Die Deutschen sparen angesichts der immens gestiegenen Preise. Und das belastet die Wirtschaft stärker als zunächst angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt ist von Januar bis März gegenüber Ende 2022 um 0,3 Prozent zurückgegangen. Das Statistische Bundesamt hat seine erste Schätzung nun deutlich nach unten korrigiert. Die deutsche Wirtschaft ist damit überraschend in eine leichte sogenannte technische Rezession gerutscht. Denn bei zwei Minus-Quartalen in Folge wird von einer Rezession gesprochen. Im vierten Quartal 2022 war die Wirtschaftsleistung bereits um 0,5 Prozent gesunken.
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Kaufzurückhaltung der Verbraucher belastet die Wirtschaft
In einer ersten Schätzung von Ende April war das Statistische Bundesamt noch von einer Stagnation im ersten Quartal ausgegangen. Als Hauptgrund für das nun festgestellte Minus nennt die Behörde die sinkenden Konsumausgaben wegen der Inflation. "Die Kaufzurückhaltung der privaten Haushalte zeigte sich in verschiedenen Bereichen" so die Statistiker. "Sowohl für Nahrungsmittel und Getränke als auch für Bekleidung und Schuhe sowie für Einrichtungsgegenstände gaben die privaten Haushalte weniger aus als im Vorquartal." Daneben wurden weniger neue Pkw gekauft, was auch mit dem Wegfall der Prämien für Plug-in-Hybride und der Reduzierung der Prämien für Elektrofahrzeuge zum Jahresbeginn zu tun haben dürfte.
Auch der Staat spart
Auch der Staatskonsum gab nach, und zwar um 4,9 Prozent. Positive Impulse kamen dagegen von den Investitionen, die um 3,9 Prozent wuchsen. Hier legten insbesondere die Bauinvestitionen zu, weil wegen des milden Winters weitgehend durchgearbeitet werden konnte. Auch der Außenhandel stützte die Konjunktur, da 0,9 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen exportiert wurden. Die Importe schrumpften dagegen um 0,9 Prozent.
"Das häufig verwendete Kriterium für eine technische Rezession ist nun erfüllt", kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer die Entwicklung. "Die massiv gestiegenen Energiepreise haben im Winterhalbjahr ihren Tribut gefordert."
Wirtschaftliche Lage bessert sich nur langsam
Ein kräftiger Aufschwung ist vorerst nicht in Sicht. Die Bundesbank rechnet im Frühjahr zumindest mit einem leichten Wachstum. "Im zweiten Quartal 2023 dürfte die Wirtschaftsleistung wieder leicht ansteigen", heißt es im aktuellen Monatsbericht. Nachlassende Lieferengpässe, hohe Auftragspolster und die gesunkenen Energiepreise sollten dann für eine Erholung in der Industrie sorgen. "Dies dürfte auch die Exporte stützen, zumal die globale Konjunktur wieder etwas Tritt gefasst hat", erwartet die Bundesbank.
Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem BIP-Wachstum von 0,4 Prozent. 2024 soll es dann zu einem kräftigeren Anstieg von 1,6 Prozent reichen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte es ein Wachstum von 1,8 Prozent gegeben.
Hinweis der Redaktion: Wir haben die Formulierung im Teaser geändert, hier schrieben wir zunächst "Grund dafür: die sparsamen Bürger".
In Audio und Text argumentieren wir viel differenzierter, nicht nur die Bürger, auch der Staat hält sich spürbar zurück. Zudem ist die gesunkenen Nachfrage selbst eine Folge von Ukraine-Krieg, gestiegenen Heizkosten und allgemeiner Inflation. Wir danken für die Kritik!
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