Dieser Text ist Teil des Faktenchecks dem BR24-Wahl-Talk vom 06.09.2023 mit Martin Böhm (AfD) und erstmals am 07.09.2023 erschienen. Den Artikel finden Sie hier.
Die Behauptung:
Martin Böhm, AfD: "Fakt ist, in anderen europäischen Ländern sind eben 70 Prozent der Geflohenen aus der Ukraine in Lohn und Brot, bei uns bloß 30 Prozent."
Richtig oder falsch?
Teilweise richtig. Die Erwerbsquote ukrainischer Geflüchteter in Deutschland liegt bei etwa 19 Prozent. Andere Länder haben in der Tat höhere Erwerbsquoten bei geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern. Experten sehen einen Vergleich allerdings kritisch, zum Beispiel weil sich die Definition von Erwerbstätigkeit unterscheidet.
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Die Fakten:
Bei der Bundesagentur für Arbeit liegen Daten mit Stand Februar 2023 vor. Sie wurden bis Juni 2023 hochgerechnet - denn die Daten aus der Beschäftigungsstatistik unterliegen einer gewissen Verzögerung. Demnach kann man näherungsweise sagen, dass 19 Prozent der erwerbsfähigen Schutzsuchenden aus der Ukraine einer Beschäftigung in Deutschland nachgehen.
Ukrainische Geflüchtete in Arbeit: Große Unterschiede zwischen EU-Ländern
Andere Länder weisen deutlich höhere Quoten auf als Deutschland: In Dänemark beispielsweise sind 75 Prozent der erwerbsfähigen Ukrainerinnen und Ukrainer in Arbeit, in den Niederlanden sind es 46 Prozent. Laut einer Analyse des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR waren mit Stand Juni 2023 43 Prozent der geflüchteten Ukrainer in Nachbarstaaten der Ukraine und anderen Gastländern in Europa erwerbstätig.
Vergleich zwischen Deutschland und anderen Ländern nur bedingt aussagekräftig
Allerdings: Experten sehen den Vergleich zwischen den Erwerbstätigenquoten verschiedener europäischer Länder kritisch. Laut Silvia Schwanhäuser vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) seien die Quoten auch deshalb nicht vergleichbar, weil unterschiedliche Aktivitäten als "Erwerbstätigkeit" gewertet werden. In den Niederlanden würden zum Beispiel auch Personen berücksichtigt, die auf Abruf einen Job ausüben könnten - die Personen hätten aber eigentlich aktuell noch nicht gearbeitet, schreibt Schwanhäuser in einer Mail an den #Faktenfuchs. Und: Die Integrationssysteme- und -strategien der verschiedenen Länder seien unterschiedlich. In Deutschland etwa stehe der Spracherwerb zunächst im Vordergrund, um eine nachhaltige Integration zu ermöglichen.
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