Die Bürger zu entlasten, die unter den hohen Energiepreisen leiden – das hält ifo-Präsident Clemens Fuest für durchaus richtig. Wenn diese Hilfen wirklich gezielt den Betroffenen zugutekommen. Ein direktes Eingreifen in die Preise, zum Beispiel durch die Senkung der Mineralölsteuer, dagegen sei der falsche Weg.
Zum einen profitierten davon auch Bürger, die es nicht nötig hätten, zum anderen werde so den Menschen vorgegaukelt, dass die "Ware" Energie nicht knapp sei. Das aber ist nach Ansicht des ifo-Präsidenten, die wirkliche Herausforderung für die Zukunft: mit Knappheiten umzugehen.
Nicht nur Energie wird knapp und teuer
Neben den aktuell knappen Gütern, eben der Energie in Form von Öl oder Gas, wird es in den nächsten Jahren weitere geben. Vor allem eine Knappheit an Menschen. Die demographische Entwicklung sorge dafür, dass wir uns genau überlegen müssen, wo unsere Prioritäten liegen. Clemens Fuest nennt da als Beispiel die Debatte über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht: Wenn wir das Militär aufstocken, fehlten die Menschen eben in der Pflege. "Wir müssen uns entscheiden", sagt Fuest – und Prioritäten setzen. Die Politik habe sich leider abgewöhnt, darüber zu diskutieren.
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Der Staat kann nicht alle einzeln schützen
Derzeit wird aber hauptsächlich über Staatshilfen gesprochen und weniger über die langfristigen Folgen, Knappheiten und Prioritäten. Das aber wecke bei der Bevölkerung den Eindruck, der Staat könne seine Bürgerinnen und Bürger wirklich entlasten oder schützen, das sei aber schlicht und einfach falsch, so Fuest. Denn den Anstieg der Energiepreise zum Beispiel könne der Staat nicht einfach aus der Welt schaffen. Wir können die Belastungen nur zwischen den Bürgern umverteilen. Auf die Schultern, die eben mehr tragen können als andere.
Schuldenmachen hilft auch nicht
Höhere Militärausgaben, Unterstützung für die Bürger, die Beschleunigung der Energiewende – all das kostet viel Geld und wird im Moment durch neue Schulden finanziert. Das ist nach Ansicht des ifo-Präsidenten aber nur eine Übergangslösung. Da die Zinsen wieder steigen, verursachen die Schulden neue Ausgaben – die dann wieder mit anderen Ausgaben konkurrieren.
Mittelfristig müsse sich die Regierung deshalb etwas Anderes überlegen. In Frage kämen zum einen Steuererhöhungen. Allerdings müsse man da wieder offen diskutieren: Welche Steuern sollen erhöht werden? Ein neuer Soli? Die Gutverdiener zahlten ja noch den alten weiter, das wäre vor allem für mittelständische Betriebe eine sehr große Belastung. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer hätte keine so starken Auswirkungen auf das Wachstum, würde aber Verbraucherinnen und Verbraucher mit geringem Einkommen belasten.
Alle Ausgaben auf den Prüfstand stellen
Der Münchner Ökonom hält es für unausweichlich, alle Ausgaben des Staates zu überprüfen. Für ihn stellt sich zum Beispiel die Frage, ob wir unbedingt eine Bausparprämie brauchen. Auch bei den Sozialleistungen müsse man sich fragen, ob wir uns das alles leisten können, zumal einige davon nicht sehr zielgenau seien. Diese Fragen müssten gestellt werden, so Fuest.
Könnten in eine Wirtschaftskrise rutschen
Auf die Frage, ob uns ein paar magere Jahre bevorstehen, antwortet der ifo-Präsident mit einem "ja, wahrscheinlich schon". Denn zu der allgemeinen demographischen Entwicklung, die das Wachstum grundsätzlich verlangsamt, kämen eben eine ganze Menge zusätzlicher Belastungen: Die hohen Energiekosten, die Veränderungen im Handel, die auch die Waren verteuern. Und die hohe Inflation, deren Bekämpfung in der Regel auch die Wirtschaft dämpft – all das seien Belastungsfaktoren, die durchaus dazu führen könnten, dass wir kurzfristig "in eine Wirtschaftskrise rücken". Und mittelfristig müssten wir uns darauf einstellen, dass der Kuchen langsamer wächst.
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Das gesamte Gespräch mit Clemens Fuest können Sie auch als Podcast hören. Mit diesem Interview endet die fünfteilige Gesprächsreihe "Der Ukraine-Krieg und seine Folgen". Alle Ausgaben können Sie nachhören in der ARD Audiothek oder hier auf BR24.
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