Zur Sicherung des Betriebs der Raffinerien in Schwedt, Karlsruhe und Vohburg stellt die Bundesregierung die Rohölimporteure Rosneft Deutschland (RDG) und die RN Refining & Marketing GmbH unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Freitagmorgen in Berlin mit.
Damit übernehme die Bundesnetzagentur die Kontrolle über Rosneft Deutschland und damit auch über den jeweiligen Anteil in den drei Raffinerien PCK Schwedt, MiRo (Karlsruhe) und Bayernoil (Vohburg), so das Ministerium. Bayernoil ist die größte Raffineriegesellschaft in Bayern. Rosneft hat mittlerweile einen Anteil von 28,5 % an Bayernoil. Es hat diesen Anteil erst 2019 aufgestockt.
Bundesnetzagentur hat nun das Sagen
Die Treuhandverwaltung wird an diesem Freitag wirksam. Das bedeutet, dass die Bundesnetzagentur bei Rosneft Deutschland nun das Sagen hat. So kann die Bundesnetzagentur Mitglieder der Geschäftsführung abberufen und neu bestellen sowie der Geschäftsführung Weisungen erteilen. Die Maßnahme ist zunächst auf sechs Monate befristet. Die Kosten dafür haben die betroffenen Unternehmen zu tragen.
Rosneft einer der größten Verarbeiter in Deutschland
Hintergrund ist das Öl-Embargo gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs, das am 1. Januar 2023 greift. Der russische Betreiber Rosneft hat nach früheren Angaben des Wirtschaftsministeriums wenig Interesse an einer Abkehr von russischem Öl. Rosneft Deutschland vereine insgesamt rund zwölf Prozent der deutschen Erdölverarbeitungskapazität auf sich und sei damit eines der größten Erdöl verarbeitenden Unternehmen in Deutschland, so das Ministerium.
Die Treuhandverwaltung sei eine Reaktion auf die drohende Gefährdung der Energieversorgungssicherheit und ein wesentlicher Grundstein für den Erhalt des Standorts Schwedt.
Rosneft Deutschland ist mit 54,17 Prozent Mehrheitseigner der Raffinerie Schwedt. Sie versorgt den Großraum Berlin-Brandenburg und Westpolen mit Heizöl, Benzin, Diesel und Kerosin.
Scholz stellt "Zukunftspaket" für den Standort Schwedt vor
Kanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete das Konzept zur Sicherung von PCK am Freitag als "weitreichende energiepolitische Entscheidung zum Schutz unseres Landes". Russland sei kein zuverlässiger Partner mehr. "Wir machen uns unabhängiger von Russland und auch von Entscheidungen, die da irgendwo getroffen werden", so der Kanzler. Die Ölversorgung sei damit gewährleistet. Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte: "Der Standort ist gesichert, und die Zukunft für Schwedt wird erarbeitet."
Öl für Schwedt soll künftig über eine Pipeline aus dem Hafen Rostock kommen, zudem liefen Gespräche mit Polen über Öllieferungen, sagten Scholz und Habeck. Die Pipeline werde mit einem "erheblichen Finanzeinsatz ertüchtigt", sagte Scholz.
Die Bundesregierung bringt mit Brandenburg, Sachsen-Anhalt (wegen der Raffinerie Leuna) und Mecklenburg-Vorpommern (wegen der Häfen) ein sogenanntes Zukunftspaket von über einer Milliarde Euro zum Erhalt von Arbeitsplätzen und dem Wandel des Standorts Schwedt auf den Weg. Darin sind Investitionen über ein Sonderprogramm von mindestens 750 Millionen Euro über 15 Jahre geplant. Der Bund übernimmt die Hälfte. Dazu sollen 100 Millionen Euro des Bundes zum klimafreundlichen Umbau der Raffinerie kommen, außerdem Maßnahmen zur Sicherung von Beschäftigung und Löhnen am PCK-Standort.
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PCK versorgt große Teile des Nordostens mit Treibstoff
Bislang ist die PCK Raffinerie von der Belieferung mit russischem Erdöl über die "Druschba-Pipeline" abhängig. PCK hat rund 1.200 Mitarbeiter und gilt als wirtschaftliche Säule der Region um Schwedt. Die Raffinerie versorgt große Teile des deutschen Nordostens mit Treibstoff.
Kaum jemand wollte mehr mit Rosneft zusammenarbeiten
Die deutschen Töchter des staatlichen russischen Ölkonzerns Rosneft, RDG und RNRM, führen laut Ministerium jeden Monat Rohöl im Wert von mehreren hundert Millionen Euro aus Russland nach Deutschland ein. Grund für die Anordnung der Treuhandverwaltung sei, dass die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der betroffenen Raffinerien aufgrund der Eigentümerstellung der Unternehmen in Gefahr gewesen sei.
Zentrale Dienstleister wie Zulieferer, Versicherungen, Banken, IT-Unternehmen und Banken, aber auch Abnehmer, seien nicht mehr zu einer Zusammenarbeit mit Rosneft bereit gewesen - weder mit Raffinerien mit Rosneft-Beteiligung noch mit den deutschen Rosneft-Töchtern, RDG und RNRM, selbst.