Der Widerstand der FDP gegen das geplante Lieferkettengesetz der EU sorgt für massive Verärgerung bei den Grünen. Wenn es infolge der Uneinigkeit in der Ampel-Koalition dazu kommt, dass sich Deutschland enthält, könnte das gesamte Regelwerk scheitern. Denn dann stünde in Brüssel die ausreichende Mehrheit für das Vorhaben auf der Kippe.
Grüne: Ansehen Deutschlands leidet
Das Vorgehen der FDP sei eine "Attacke" auf die europapolitische Verlässlichkeit der Bundesregierung, kritisierte die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dürfe das "dem kleinsten Koalitionspartner" nicht durchgehen lassen, forderte Brugger. "Dafür ist das Ansehen Deutschlands zu wertvoll und wichtig." FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler sprach hingegen von "falschen Anschuldigungen". Seine Partei habe die Zustimmung zum Gesetz immer an Bedingungen geknüpft, die leider nicht erfüllt worden seien.
Durch das geplante europäische Lieferkettengesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Im Gegensatz zu SPD und Grünen wollen Finanzminister Christian Linder und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP) jedoch das Gesetz nicht mittragen, weil sie Nachteile für die deutsche Wirtschaft befürchten.
Zwist um Regelungen und gemeinsame Ziele
Brugger hält das Vorgehen der Freidemokraten für "absurd und kontraproduktiv". Ziel einer europäischen Regelung seien gleiche Regeln für alle betroffenen Unternehmen. "Das allerschlechteste Szenario aus allen Perspektiven wäre ein Scheitern der Verhandlungen und in Folge ein europäischer Flickenteppich, undurchsichtige Bürokratie und ineffektive Regelungen."
Der FDP-Politiker Köhler betonte hingegen: "Es wäre hilfreich, wenn Teile der Grünen-Fraktion sich mehr auf das Erreichen unserer gemeinsamen Ziele konzentrieren würden, statt permanent öffentlich Unfrieden in der Koalition stiften zu wollen."
Liberale sehen schon deutsches Lieferkettengesetz kritisch
In Deutschland gilt bereits seit Anfang 2023 ein nationales Lieferkettengesetz, das noch von der Großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verabschiedet worden war. Es verpflichtet Unternehmen, auf die Einhaltung internationaler Standards zu Menschenrechten und Umwelt entlang der eigenen Lieferkette zu achten.
Viele Wirtschaftsverbände kritisieren das deutsche Gesetz scharf und befürchten weitere Auflagen durch die europäischen Regeln. Aus ihrer Ablehnung für das deutsche Gesetz hat auch die FDP bislang keinen Hehl gemacht.
Der Einsatz der Bundesregierung für eine europäische Regelung ist aber im Koalitionsvertrag verankert. Laut FDP sollte es dabei auch darum gehen, die deutschen Regeln zu "verbessern", was mit dem derzeitigen Entwurf aber nicht geschehe.
Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP.
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