In einem Punkt waren sich alle, die kürzlich zum Autogipfel im Kanzleramt kamen, einig: Das Ziel, bis 2030 etwa 15 Millionen Elektroautos auf die deutschen Straßen zu bringen, scheint kaum haltbar. Außerdem gäbe es kaum erschwingliche, elektrische Kleinwagen. Gerade auch von deutschen Autoherstellern.
Dabei ist und bleibt der Preis beim Autokauf entscheidend, wie eine aktuelle repräsentative Umfrage des Versicherers DEVK bestätigt: Für mehr als drei Viertel aller Befragten ist es das wichtigste Kriterium. Erst mit großem Abstand folgen Aspekte wie Sicherheit oder eben die Antriebsart (42 Prozent).
E-Autos: Kaum Neuwagen um 20.000 Euro
Bis auf den rumänischen Hersteller Dacia, der zu Renault gehört, hatte zuletzt kaum ein europäischer Konzern E-Neuwagen im Angebot, die um die 20.000 Euro kosten. Der französische Autohersteller Citroën hat jetzt immerhin für das Frühjahr 2024 den "ë-C3" mit einer Reichweite von 320 Kilometern vorgestellt. Basispreis: 23.300 Euro. Auch Volkswagen präsentierte zwar im Frühjahr ein Showcar namens "ID.2all", das in der Basisausstattung weniger als 25.000 Euro kosten soll. Eine Serienversion ist jedoch nicht vor 2025 zu erwarten.
In den letzten Jahren hatte lediglich Renault, mit "Zoe" und dem elektrischen "Twingo" noch beliebte E-Kleinwagen zu bieten. Doch die Modelle gelten als technisch veraltet. Entsprechend heftig trifft den französischen Autobauer die Konkurrenz aus China. Hier wurden zum Beispiel von BYD bereits im Frühjahr Kleinwagen – angeblich schon mit der günstigeren Natrium-Ionen-Batterie – von umgerechnet knapp 11.000 Euro angekündigt.
Weniger Neuzulassungen nach Wegfall von Förderungen
Im Oktober 2023 lag der Anteil der reinen Elektroautos an den Neuzulassungen in Deutschland, laut Kraftfahrtbundesamt, gerade mal bei 17 Prozent. Zuvor gab es bereits massive Einbrüche durch das Auslaufen von Kaufprämien und der Förderung gewerblicher E-Autos Ende August. Autohersteller VW reduzierte aufgrund schwacher Nachfrage die Produktion von Elektroautos.
Wenn es neu schon nicht rund läuft, macht sich das auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt bemerkbar. Nur etwa 1,2 Prozent aller Umschreibungen betreffen Elektroautos. Dieser Anteil dürfte jedoch durch die steigende Anzahl von Leasingrückläufern und eine größere Auswahl an Modellen künftig stetig steigen.
Gebrauchte bleiben in Deutschland
Ein grundsätzliches Problem des deutschen Gebrauchtwagenmarkts der letzten Jahre: Die häufig wechselnde Förderanreize in Europa. Besonders in Skandinavien erzielen gebrauchte Elektroautos attraktive Preise. Im Extremfall konnten noch Anfang 2022 neue gebrauchte Tesla aus Deutschland aufgrund der hohen Nachfrage in Finnland, Dänemark oder Norwegen dort zu einem höheren Preis als dem hiesigen Neupreis verkauft werden.
Mittlerweile scheint sich die Situation am deutschen Gebrauchtwagenmarkt wieder normalisiert zu haben, auch wenn sich die günstigeren Angebote oft auf Fahrzeuge der Baujahre 2016 bis 2018 konzentrieren. "Und wenn man sich einen 'Nissan Leaf' anschaut, eines der meistverkauften Autos aus der Zeit, erschrickt man fast ein bisschen, weil der hatte damals 24 Kilowattstunden Akkukapazität und eine reale Autobahnreichweite von 110, 120 Kilometern", sagt Sepp Reitberger, Chefredakteur von e-fahrer.com, dem Onlineportal für Elektromobilität von CHIP.
Wichtig: Eigene Bedürfnisse checken
Im Vergleich dazu sind dreijährige Leasing-Rückläufer, die jetzt verstärkt auf den E-Gebrauchtwagenmarkt drängen, natürlich wesentlich teurer. Doch auch technisch veraltete, gebrauchte E-Autos um die 10.000 Euro können noch ihren Zweck erfüllen, sagt E-Auto-Experte Sepp Reitberger: "Als Zweitwagen fürs tägliche Pendeln, in einem urbanen Großraum, wo die täglichen Strecken selten über 50 oder 60 Kilometer hinausgehen. Dann sind es perfekt praxistaugliche Autos." Dafür sprechen meist auch die Laufleistungen und Kilometerstände der entsprechenden Fahrzeuge.
Robuster Wiederverkaufswert
Wie lange ein gebrauchtes Elektroauto zum Verkauf steht, hängt stark vom jeweiligen Modell ab, sagt Matthias Vogt, Elektromobilitätsexperte des ADAC: "Es gibt Modelle, die sind begehrt, weil sie vielleicht einen besonders guten Ruf, besonders gute Technik haben und andere sind weniger begehrt. Und dann geht es nur über Preisabschlag."
Bei einem Tesla "Model 3", das vor zwei Jahren geleast wurde, sollen Leasingunternehmen den Fahrern sogar Zuschläge geboten haben, wenn sie bereit sind, das Fahrzeug vorzeitig abzugeben, was auf eine signifikante Aufwertung des Restwerts hindeutet. Insgesamt scheinen sich Bedenken hinsichtlich des Wiederverkaufs von Elektrofahrzeugen jedenfalls nicht zu bewahrheiten.
Batterieleistung und Reichweite von Gebrauchten
Der Verschleiß einer E-Auto-Batterie hängt vom Alter, der Nutzung und auch vom Fahrverhalten ab. Ein Batteriecheck bringt hier Klarheit. Wer vorwiegend längere Strecken fahren möchte, sollte sich außerdem über die Schnellladeleistung des Gebrauchten informieren, da sie bestimmt, wie schnell die Batterie unterwegs wieder aufgeladen werden kann. Bis auf wenige Ausnahmen geben die Autohersteller auf den Akku eine Garantie von mindestens acht Jahren und 160.000 Kilometer.
Grundsätzlich liefert eine E-Autobatterie aber länger Leistung, als viele annehmen. In der Regel sollten Elektroauto-Batterien etwa 1.000 vollständige Ladezyklen überstehen, bevor ihre Leistung nachlässt. Dies entspricht beim oben genannten gebrauchten "Nissan Leaf" etwa 150.000 bis 170.000 Kilometern. Bei neueren Autos, die rund 300 bis 500 Kilometer Reichweite haben, entspricht das einer Akku-Lebensdauer von 300.000 bis 500.000 Kilometer. Und selbst nach mehr als 1.000 Be- und Entladungen ist der Akku noch nicht am Ende, sondern bringt nur nicht mehr die volle Leistung. Entsprechende Tests des ADAC unterstreichen das.
Batteriecheck gibt Sicherheit
Mittlerweile lässt sich der "State of Health", also der Gesundheitszustand einer Autobatterie mittels zahlreicher Diagnose-Tools sehr gut auslesen. "Inzwischen gibt es Batterietest-Verfahren am Markt, die sogar durch Endkunden angewendet werden können", sagt E-Autoexperte Matthias Vogt vom ADAC, "man fährt die Batterie leer und erhält dann die Informationen, wie viel Energie konnte noch entnommen werden." In Bezug auf den Neuzustand ein wichtiger Punkt beim Wiederverkauf. Entsprechende Zertifikate bieten sowohl die Hersteller als auch ADAC oder der TÜV an.
Wartung und Reparaturkosten
Die Wartung von Elektroautos ist im Allgemeinen günstiger als bei Verbrennungsfahrzeugen, da viele Wartungsaspekte wegfallen: kein Ölwechsel, keine Filterwechsel, kein Zahnriemen, kein Auspuff, kein Katalysator. Matthias Vogt, Elektromobilitätsexperte beim ADAC, sieht allerdings das Problem, dass einige Werkstätten, die eingesparten Kosten offenbar kompensieren möchten: "Also man bekommt den Eindruck, manche Händler holen sich den entfallenen Ölwechsel über höhere Lohnkosten oder Teilekosten wieder rein." Daher rät er dazu, mehrere Kostenvoranschläge einzuholen, zu vergleichen und sich für die kostengünstigste Option zu entscheiden oder zu verhandeln.
Bei der regelmäßigen Wartung von E-Autos stellt US-Hersteller Tesla eine Ausnahme dar: "Bei Tesla gibt es überhaupt keine Wartungsintervalle. Das Auto sagt einem, wenn was zu machen ist", erklärt Sepp Reitberger, Chefredakteur von e-fahrer.com. "Und es gibt ganz viele Leute, die drei Jahre lang und 80.000 Kilometer rumgefahren sind, ohne dass das Auto jemals gesagt hätte, dass es zur Werkstatt will." Im Gegensatz dazu legen deutsche Premiumhersteller Wert auf regelmäßige Service-Checks, um die Garantiebedingungen einzuhalten, ähnlich wie bei Verbrennern.
Beim Kauf eines gebrauchten E-Autos sind natürlich regelmäßige Wartungen auch Beleg für ein einwandfreies "Vorleben" des Fahrzeugs. Ohne genaue Dokumentation könnten Probleme bei Ansprüchen auftreten, insbesondere wenn es um langjährige Garantieversprechen für die Batterie geht.
Finanzielle Anreize für gebrauchte E-Autos
Ob der Kauf von Elektroautos überhaupt noch einer massiven Förderung bedarf, ist umstritten. Soll doch der Markt Angebot und Nachfrage regeln und nicht der Steuerzahler, meinen viele Wirtschaftsexperten. Daher wurden in Deutschland auch entsprechende Förderungen heruntergefahren. Die europäische Autoindustrie drängt dagegen gerade verstärkt auf Förderung im Bereich Elektromobilität. Der Branchenverband Acea fordert ganz konkret von der EU eine "Erweiterung von Kaufanreizen, Beschaffungsprogrammen und steuerlichen Vergünstigungen sowohl für Verbraucher als auch Unternehmen".
In Deutschland sind derzeit Elektroautos noch für zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit. Diese Regelung gilt vorerst bis 2030. Das bedeutet, ein gebrauchtes E-Auto, das aus dem Jahr 2017 stammt, bleibt bis 2027 von der Kfz-Steuer befreit. Was die Versicherungen betrifft, erklärt Matthias Vogt vom ADAC, gibt es – je nach Modell – auch Rabatte: "Das kann entweder daran liegen, dass die Fahrer möglicherweise risikobereiter sind, oder dass der Hersteller besonders teure Reparaturlösungen anbietet." Das schlägt sich dann bei den Versicherungseinstufungen nieder. Hier hilft nur im Voraus zu prüfen, wie das eigene Fahrzeug eingestuft ist und zu vergleichen.
Im Audio vom 27.11.: Wann kommt das bezahlbare E-Auto?
Dieser Artikel ist erstmals am 3.12. auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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