Mit sogenannten "Giftpillen" können sich börsennotierte Unternehmen gegen Übernahme-Versuche von Aktionären wehren. In den meisten Fällen geht es dem Vorstand darum, die geplante Übernahme so stark zu verteuern, dass sie für als feindlich empfundene Investoren wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll ist – und diese sie dann aufgeben. Als Erstes wird in der Regel der angebotene Kaufpreis als zu niedrig abgelehnt.
Die Überlegung, neue Aktien auszugeben war beispielsweise die erste Reaktion des Twitter-Managements, als Elon Musk bekannt gab, dass er das Unternehmen übernehmen will.
"Weißer Ritter" oder andere neue Aktionäre gesucht
Gesucht werden neue Aktionäre, die einsteigen, weil sie den Preis des unerwünschten Anbieters ebenfalls für zu niedrig halten. Der Aktienkurs soll dadurch kräftig steigen, damit das erste Übernahmeangebot deutlich aufgebessert werden muss.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass Alt-Aktionäre sich zusammenschließen, um gemeinsam das Angebot zurückzuweisen. Dafür werden Stimmrechte gesammelt. Mit einer Sperrminorität von mehr als 25 Prozent lassen sich Änderungsvorschläge zurückweisen. Das alte Management kann sich dann behaupten. Im Idealfall tritt ein neuer Großaktionär als sogenannter "weißer Ritter" auf und schafft es, gemeinsam mit anderen die feindliche Übernahme abzuwehren.
Firmen können versuchen unattraktiv zu werden
Wenn es über die Börse nicht gelingt, mit Hilfe anderer Aktionäre ein feindliches Übernahme-Angebot abzuwehren, bleiben dem Management noch eine Reihe anderer Möglichkeiten. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Gängiges Gegenmittel ist zum Beispiel die Flucht in eine Fusion.
Denkbar wären auch neue Schulden durch große Investitionen oder andere finanzielle Verpflichtungen, die einen Kauf des Unternehmens nicht mehr so attraktiv erscheinen ließen. Die Firma müsste sich dafür einen Partner suchen oder selbst ein anderes Unternehmen übernehmen.
Giftpillen sollen aber auch nicht zum Selbstmord führen
Auf der anderen Seite sollen die Giftpillen gegen eine feindliche Übernahmen auch nicht zum unternehmerischen Ruin führen. Ein börsennotiertes Unternehmen darf sich nicht einfach selbst schaden, nur um eine Übernahme zu verhindern. Das wäre nicht nur ökonomisch fragwürdig, sondern auch noch kontraproduktiv.
Der Börsenwert gemessen am Aktienkurs darf durch mögliche Selbstbeschränkungen nicht sinken, weil das die unerwünschte Übernahme erleichtern würde, statt sie zu verhindern. Der feindliche Käufer würde die Aktien dann zu einem stark verbilligten Preis bekommen und könnte das Unternehmen nach der Übernahme komplett neu ausrichten. Das alte Management würde entlassen und alle unerwünschten Maßnahmen anschließend eingeführt.
Für den Vorstand ist die Abwehr einer feindlichen Übernahme also immer eine gefährliche Gratwanderung, bei der keine entscheidenden Fehler passieren dürfen. Am Ende läuft es daher oft auf eine Einigung hinaus. Auch wenn der Widerstand am Anfang sehr groß sein mag, sollte zum Schluss die unternehmerische Vernunft siegen und zu einer einvernehmlichen Lösung führen.
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