Goldbarren in Schließfach
Bildrechte: dpa/Sven Hoppe

Gold in physischer Form wird weltweit als Wertspeicher und Kapitalschutz akzeptiert - nicht nur in Krisenzeiten ist das ein Vorteil.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Gold mit neuem Allzeithoch: Gründe und Perspektiven

Der Goldpreis hat in US-Dollar und Euro neue Allzeithochs erreicht und steht in Schweizer Franken kurz davor. Anders als im April sind chinesische Käufer diesmal nicht die Preistreiber. Worauf Edelmetall-Anleger jetzt achten müssen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Heute früh zwischen vier und fünf Uhr erreichte der Goldpreis mit 2.482,49 US-Dollar und 2.286,88 Euro ein neues Allzeithoch in diesen Währungen. Im ersten Halbjahr 2024 stieg der Goldpreis damit um zwölf Prozent und setzt damit seinen gewaltigen Aufwärtstrend (plus 460 Prozent seit 2005) fort.

Wie werden sich die Edelmetallpreise nach neuen Höchstständen beim Gold voraussichtlich weiter entwickeln? BR24 hat bei Markteilnehmern und Analysten nachgefragt und Informationen eingeholt. Diese sind keine Anlageempfehlungen, sondern lediglich Einschätzungen von Experten.

Dabei ergibt sich eine klare Dreiteilung: Gold wird langfristig überwiegend positiv bewertet, Silber mit Einschränkungen, die Entwicklung bei Industriemetallen wie Platin oder Palladium bleibt hingegen eher ungeklärt bis negativ.

Grafik: Entwicklung des Goldpreises in den vergangenen 5 Jahren

Langfristige Kaufgründe bleiben valide

Weltweit weiter ansteigende Schulden und Geldentwertung: Weil sich die Finanzstabilität wichtiger Volkswirtschaften und Währungsräume immer weiter verschlechtert, ist dieses Standardargument für Kapitalschutz durch Edelmetalle aktueller denn je. Zudem erwartet der Markt spätestens für September wieder sinkende Zinsen in den USA mit den üblichen Nachzüglereffekten anderer Zentralbanken. Gut für Gold, allerdings, so der Edelmetallexperte Markus Blaschzok, ist diese Fantasie bereits eingepreist.

Währungsexperte Folker Hellmeyer führt auch geopolitische Risiken an, die Gold darüber hinaus stützen sollten. Neben der Suche nach sicheren Kapitalanlagen wegen latenter Kriegsgefahren ist eine gewisse Abkehr vom US-Dollar zu beobachten. Dieser Prozess der De-Dollarisierung werde weitergehen, indem Zentralbanken vor allem der BRICS-Staaten Währungsreserven in US-Dollar durch Gold und andere Vermögenswerte ersetzen - auch aus geostrategischen Gründen. Offizielle Daten der Zentralbankstatistiken weisen diesen Trend seit 2018/19 nach. Auch wenn die chinesische Zentralbank PBoC im Juni Pause gemacht hat, ist dieses Muster intakt: Anleger im Westen verkaufen zwar, aber der globale Osten kauft per Saldo mehr.

Grundsätzlich jedoch haben politische Motive eher kurzfristige Auswirkungen auf die Kapitalmärkte. Ob es auch beim sogenannten "Trump-Trade" so sein wird, bleibt nach Expertenmeinung abzuwarten. Nach dem Attentat vom Wochenende reagierten die Märkte jedenfalls mit Investments, die von einem Wahlsieg Donald Trumps profitieren könnten. Weil seine Unterstützung für eine lockerere Geldpolitik und höhere Zölle inflationstreibend wirken kann, stieg neben Bitcoin auch die Nachfrage nach Gold.

Kurzfristige Risiken

Marktbeobachter warnen dennoch vor Sorglosigkeit, vor allem mit Blick auf die "Papiergold-Märkte", also Zertifikate, die auf den Goldpreis wetten. Zwar verzeichnen die physisch besicherten Gold-ETF-Produkte seit Mai wieder Zuflüsse. Vorangegangen waren aber seit Jahresbeginn hohe Abflüsse auf den niedrigsten Stand seit 2020. Offenbar setzen große Spekulanten mit Verkaufsoptionen auf ein Abebben der physischen Nachfrage von Zentralbanken und Gewinnmitnahmen durch asiatische Investoren. Darauf deuten Daten der COMEX, des weltweit größten Handelsplatzes für Gold-Futures, hin. "Dieses Damoklesschwert schwebt weiterhin über dem Goldmarkt", so Analyst Markus Blaschzok.

Rezessionsgefahren schlecht für Industriemetalle

Weltweite Rezessionsgefahren könnten aufgrund der instabilen geopolitischen Lage ebenfalls belasten. Man denke nur an eine mögliche weitere Eskalation im Nahen Osten mit negativen Folgen für den Ölpreis oder an die Unterbrechung von Lieferketten, zum Beispiel von Halbleitern oder seltenen Erden, durch zunehmende Spannungen in der Taiwan-Frage. Starke Einbrüche der Aktienmärkte würden vermutlich auch Gold mitreißen, bis die Notenbanken mit dem Drucken von Geld darauf reagieren - so jedenfalls die Erfahrungswerte der jüngeren Vergangenheit.

Gravierender wären die Auswirkungen jedoch auf die Nachfrage nach reinen Industriemetallen. Silber hat dabei eine Zwitterposition als "Gold der kleinen Leute" und wichtiger Rohstoff zugleich und kämpft im Windschatten von Gold gerade um die Bestätigung seines Aufwärtstrends über 30 US-Dollar.

Anders die Lage bei den vor allem für die Autoindustrie wichtigen Metallen Platin und Palladium. Dessen Preis fällt nach Höchstständen bereits seit zwei Jahren wegen eines Überangebots am Markt. Eine Rezession würde den momentanen Kaufkurs knapp unter 1.000 US-Dollar weiter belasten. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Platin, das einen mächtigen Kursrückschlag seit Mai erlebt und ebenfalls um die 1.000-US-Dollar-Hürde kämpft.

Der Anlagehorizont entscheidet mehr denn je

Wer Gold und andere Edelmetalle als Vermögensschutz betrachtet, wird durch die aktuelle Preisentwicklung bestätigt. Maßgeblich für solche Entscheidungen von privaten und institutionellen Anlegern ist der robuste langfristige Aufwärtstrend. Weil die wirtschaftlichen und geopolitischen Risiken für sie überwiegen, werden sie mehrheitlich wohl weiter halten oder zukaufen. Dabei ist zwischen Gold als Wertspeicher und konjunkturabhängigen Industriemetallen wie Silber, Platin oder Palladium zu unterscheiden.

Wer diese Sichtweise nicht teilt oder als Kurzfristspekulant lediglich auf Preisanstiege in Papiergeld und auf Gewinnmitnahmen setzt, muss neben der Zinspolitik der Notenbanken die Terminmärkte und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Blick behalten und kommt dann unter Umständen zu einer anderen Entscheidung.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!