Reinhard Uihlein war eigentlich immer ein Macher. Schon mit Anfang 20 hat er begonnen, sich seinen Schreinereibetrieb in Nürnberg-Katzwang aufzubauen. Inzwischen hat der 61-Jährige 5.000 Bestandskunden, die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Aber das Personal fehlt.
Schreinermeister sitzt meist im Rollstuhl
Vor elf Jahren bekam der Schreinermeister die erschütternde Diagnose: Er hat eine schwere Autoimmunerkrankung. Von Jahr zu Jahr verschlechterte sich sein Zustand. Das Heben der Arme fällt schwer, laufen und stehen geht nur noch zeitweise. Inzwischen sitzt Reinhard Uihlein meist im E-Rolli.
Das hält ihn aber nicht davon ab, täglich den Betrieb zu führen. Reinhard Uihlein schreibt Aufträge, entwirft Schrankwände, Treppenkonstruktionen oder andere Möbelstücke aus Holz. Das ist sein Element. Seine Mitarbeiter führen die Entwürfe aus. Trotz Reinhard Uihleins Erkrankung läuft der Laden irgendwie. "Extravagante Konstruktionen, individuelle Lösungen, das war immer mein Ding", erzählt der Schreinermeister.
Meister und Geselle weg
Anfang des Jahres dann ein Rückschlag: Der Meister in der Schreinerei erkrankt überraschend und kommt wohl nicht mehr zurück. Zudem kündigt ein Geselle. Dem sei es wohl einfach zu viel geworden, konstatiert der Chef.
Ohne Meister und Geselle könne er den Betrieb aber nicht weiterführen. Auf Azubi Julian Kreutzer lastet zu viel Arbeit. Der 20-Jährige tut, was er kann, steht aber kurz vor seinen Abschlussprüfungen und muss auch noch sein Gesellenstück bauen. Personal ist also dringend nötig, um die Schreinerei am Laufen zu halten.
Personalsuche bislang erfolglos
Reinhard Uihlein sieht sein Lebenswerk in Gefahr. 38 Jahre hat er in seine Schreinerei investiert, oft sieben Tage in der Woche. In Spitzenzeiten hatte er zehn Mitarbeitende. Jetzt sucht er seit Monaten händeringend Personal. Auch eine Übernahme des mittelständischen Betriebs sei denkbar, sagt er.
Doch bisher alles Fehlanzeige. Der Schreinermeister hat Anzeigen in der Zeitung geschaltet, steht mit dem Arbeitsamt und der Handwerkskammer in Kontakt. Die wenigen Bewerbungen, die er erhalten habe, seien alle nicht besonders vielversprechend. "Es sind halt auch viele schwarze Schafe dabei. Es muss schon ein bisschen passen", meint Reinhard Uihlein.
Viele Handwerksbetriebe suchen Nachfolger
Mit dem Problem einer fehlenden Nachfolge ist der Schreinermeister nicht allein. Nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) suchen aktuell mindestens 125.000 Familienunternehmen in Deutschland nach einer Lösung, 5.000 sind es in Mittelfranken.
Bayernweit stehen laut Wirtschaftsministerium zwischen 2022 und 2026 nahezu 36.500 Betriebe aller Branchen vor einem Generationenwechsel. Dass der Wechsel gelingt, ist wichtig, denn auch wenn die Unternehmen oft klein sind – in der Summe arbeiten bei ihnen 618.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte.
Schreinerei in Gefahr
Wenn er das Personalproblem nicht zeitnah lösen könne, sagt Reinhard Uihlein aus Nürnberg-Katzwang, muss er den Betrieb schließen. Das sei sehr schade, denn ein potenzieller Nachfolger oder Nachfolgerin könne sich fast in ein gemachtes Nest setzen, müsse fast nichts investieren. Verantwortung übernehmen, sagt der Schreinermeister ernüchtert, sei aber aktuell wohl nicht besonders gefragt.
Dieser Artikel ist erstmals am 1. Mai 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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