Stagflation, das ist die Kombination von Inflation und Stagnation. Also stark steigenden Preisen und wirtschaftlicher Flaute. Ausgelöst wird das in der Regel durch einen Angebotsschock, das heißt irgendein Produktionsfaktor steht plötzlich nicht mehr zur Verfügung.
In den 1970er Jahren war das das Öl. Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) beschloss aus politischen Gründen, weniger Öl zu fördern – daraufhin verdoppelte sich in wenigen Jahren der Preis und das löste eine schwere Wirtschaftskrise aus.
- Zum Hintergrund "Wie entsteht Inflation? Und was hilft dagegen?"
Die Lohn-Preis-Spirale und die Rolle der Geldpolitik
Das ungewöhnliche daran war, dass während der Krise die Preise weiter stiegen. Denn die Unternehmen gaben ihre höheren Energiekosten an die Verbraucher weiter. In der Folge forderten die Gewerkschaften höhere Löhne, um die Preissteigerungen auszugleichen. Das erhöhte wiederum die Kosten der Unternehmen. Die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale fing an sich zu drehen. Die Wirtschaft fiel in eine Rezession, die Arbeitslosigkeit stieg und die Preise gingen weiter nach oben.
Das Phänomen der Stagflation ist wirtschaftspolitisch schwer zu bekämpfen. Es gibt keine gängigen Rezepte dafür. In der Ökonomie wird meist eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik empfohlen. Also Maßnahmen, die die Unternehmen auf der Kostenseite entlasten, damit sie weiter produzieren. Die Nachfrage zu stärken, zum Beispiel durch Entlastungen der Bürger, hilft in diesem Fall wenig, außer natürlich, um wirtschaftliche und soziale Härten zu vermeiden.
Die Notenbanken sind in erster Linie der Preisstabilität verpflichtet. Das heißt, sie müssen die Inflation bekämpfen. Das geschieht in der Regel durch Zinserhöhungen. Sie dämpfen die Nachfrage und können dafür sorgen, dass diese wieder dem gesamtwirtschaftlichen Angebot entspricht. Allerdings haben Zinserhöhungen damit eben auch einen dämpfenden Einfluss auf die Konjunktur. Sie würden in einer Stagflation also die Wirtschaftskrise noch weiter verschärfen.
Ukraine-Krieg und Pandemie: Kommt eine Rezession?
Derzeit gibt es gleich zwei Angebotsschocks, die eine Stagflation auslösen können. Zum einen sind durch die Corona-Pandemie immer noch Lieferketten gestört. Viele Produkte sind nicht oder nur schwer zu bekommen. Die Unternehmen können noch nicht wie gewohnt produzieren. Das Angebot ist also geringer als die Nachfrage. Gegen diese Lieferengpässe kann weder die Wirtschaftspolitik noch die Geldpolitik etwas tun. Die Unternehmen selbst müssen nach Alternativen suchen, ihre Lieferketten überdenken und womöglich abwarten, bis die Pandemie überwunden ist.
Der zweite Schock ist der Krieg gegen die Ukraine. Er hat einen Energiepreisschock ausgelöst, der ähnliche Wirkungen haben könnte, wie in den 1970er Jahren der Ölpreis. Auch hier hat die Politik kurzfristig wenig entgegenzusetzen. Sie kann weder den Krieg beenden, noch billige Energie herbeischaffen. Erleichterungen der Bürger und der Unternehmen zum Beispiel bei den Energiesteuern, könnten die Belastungen verringern, allerdings verliert der Staat damit auch Einnahmen, die irgendwie wieder ersetzt werden müssen - entweder durch spätere Steuererhöhungen oder durch höhere Schulden.
Im Gegensatz zur Ölkrise in den 1970er Jahren spricht einiges dafür, dass die Gefahr einer schweren Rezession nicht ganz so hoch ist. Am Arbeitsmarkt herrscht eher Mangel an Bewerbern, ein starker Anstieg der Arbeitslosenzahlen ist vorerst nicht zu befürchten. Und die Unternehmen können, sobald die Lieferengpässe überwunden sind, sehr schnell wieder ihre Produktion hochfahren.
- Zum Artikel "Alles wird teurer: Warum welche Preise weiter steigen"
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