Fast zwei Monate ist es her, dass das Möbelhaus Spilger im Landkreis Miltenberg Insolvenz angemeldet hat. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt es inzwischen Hoffnung: Der Möbelriese XXXLutz hat angekündigt, die beiden Filialen zu übernehmen. Die Kunden hingegen bangen noch immer um ihre bereits geleisteten Anzahlungen. Einige von ihnen haben Anzeige gestellt. Der Staatsanwaltschaft Würzburg liegen aktuell 27 Strafanzeigen von Gläubigern vor. Das hat eine BR24-Anfrage ergeben.
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Staatsanwaltschaft Würzburg ermittelt
Demnach wurden die Anzeigen im Wesentlichen wegen Betrugs gestellt. Es seien Möbelbestellungen bei Lieferanten getätigt und größere Anzahlungen durch Kunden veranlasst worden, kurz bevor der Insolvenzantrag gestellt worden ist. Nun müsse eine umfassende Auswertung der Liquiditätsverhältnisse des Möbelhauses erfolgen und der Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise der Insolvenzreife feststellt werden.
Wie lange die Ermittlungen dauern werden, sei derzeit nicht absehbar, erklärte die Staatsanwaltschaft. Es sei mit weiteren Anzeigen zu rechnen.
💡 Ermittlungen bei Insolvenzverfahren
Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen erfolgen im Regelfall bei so gut wie jedem Insolvenzverfahren. Schon wenn ein Insolvenzantrag gestellt wird, erhält die Staatsanwaltschaft darüber Kenntnis und prüft, ob eine Insolvenzverschleppung vorliegen könnte. Dies dient auch dem Schutz der Gläubiger, um so viel wie möglich an Insolvenzmasse zu halten, aus der dann Schulden oder bereits angezahlte Summen anteilig erstattet werden können.
Vorwurf: Kurz vor Insolvenz noch Verträge abgeschlossen?
Rechtsanwalt Maximilian Maierhuber von der Kanzlei Koos in Aschaffenburg teilte auf BR-Anfrage mit, dass seine Kanzlei aktuell 45 Spilger-Kunden als Gläubiger vertrete. Das Möbelhaus Spilger hatte am 6. Juni 2023 Insolvenz angemeldet, mit anschließendem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Die Kunden, die die Kanzlei Koos vertritt, werfen Spilger vor, kurz vor Anmeldung der Insolvenz noch Kaufverträge mit ihnen abgeschlossen zu haben, ohne dass die Kunden über die bevorstehende Insolvenz informiert wurden. Zusätzlich habe Spilger noch Anzahlungen für Küchen und Möbel angefordert.
Geschäftsführer Bernd Spilger teilte im BR-Gespräch mit, dass er etwa eine Woche vor dem Insolvenzantrag seine Verkäufer angewiesen habe, bei den Kunden keine Anzahlungen mehr zu nehmen. Anwalt Maierhuber sagt wiederum: "Wir haben konkrete Fälle, in denen wenige Stunden oder wenige Tage vor Insolvenzantrag noch Verträge abgeschlossen und auch Anzahlungen verlangt wurden, unsere Mandanten aber nicht darauf hingewiesen wurden bei Vertragsabschluss."
Die Herausgabe der Möbel sei dann mit Verweis auf das laufende Insolvenzverfahren verweigert worden. "Und da sagen wir jetzt, da gibt es zumindest einen Anfangsverdacht, dass die Geschäftsführung über die Leistungsfähigkeit des Unternehmens getäuscht hat", so Maierhofer. Die Aufgabe seiner Kanzlei sei es jetzt, die Mandanten zu vertreten und die Ansprüche in der Insolvenztabelle anzumelden.
Spilger: Kunden können auf Hälfte ihrer Anzahlungen hoffen
Je nach Höhe der Anzahlung ergibt sich eine Insolvenzquote für die Gläubiger. Laut Bernd Spilger liegt diese Quote derzeit bei 50 Prozent für die Kunden. Er als Geschäftsführer bemühe sich im Insolvenzverfahren in Eigenregie mit dem Sachwalter darum, dass die Gläubiger eine möglichst hohe Quote bekommen, erklärte Spilger auf BR-Anfrage. Mit der aktuellen Quote könnten die Gläubiger auf eine Rückerstattung in Höhe der Hälfte ihrer Forderungen hoffen, sofern diese zur Insolvenztabelle angemeldet sind.
Übernahme durch XXXLutz-Unternehmensgruppe
Mittlerweile wurde bekannt, dass die XXXLutz Unternehmensgruppe mit Wirkung zum 1. Oktober 2023 das Wohn-Center Spilger mit seinen beiden Standorten in Obernburg und Großwallstadt (beide Landkreis Miltenberg) übernehmen will. Mit der Übernahme des Wohn-Center Spilger durch XXXLutz seien die Arbeitsplätze gesichert, schreibt die Unternehmenskommunikation. XXXLutz übernehme sämtliche Kolleginnen und Kollegen. Man werde hinsichtlich der Ausrichtung beider Häuser "sein Knowhow einbringen und sein am Markt etabliertes und erfolgreiches Produktsortiment platzieren", heißt es in der Mitteilung. Dabei gehe es um eine "besonders große Auswahl sowie um Produkte aller namhaften Hersteller".
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