"Aktionäre sind dumm und frech: Dumm, weil sie Aktien kaufen, und frech, weil sie dann auch noch Dividende haben wollen." Dieses Zitat von Carl Fürstenberg (1850 – 1933), einem deutschen Bankier, zeugt von einer gewissen Arroganz. Tatsächlich waren Aktien gerade in den vergangenen Jahren der Null- und Negativzinsen eine der wenigen Geldanlagen, die überhaupt noch Gewinn abwarfen, nach dem Motto: "Die Dividende ist der neue Zins."
Während die vergangene Dividendensaison noch stark unter dem Einfluss der Corona-Pandemie stand, was die Gewinne vieler Unternehmen belastete, schütten deutsche börsennotierte Konzerne in diesem Jahr gut 30 Prozent mehr aus. Nur wenige Firmen kürzen ihre Zahlungen.
Entscheidende Messgröße: Die Dividendenrendite
Beim Blick in den Kurszettel bringt es allerdings wenig, die absolute Dividendenhöhe verschiedener Aktien miteinander zu vergleichen. Wichtiger ist die jeweilige Dividendenrendite. Sie ergibt sich, wenn die Ausschüttung ins Verhältnis zum Aktienkurs gesetzt wird. So gibt die Dividendenrendite an, mit welchem Prozentsatz sich das eingesetzte Kapital bei einer Unternehmensbeteiligung über Aktien durch die Gewinnausschüttung "verzinst".
Die Dividendenrendite wird in Prozent angegeben und mit dieser einfachen Formel berechnet:
Dividende : Aktienkurs × 100
Hier ein einfaches Beispiel: Die X-AG schüttet zwei Euro Dividende aus, geteilt durch den Kurs von 50 Euro, multipliziert mit 100. Macht eine Dividendenrendite von vier Prozent.
Dieser Prozentsatz lässt sich übrigens auch für den Deutschen Aktienindex insgesamt berechnen. Laut DZ Bank lag die durchschnittliche Dividendenrendite im DAX Anfang Mai 2022 bei 3,5 Prozent – ähnlich hoch wie in den europäischen Indizes EuroStoxx50 und im Stoxx600. Zum Vergleich: Die Rendite der Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit liegt bei etwas mehr als einem Prozent.
Über die aktuellen Dividendenrenditen informiert am besten ein Blick in den Kurszettel, in einschlägige Finanzportale oder die Internetseite der Deutschen Börse AG. Dabei fällt auf, dass mit BMW und Mercedes-Benz zwei Autokonzerne zwischen sieben und sogar acht Prozent erreichen. Die beiden Chemiekonzerne BASF und Covestro schaffen ebenfalls zwischen sieben und gut acht Prozent. Im MDax liegen die beiden Medienunternehmen RTL und ProSiebenSat1 im Spitzenfeld.
Dividendenrendite ist eine Momentaufnahme
Aber Vorsicht: Für die Beurteilung einer Aktie sind andere Kennzahlen ebenso wichtig. Die Dividendenrendite ist eine Art Momentaufnahme, und sie verändert sich allein durch die Schwankungen des Aktienkurses. Es kann sein, dass die Dividendenrendite nur deshalb steigt, weil die entsprechende Aktie wegen schlechter Geschäftsaussichten stark gefallen ist. Wenn der Vorstand dann erklärt: "Die Dividende wird wegen schlechter Geschäfte gekürzt oder ganz gestrichen", dann ist das eine böse Überraschung.
So schockte der Daimler-Konzern seine Anteilseignerinnen und Anteilseigner im Februar 2020 mit der Ankündigung, für das abgelaufene Geschäftsjahr wegen eines Gewinneinbruchs nur noch 0,90 Euro pro Aktie auszuschütten, nach 3,25 Euro im Vorjahr. Analysten hatten im Schnitt zuvor noch mit einer Dividende von deutlich über einem Euro gerechnet und die Dividendenrendite war verlockend hoch erschienen.
Aktionäre beschließen Höhe der Ausschüttung
Wie viel Dividende eine Aktiengesellschaft letztlich ausschüttet, hängt ab vom Beschluss der Hauptversammlung, auf Vorschlag des Vorstands. Es kommt auch vor, dass ein Unternehmen mehr Dividende ausschüttet als es angemessen wäre. Weder sollte die Ausschüttung an die Substanz gehen noch sollten notwendige Investitionen verhindert werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die sogenannte "Ausschüttungsquote": Sie sollte nicht mehr als 50 Prozent des erwirtschafteten Gewinns betragen. Das langjährige Mittel liegt bei etwa 40 Prozent.
Wichtig ist außerdem, dass die Dividenden fortlaufend ausgeschüttet werden, mindestens stabil bleiben oder im besten Fall langsam steigen, wenn es Ertragslage und Geschäftsumfeld zulassen. Unternehmen, die über 25 Jahre und mehr ihre Anteilseignerinnen und Anteilseigner mit stetig steigenden Dividenden belohnen, werden auch als "Dividenden-Aristokraten" bezeichnet. Am deutschen Aktienmarkt sind das zum Beispiel die Versicherer Allianz, Munich Re und Hannover Rück sowie BASF. In Amerika gehören zum Beispiel Procter&Gamble sowie Pepsico dazu.
Bei deutschen Aktiengesellschaften gilt: Anspruch auf die Dividende hat, wer die entsprechende Aktie am Tagesende des Dividenden-Stichtags im Depot hat. Dieser Stichtag ist in der Regel der Tag der Hauptversammlung. Es kommt also nicht darauf an, wie lange die Aktie zuvor schon im Depot lag. Viele Anleger kaufen dividendenstarke Titel bewusst kurz vor der jeweiligen Hauptversammlung.
Deutsche Unternehmen schütten in der Regel einmal jährlich aus, am Tag nach der Hauptversammlung. Deshalb wird die Aktie am ersten Geschäftstag nach der Hauptversammlung "ex Dividende" gehandelt. Der Aktienkurs sinkt entsprechend um die Höhe der Dividende. Die Monate April und Mai gelten auch als Hochsaison für Dividendenjagden, denn die meisten Aktionärstreffen finden im Frühjahr statt.
Wichtig zu wissen: Amerikanische Aktiengesellschaften zahlen meistens viermal im Jahr, und zwar pro Quartal. Statt einer Überweisung gibt es also vier kleinere. Wer es richtig anstellt, der verteilt diese zusätzlichen Einnahmen geschickt übers Jahr, ähnlich einer Zusatz-Rente.
Depotbank zieht Steuer automatisch ab
Generell gilt: Dividenden, die auf das Depot-Konto des Anlegers überwiesen werden, sind "Nachsteuer-Dividenden", das heißt, die Kapitalertragssteuer wird von der Bank vor der Überweisung abgezogen und an das Finanzamt weitergeleitet.
Studien belegen, dass Unternehmen, die über Jahre hinweg Dividenden ausschütten, normalerweise weniger anfällig sind für Kursschwankungen als Titel, die wenig oder gar nichts ausschütten. Bei ihnen bleibt allein die Hoffnung auf steigende Aktienkurse – und damit auf einen Gewinn beim Verkauf des Papiers.
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