Eine Person hält in einer Hand Euro-Münzen.
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Die Kaufkraft des Euro ist in Deutschland auch im Juli gesunken. Die Inflationsrate lag über sechs Prozent.

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Inflationsrate von 6,2 Prozent im Juli bestätigt

Das Statistische Bundesamt hat seine Schätzung der Inflationsrate für Juli von 6,2 Prozent bestätigt. Der Preisanstieg ist damit etwas niedriger als im Vormonat Juni. Die Teuerung bleibt aber wesentlich höher als in vielen anderen Euro-Ländern.

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Seine Schätzung der Inflationsrate für Juli von 6,2 Prozent hat das Statistische Bundesamt bestätigt. Nur geringfügig ging damit die Inflationsrate im Juli gegenüber dem Vormonat Juni zurück: Von 6,4 Prozent auf 6,2 Prozent zum Vergleichsmonat im Vorjahr.

Keine Entspannung für Verbraucher

Im direkten Monatsvergleich ergibt sich ein Preisanstieg von 0,3 Prozent, also keine Entspannung für die Verbraucher. Im Mai war der Anstieg der Verbraucherpreise schon einmal etwas geringer. Die Inflationsrate habe sich abgeschwächt, bleibe aber weiterhin auf einem hohen Niveau, sagt Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamts.

Nahrungsmittelpreise treiben Inflation

Besonders die Preisentwicklung von Nahrungsmitteln treibe die Inflation weiter an, so Brand. Zudem erhöhten sich die Energiepreise wieder etwas stärker als in den beiden Vormonaten. Ökonomen hatten im zweiten Halbjahr mit einem deutlicheren Rückgang gerechnet.

Der anhaltende Preisanstieg führt nicht nur zu einer Kaufzurückhaltung der Verbraucher, er lähmt auch die übrige Wirtschaft und kostet viel Wachstum. Laut Statistischem Bundesamt lag das Wachstum in Deutschland zuletzt bei null Prozent.

Statistik erschwert den Vergleich mit anderen Euro-Ländern

In den meisten anderen Euro-Ländern ist die Teuerung inzwischen niedriger und die Wirtschaftsleistung höher. So stellt die Europäische Zentralbank seit Ende letzten Jahres für den gesamten Euroraum einen kontinuierlichen Rückgang der Inflation fest, die im Mai 5,5 Prozent betrug - allerdings nach der europäischen Messmethode mit dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI).

Der HVPI weist für Deutschland deutlich höhere Preise aus als der Verbraucherpreisindex (VPI), den das Statistische Bundesamt immer noch benutzt, während andere Institutionen wie die Bundesbank längst auch auf die europäische Messmethode (HVPI) umgestellt haben. Politisch mag es gewollt sein, dass die Zahlen für Deutschland auf den ersten Blick niedriger erscheinen und erst auf den zweiten Blick im europäischen Vergleich höher ausfallen.

Zweistellige Werte bei Lebensmitteln

An der Spitze der Teuerung liegen nach wie vor die Nahrungsmittel, die im Juli 11,0 Prozent mehr kosteten als ein Jahr zuvor. Spürbar mehr mussten Verbraucherinnen und Verbraucher für Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren hinlegen (mit 18,9 Prozent). Bei Brot und Getreideerzeugnissen ging es um 16,6 Prozent nach oben und bei Gemüse um 15,7 Prozent. Fisch verteuerte sich um 14,1 Prozent. Bei alkoholfreien Getränken waren es 10,9 Prozent. Billiger als im Juli 2022 waren vor allem Speisefette und -öle, und zwar um minus 12,9 Prozent.

Energie bleibt teuer

Bei den Energiepreisen, die im letzten Jahr nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs eine Preiswelle auslösten, zeichnet sich eine weitere Beruhigung ab. Das Statistische Bundesamt meldet beim Strom nur einen geringen Preisrückgang, während Kraftstoffe und Heizöl sich auf einem niedrigeren Niveau als 2022 eingependelt haben. Der Wegfall der EEG-Umlage beim Strom zum Juli 2022 brachte für die privaten Haushalte nicht die erhoffte Entspannung bei den Energiepreisen, weil andere Preisfaktoren einfach stärker sind. So erhöhten sich Netzentgelte sowie die Grund- und Lieferpreise deutlich trotz der staatlichen Preisbremsen für die Energiekonzerne.

Kernrate mit 5,5 Prozent weiterhin hoch

Problematisch finden die meisten Ökonomen und auch die EZB vor allem den Anstieg der Kernrate (ohne Nahrungsmittel und Inflation), die darauf schließen lässt, dass sich die hohe Teuerung vor allem in Deutschland verfestigen könnte. So ist die Kerninflation mit 5,5 Prozent in Deutschland für die Notenbank alarmierend hoch und gilt als Hauptargument für höhere Zinsen. Vereinfacht gesagt ist zu vermuten, dass die EZB erst dann ihre Geldpolitik wieder lockern kann, wenn diese Kernrate zurückgeht. Im Moment ist das Gegenteil der Fall. Solange die Inflation dadurch an Breite gewinnt und sich weiter "durchfrisst" auf immer mehr Waren und Dienstleistungen, ist bei den Zinsen keine Entspannung in Sicht.

Haushalte mit niedrigeren Einkommen besonders betroffen

Grundsätzlich liegt das vor allem daran, dass Waren und Dienstleistungen sich einfach weiter verteuern. Um wie viel es dabei geht, zeigt der Jahresvergleich des Statistischen Bundesamts für Waren, die insgesamt seit 2022 um 7,0 Prozent zulegten, auch wenn einzelne Produkte nicht mehr ganz so teuer sind. So stiegen die Preise für Verbrauchsgüter mit 8,6 Prozent besonders stark. Das bedeutet, dass vor allem die Lebenshaltungskosten und der tägliche Bedarf für die Verbraucher immer stärker ins Geld gehen. Haushalte mit niedrigeren Einkommen sind davon stärker betroffen, weil bei ihnen die täglichen Ausgaben bereits einen Großteil ihres finanziellen Spielraums ausmachen.

Bei den Dienstleistungen mit einem Anstieg um insgesamt 5,2 Prozent zum Vorjahr gibt es einige Sonderfaktoren, zum Beispiel die Preise für Pauschalreisen. Die touristischen Angebot sind zur Sommersaison in der Hauptreisezeit von Juli und August in jedem Jahr besonders teuer.

Nahverkehr erheblich teuer

Verzerrt wird die Statistik durch einige Sonderfaktoren wie das 9-Euro-Ticket, das im Sommer des vergangenen Jahres die Preise für Dienstleistungen noch deutlich gesenkt hatte. Die Auswirkungen des vergünstigten Deutschlandtickets für 49 Euro im Monat, das seit Mai 2023 gilt, sind erst für die Folgezeit messbar. Binnen Jahresfrist wurden Bahntickets im Nahverkehr - trotz Deutschlandticket - um 64,6 Prozent teurer. Bei den kombinierten Tickets für Bahn, Bus und Ähnliches ergibt sogar mehr als eine Verdoppelung (Anstieg um 112,8 Prozent).

Mieten dämpfen Inflation - Dienstleistungen heizen sie an

Außerdem wirken die Nettokaltmieten im Bestand mit einem Anstieg von lediglich 2,1 Prozent immer noch preisdämpfend, obwohl die Neuvermietungen deutlich teurer sind. Wer also eine Wohnung hat, profitiert davon. Wer aber umzieht, muss mit höheren Mieten rechnen. Das gilt vor allem für Großstädte und dicht besiedelte Ballungsräume.

Wer einen Handwerker brauchte, zahlte 12,8 Prozent mehr für die Instandhaltung und Reparatur von Wohnungen. Ähnlich stark verteuerten sich die Dienstleistungen in sozialen Einrichtungen (11,6 Prozent) wie etwa Pflegeheimen.

In der Gastronomie fiel der Preisanstieg mit plus 7,7 Prozent dagegen vergleichsweise moderat aus, wobei auch das Gastgewerbe damit deutlich über dem Durchschnitt liegt.

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