Die hohen Strompreise sind längst auch bei den Elektroautos angekommen. Jahrelang fiel bei den Energiekosten der Vergleich mit Benzin- und Dieselfahrzeugen zugunsten der E-Autos aus. Doch an öffentlichen Ladesäulen haben sich die Preise innerhalb eines Jahres stark erhöht. Und auch wer sein E-Auto zu Hause aufladen will und keinen eigenen Strom produziert, muss inzwischen genau rechnen.
- Zum Artikel: "Trotz Preisbremse: Warum steigen die Energiekosten?"
Verteuerung um rund zwei Drittel
Vor dem Ukraine-Krieg ließ sich der Strom fürs E-Auto noch mit rund 30 Cent pro Kilowattstunde kalkulieren. An öffentlichen Ladestationen war es immer schon teurer, vor allem an Schnell-Ladesäulen.
Für 2023 rechnet das Prognos Institut nun mit 50 Cent. Das Vergleichsportal Verivox ermittelte für Haushaltsstrom Anfang Januar einen Durchschnittspreis von 48 Cent. Zu diesem Preis ließe sich daheim auch eine Wallbox betreiben. Bei einem üblichen Durchschnittsverbrauch wären dann für 100 Kilometer mit dem E-Auto rund 10 Euro für den Strom fällig.
Bis zum doppelten Preis beim schnellen Nachladen unterwegs
Bis zu doppelt so viel kann es der App 'Ladefuchs' zufolge werden, wenn man unterwegs an der Autobahn nachladen muss. Die Tankkosten eines vergleichbaren Verbrenners werden dabei häufig sogar überschritten. Ein günstiger Roaming-Vertrag hilft dann zwar, Kosten zu sparen. Aber auch solche Tarife sind teurer und komplizierter geworden.
So verlangt EnBW in einem Basistarif an fremden Ladesäulen seit Mitte Januar nicht mehr 45 Cent, sondern 65 Cent für die Kilowattstunde und bei sogenannten Hochpreisbetreibern an der Autobahn sogar noch deutlich mehr.
Kleines Trostpflaster für alle Neukunden: Wer ein E-Auto neu kauft, kann je nach Hersteller besondere Preisnachlässe erwarten, wie etwa ein Jahr lang zu einem niedrigeren Strompreis zu tanken. Dafür gibt es zum Beispiel Apps wie die von BMW Charging. Doch selbst dort haben sich die Konditionen in den letzten Monaten deutlich verschlechtert.
München besonders teuer mit nächster Preiserhöhung ab April
Und auch in den Städten sind die Preise gestiegen. Die Stadtwerke München (SWM) haben für ihre Karteninhaber bereits die zweite Preiserhöhung in zwei Jahren angekündigt: um jeweils 10 Cent pro Kilowattstunde. Selbst mit der SWM-Ladekarte kostet es ab April also im gesamten Münchener Verbund 0,59 Euro mit langsamem Wechselstrom und an den schnelleren DC-Ladepunkten mit Gleichstrom 0,79 Euro brutto. Da kann es günstiger sein, mit Fremdkarten oder Apps von anderen E-Mobilitäts-Providern zu laden. Auch die SWM-Karte lässt sich außerhalb von München nutzen.
Massive Nachteile jetzt für "Laternenparker" in den Städten
Vor allem für innerstädtische Laternenparker, also E-Autobesitzer ohne eigene Lademöglichkeit, gibt es Kostenfallen. Die E-Mobilitätsprovider begrenzen die maximale Zeit an der öffentlichen Steckdose häufig. Das reicht manchmal nicht, um das Auto komplett aufzuladen. Danach ist eine Blockiergebühr fällig, weil der Ladepunkt nicht für das nächste Fahrzeug frei gemacht wurde. Wer eine solche Strafe nicht zahlen will, muss sich also nach dem Aufladen erneut auf die Suche nach einem Parkplatz ohne E-Anschluss machen.
Die Strafgebühr war früher meist gedeckelt, zum Beispiel bei 12 Euro. Inzwischen wird aber immer häufiger sekundengenau abgerechnet ohne zeitliche Begrenzung. Das kann zum Beispiel bei Supercharger von Tesla bis zu einem Euro pro Minute kosten, sofern alle Ladepunkte der Station belegt sind. Das Auto über Nacht abzustellen und aufzuladen ist dann nicht mehr möglich - oder extrem teuer.
Zunehmend Streit um Ladeplätze und Fehlanzeigen der App
Bis Ende letzten Jahres ist die Zahl der privaten E-Autobesitzer in Deutschland auf stattliche 618.500 angewachsen. Viele wollten noch die höheren staatlichen Kaufprämien mitnehmen. Im neuen Jahr gingen die Neuzulassungen zunächst deutlich zurück. Das dürfte auch an der Lade-Infrastruktur liegen: Statistisch gesehen teilen sich immer mehr E-Autos einen Ladepunkt.
Außerdem werden die dazugehörigen Smartphone-Apps unzuverlässiger. Viele Apps zeigen freie Plätze an, die in Wahrheit noch besetzt sind. Die App hat in so einem Fall nur gemeldet bekommen, dass der Ladevorgang abgeschlossen wurde. Sie rechnet also fest damit, dass der Ladepunkt schon so gut wie frei ist, aber das Gegenteil ist der Fall. Stattdessen blockiert hier jemand die Säule. Um eine Strafgebühr zu vermeiden, ziehen manche Blockierer nach dem Laden einfach den Stecker und lassen das Fahrzeug stehen. Das macht es auch nicht leichter für andere, die ebenfalls Strom tanken wollen.
Kaum noch kostenlose Lademöglichkeiten für E-Autos
Vorbei sind auch die Zeiten des kostenlosen Aufladens. Als E-Autos noch selten waren, warben einige Einzelhändler wie Möbelhäuser oder Discounter noch mit kostenlosen Lademöglichkeiten auf ihren Kundenparkplätzen. Doch die meisten dieser Angebote wurden inzwischen eingestellt oder umgestellt auf ganz normale Bezahlmodelle.
Die Erfahrung war, dass die kostenlosen Plätze oft nicht von den eigenen Kunden belegt wurden. Aus dem Ladepunkt konnte so ein Streitpunkt werden um unberechtigt dort abgestellte Fahrzeuge. So hat zum Beispiel die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland Ende 2022 auf ein Bezahlmodell umgestellt.
Auch bei Arbeitgebern ist der Anreiz inzwischen nicht mehr sonderlich groß, im Büro den Mitarbeitenden kostenlose Lademöglichkeiten anzubieten. Das wiederum könnte an der gestiegenen Zahl der E-Fahrzeuge liegen, was eine solche Versorgung aufwändiger macht. Hinzu kommt noch die flächendeckende Umstellung auf Homeoffice während der Corona-Pandemie. Wenn es keine Anwesenheitspflichten wie früher mehr gibt, und viele zu Hause arbeiten können, ergibt es weniger Sinn, für solche Mitarbeiter teure Ladepunkte zu errichten.
- Zum Artikel: "Nach Fördersenkung: Lohnen sich E-Autos noch?"
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