Der neue Glücksspielstaatsvertrag ermöglicht ab dem 1. Juli den Betrieb von Online-Casinos und Automatenspielen in ganz Deutschland. Durch das Glücksspiel und die neuen Lizenzen versprechen sich die Länder Mehreinnahmen durch die Glücksspielsteuer in Milliardenhöhe. Dabei soll der Spielerschutz und die Suchtprävention laut Bundesinnenministerium nicht zu kurz kommen.
Suchtexperten fordern mehr Spielerschutz
Es dürfen nur Erwachsene um Geld spielen. Um eine Alterskontrolle zu gewährleisten, muss man sich vorher online registrieren. Eine Behörde mit Sitz in Sachsen-Anhalt soll künftig bundesweit darüber wachen, dass Spieler nicht mehr als 1000 Euro einzahlen und nutzen - über alle Anbieter hinweg. Das Bundesinnenministerium spricht von "restriktiven Voraussetzungen". Doch Konrad Landgraf von der Landesstelle für Glücksspielsucht in Bayern, geht das im Interview mit dem BR nicht weit genug.
"Man geht davon aus, dass eine Familie im Durchschnitt 250 – 300 Euro pro Monat für Freizeitausgaben zur Verfügung hat. Und jetzt kann ich aber schon 1000 Euro im Monat in Glücksspiel stecken. Der Betrag ist viel zu hoch und führt für viele Menschen trotzdem zu Problemen." Konrad Landgraf, Geschäftsführer der Landesstelle für Glücksspielsucht in Bayern
Die ständige Verfügbarkeit erhöhe das Suchtpotential. Diese Gefahr dürfe man nicht zugunsten höherer Steuereinnahmen in Kauf nehmen. Das Angebot legalen Glücksspiels war bislang auf Lotterie-Produkte und Sportwetten begrenzt. Lediglich Schleswig-Holstein hat bereits Lizenzen an Online-Casinos verteilt.
Studienlage zu den Auswirkungen lückenhaft
Der Suchtexperte Konrad Landgraf bemängelt weiter, dass man in der Vergangenheit versäumt hätte, die Öffnung des Marktes in Schleswig-Holstein wissenschaftlich fundiert zu begleiten. Seiner Meinung nach hat der Staat somit verpasst, den Vorreiter Schleswig-Holstein als Modellregion zu nutzen. Die tatsächlichen Folgen für das Spielverhalten lassen sich wohl erst in einigen Jahren wissenschaftlich überprüfen.
Auch der Bremer Glücksspielforscher Tobias Hayer hat bereits gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) vor Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags vor erhöhten Suchtgefahren gewarnt und das wirtschaftliche Interesse der Länder angeprangert.
Problematisches Spielen schnell erkennen
Eine Glücksspielsucht oder problematisches Glücksspielverhalten haben einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zufolge rund 430 000 Menschen in Deutschland. Mit dem "Check dein Spiel"-Präventionsprogramm bietet die BZgA ein Beratungsangebot zum Thema Glücksspiel. So will sie Menschen mit den für die Risiken des Glückspiels sensibilisieren und einer Glücksspielsucht vorbeugen.
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