgelte geben. Auch das löst bei der GDL nicht gerade Begeisterung aus. Mit der Inflationsprämie von 3.000 statt den gebotenen 2.850 Euro könnte die Bahn wohl leben.
Was ist noch umstritten?
Die GDL heißt zwar immer noch "Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer". Doch organisiert sie inzwischen alle, die an Bord eines Zuges sind. Und für die verhandelt sie auch. Jetzt will die GDL den Organisationsbereich weiter ausbauen. Sie legt ihre Forderungen auch für Beschäftigte der Infrastruktur vor, also zum Beispiel für die Fahrdienstleiter in den Stellwerken. Legen diese die Arbeit nieder, rollt auf der Schiene kein Zug.
Die Bahn weigert sich aber, die GDL als Verhandlungspartner im Bereich der Infrastruktur anzuerkennen. Dort habe die Gewerkschaft einfach zu wenig Mitglieder, so die DB. Der Personalvorstand verweist auf das Tarifeinheitsgesetz. Demnach gilt dort, wo zwei Gewerkschaften miteinander konkurrieren, der Vertrag der jeweils größeren Gewerkschaft. Bei der Bahn ist das über das Unternehmen hinweg betrachtet die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Mit der hat die Bahn bereits im Frühsommer einen Tarifvertrag unterschrieben.
Zurzeit streiten Bahn und GDL vor Gerichten darüber, welche Gewerkschaft in einzelnen Betrieben der Bahn die Mehrheit hat. Ohne die Zusicherung der Bahn, dass auch über Kräfte in der Infrastruktur mit ihr verhandelt wird, will die GDL nicht an den Verhandlungstisch zurückkehren.
- Zum Artikel: "GDL macht Einigungsvorschlag – Bahn lehnt ab"
Im BR24live: Bahn-Tarifkonflikt - kein Ausweg in Sicht?
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!