Zu warm, zu sonnig, zu trocken. Die einzelnen Wetter-Bilanzen für Winter, Frühling, Sommer und Herbst haben es schon vermuten lassen: Das Jahr 2020 wird wieder zu den wärmsten Jahren in Deutschland überhaupt gehören. Tatsächlich ist es bislang sogar das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1881. Noch wärmer war es nur im Jahr 2018. Das bestätigte heute der Deutsche Wetterdienst (DWD) nach der vorläufigen Auswertung von rund 2.000 Messstationen. Der DWD weist darauf hin, dass die für die letzten zwei Tage des Monats Dezember verwendeten Daten auf Prognosen basieren.
"Die Klimaerwärmung befindet sich auf der Überholspur." Deutscher Wetterdienst
Bis auf den Mai waren 2020 alle Monate zu warm
Mit einer Temperatur von 10,4 Grad im Jahresdurchschnitt liegt 2020 nur ganz knapp hinter dem bisherigen Rekordjahr 2018: Vor zwei Jahren betrug die mittlere Temperatur 10,5 Grad. Das Jahr 2020 setzt den Negativtrend fort, bei dem die wärmsten Jahre eng beieinander liegen: Auf 2018 und 2020 folgen 2019 und 2014 mit jeweils 10,3 Grad. 2020 ist das zehnte Jahr in Folge, in dem die Durchschnittstemperatur das vieljährige Mittel übertrifft. Der Temperaturdurchschnitt lag im Jahr 2020 um 2,2 Grad über der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Laut DWD fielen bis auf den Mai alle Monate zu warm aus. Die höchsten positiven Temperaturanomalien zeigten mit einer Abweichung von mehr als drei Grad der Januar, Februar, April und August.
"Das sehr warme Jahr 2020 darf uns nicht kalt lassen. Die wissenschaftlichen Klimafakten des nationalen Wetterdienstes sind alarmierend. Klimaschutz ist das Gebot der Stunde. Wir müssen jetzt handeln." Tobias Fuchs, Klima-Vorstand des Deutschen Wetterdienstes
Geringer Niederschlag sorgt 2020 für Trockenheit
Mit rund 710 Litern pro Quadratmeter erreichte 2020 nur gut 90 Prozent seines Niederschlagssolls von 789 Litern pro Quadratmetern. Damit waren von den letzten zehn Jahren neun zu trocken. Nur im Jahr 2017 war es feuchter als normal. Nach einem warmen, nassen Winter 2019/2020, der keiner war, fehlten vor allem im Frühling Niederschläge. Zwischen März und Mai fiel im deutschlandweiten Schnitt nur die Hälfte der üblichen Regenmenge. Besonders der Westen und Osten Deutschlands litten unter Trockenheit. Bis in den Sommer hinein blieben die Böden vielerorts staubtrocken. Trockenheit und Dürre machten der Landwirtschaft und den Wäldern zu schaffen, manche Regionen waren sogar von Waldbränden betroffen. Im Sommer wurde es zwar manchmal nass - jedoch sorgten dann mitunter Starkregen auf den ausgedörrten Böden für Überflutungen. Trocken blieb es auch im Herbst. Wie der Winter 2020/21 insgesamt wird, werden die Auswertungen noch zeigen.
Immerhin: 2020 schien öfter die Sonne
Mit rund 1.900 Stunden übertraf der Sonnenschein sein Soll von 1.544 Stunden um gut zwanzig Prozent. Damit nimmt 2020 den vierten Platz der sonnigsten Jahre seit Sonnenschein-Messbeginn 1951 ein.
Extrem milder Winter 2019/2020: zweitwärmster Winter überhaupt
Den vergangenen Winter 2019/2020 stufte der DWD als extrem mild und als zweitwärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 überhaupt ein. Bundesweit betrug der Temperaturschnitt 4,1 Grad und lag damit 3,9 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990. Wärmer war nur der Winter 2006/2007 mit einem Plus von 4,4 Grad. Der Winter war schneeärmer, mit rund 225 Litern Niederschlag pro Quadratmeter nasser, dafür aber auch mit 185 Sonnenstunden sonniger als üblich. Von Eis und Schnee war an vielen Orten in Deutschland bei frühlingshaften Temperaturen keine Spur. Der DWD konstatiert vielerorts einen "Totalausfall des Winters".
Sonniger, zu warmer und zu trockener Frühling 2020
Das Frühjahr war laut DWD in Summe sehr sonnig und ebenfalls zu warm, vor allem der April. Die Sonnenscheindauer kam mit etwa 705 Stunden auf rund 150 Prozent ihres Solls von 467 Stunden, berichtete der DWD. Damit zählt der Frühling 2020 zu den sonnigsten seit Beginn der Aufzeichnungen. Mit 9,2 Grad lag der Temperaturdurchschnitt 1,5 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990. Insgesamt sei das Frühjahr 2020 mit rund 108 Litern Niederschlag pro Quadratmeter das sechsttrockenste seit Beginn der Aufzeichnungen 1881. Es fiel nur etwa die Hälfte der üblichen Regenmenge. Zum siebten Mal in Folge war der Frühling zu trocken. Der Regen fehlte vor allem im Osten. Der meiste Niederschlag fiel am unmittelbaren Alpenrand sowie im südlichen Schwarzwald.
Wechselhafter, aber warmer Sommer 2020: ein "Schaukelsommer"
Auf den warmen Frühling folgte ein wechselhafter Sommer. "Schaukelsommer", nennt ihn der DWD. Zwar gingen die Temperaturen rauf und runter, die Temperaturwerte des vieljährigen Mittels übertraf der Sommer 2020 dennoch. Mit 18,2 Grad Durchschnittstemperatur lag der Sommer um 1,9 Grad über dem Mittel der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990. Die deutschlandweit höchste Temperatur in diesem Sommer wurde am 9. August mit 38,6 Grad in Trier-Petrisberg gemessen.
Das Niederschlagsmittel von 239 Litern pro Quadratmeter wurde mit 230 Litern fast erreicht. Regional fiel die Regenbilanz allerdings sehr unterschiedlich aus. Im Westen Deutschlands war der Sommer am trockensten. Schon zu Sommerbeginn waren Deutschlands Böden laut DWD trockener als sonst. Der Juli sei bereits "markant zu trocken" gewesen. Heiß war es dann vor allem im August - die Trockenheit erreichte hier ihren Höhepunkt. Im letzten Monatsdrittel habe es dann zahlreiche Gewitter gegeben, die sich aber nicht überall vorteilhaft auswirkten: Weil die ausgedörrten Böden vielerorts die Wassermassen kaum aufnehmen konnten, verursachte Starkregen dann häufig Überflutungen - wie etwa Anfang August in Oberbayern. Immerhin war der Sommer 2020 auch etwas sonniger als sonst: Mit rund 675 Stunden übertraf die Sonnenscheindauer ihr Soll von 614 Stunden um etwa zehn Prozent.
Trockener Herbst 2020: viertwärmster Herbst überhaupt
Der Herbst 2020 war laut DWD mit einer Durchschnittstemperatur von 10,3 Grad der viertwärmste überhaupt - nach 2006, 2012 und 1982 - und ebenfalls zu trocken. Die Durchschnittstemperatur lag 1,5 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Zu den Werten trug unter anderem das spätsommerliche Wetter in der ersten Septemberhälfte bei. Zur Monatsmitte gab es noch einmal Höchstwerte von deutlich über 30 Grad. Viel Sonne machte auch den November zu einem ungewöhnlich warmen Monat, in dem es außerdem zu wenig regnete. Insgesamt fiel im Herbst deutschlandweit zu wenig Regen: Durchschnittlich waren es in den Monaten September bis November 150 Liter Niederschlag pro Quadratmeter - der Sollwert liegt bei 183 Litern pro Quadratmeter. Immerhin ließ sich die Sonne oft und ausgiebig blicken: Mit rund 365 Stunden lag die Sonnenscheindauer um 15 Prozent über ihrem Sollwert von 311 Stunden.
Wetter-Jahresbilanz für Bayern 2020
Bayern ist bei der DWD-Jahresbilanz der Ausreißer nach unten: Mit 9,5 Grad war es 2020 das mit Abstand kühlste und mit rund 849 Litern Niederschlag pro Quadratmeter das zweitnasseste Bundesland. Immerhin nahm der Freistaat im Sonnenscheinranking mit fast 1.965 Stunden Sonne den zweiten Platz ein.
Für Bayern selbst war 2020 insgesamt jedoch ein wärmeres Jahr als üblich: Je nach Region war es 2020 zwischen 1,5 und 2,5 Grad wärmer als im langjährigen Mittel. Gleichzeitig schien die Sonne im Freistaat 10 bis 15 Prozent öfter als gewöhnlich.
2020 gehört auch weltweit zu den wärmsten Jahren überhaupt
Was der DWD für Deutschland feststellt, bilanziert die Weltwetterorganisation (WMO) für die ganze Erde: Ihrer Einschätzung nach wird 2020 auch global eines der drei wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Bislang ist das internationale Rekordjahr 2016, mit einem Plus von 1,2 Grad im Jahresdurchschnitt. Für Europa lag die Durchschnittstemperatur in den ersten zehn Monaten des Jahres 2020 sogar höher als je zuvor. Die Corona-Pandemie dürfe keine Ausrede sein, um bei den Klimaanstrengungen nachzulassen, mahnte die WMO.
Unwetter hinterließen 2020 geringere Schäden als im Vorjahr
2020 richteten Sturm, Hagel und Starkregen deutschlandweit weniger Schäden an als 2019. Wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mitteilt, kamen die Versicherer 2020 für Schäden in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro auf. Damit liegen die versicherten Schäden an Häusern, Hausrat, Kraftfahrzeugen sowie in Gewerbe und Industrie rund 500 Millionen Euro unter dem Wert von 2019 und auch unter dem langjährigen Mittel von etwa 3,7 Milliarden Euro.
"2020 war ein unterdurchschnittliches Schadensjahr, vor allem auch, weil schwere Hagelereignisse ausgeblieben sind." Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft
Bemerkenswert war laut GDV jedoch der Wintersturm "Sabine", der im Februar über Deutschland hinwegfegte. Er richtete einen Schaden von 675 Millionen Euro an und nimmt Platz sechs der schwersten Winterstürme in Deutschland seit 2002 ein.
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