14 Tage später als ursprünglich geplant, mit unterschiedlichen Möglichkeiten in der Prüfungsvorbereitung, dafür aber auch mit eingegrenzten Prüfungsinhalten: Am 12. Mai begannen die schriftlichen Abiturprüfungen im Corona-Jahr 2021 mit dem Fach Deutsch. Am 18. Mai folgt die Abi-Prüfung in Mathe und am 21. Mai im dritten schriftlichen Prüfungsfach. Das Lernen fürs Abi hätte in der Pandemie für die rund 35.000 Abiturientinnen und Abiturienten kaum schwieriger sein können: Unterrichtsausfälle, Distanzlernen – und wer am Präsenzunterricht teilnehmen wollte, musste dafür erst einmal einen negativen Corona-Test vorweisen.
Abitur stellt Schulen vor logistische Herausforderungen
Aber nicht nur für die Schülerinnen und Schüler sind die Vorbereitungen für das Abitur in diesem Jahr eine besondere Herausforderung. Auch die Lehrkräfte und Schulleitungen sind besonders gefordert, um die Abiturprüfungen organisatorisch "coronafit" zu machen - und das nicht nur in Hinblick auf genügend Abstand und ausreichende Lüftung. Denn die Abiturienten sind nicht verpflichtet, sich vor ihren Abschlussklausuren auf eine Covid-19-Infektion testen zu lassen. Das stellt die Schulen vor zusätzliche logistische Probleme.
"Wir haben da ein Schreiben vom Ministerium, und da stand drin, dass es unterschiedliche Möglichkeiten gibt, wie die Kinder sich zu den Prüfungen anmelden", sagt Armin Eifertinger, Schulleiter am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Garching bei München. "Es gibt einmal die Möglichkeit, dass man ungetestet in die Prüfung kommt. Es gibt die Möglichkeit, dass man sich extern testen lässt, in einer Apotheke oder beim Arzt. Oder eben tags zuvor in der Schule."
Wer sich nicht testen lassen will, muss folglich in den Schulen in anderen Räumen als die getesteten Prüflinge untergebracht werden. Wieder in andere Klassenzimmer gehören jene Jugendliche, die von der Maske befreit sind. Und schließlich gibt es noch jene Abiturienten, die eigentlich gerade in Quarantäne sein müssten. Denn auch diese Schüler haben das Recht, an der Abiturprüfung teilzunehmen. Nur wer infiziert ist und positiv getestet wird, bekommt einen Nachholtermin.
Rechtliche Gründe für aufwendige Abi-Organisation
Aus Sicht des Kultusministeriums gibt es rechtliche Gründe für diese Mühen. Auf Anfrage verweist man auf einen Entscheid des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs: Tests können demnach nur Pflicht sein, wenn es alternativ Distanzangebote gibt. Weil aber das Abitur aus Sicht des Ministeriums so wichtig ist und in Präsenz stattfinden muss, können die Tests nur freiwillig sein.
"Es gibt auch teilweise zusätzlich Klassenzimmer für Leute, die die Masken verweigern. Es ist ein riesiger, organisatorischer Aufwand und eine Riesenbelastung für die Schulleitungen und für die Lehrerschaft", sagt Moritz Meusel, Bayerns Landesschülersprecher.
Wahlfreiheit bei Corona-Test
Manche Schülerinnen und Schüler finden es jedoch durchaus gut, dass sie selbst entscheiden können, ob sie sich vor den Abiturprüfungen auf Corona testen lassen oder nicht.
Zu diesen Abiturientinnen gehört auch Eliana vom Garchinger Gymnasium. "Wenn sich die Leute extra schützen wollen, haben sie auch die Möglichkeit dazu", sagt sie. Eliana findet die Regelung "eigentlich gut, dass es jedem offen gestellt wird: Ich habe mich dagegen entschieden, einfach, weil das ein sehr großer Stress so kurz vor dem Abitur ist. Diese Ungewissheit, ob man das jetzt schreibt oder nicht - und das einen Tag davor."
Am Regensburger Albertus-Magnus-Gymnasium (AMG) steht ebenfalls ein Raum bereit für Schüler, die keinen Test machen möchten. Dieser wird aber wohl nicht benötigt. "Bei uns gibt es bislang keine Testverweigerer, 100 Prozent unserer Schülerinnen und Schüler wollen sich vor den Abiturprüfungen testen lassen", erzählt Oberstufenkoordinator Martin Brunner.
Schwierige Prüfungsvorbereitung in der Pandemie
Sehr viel kritischer sehen viele Abiturienten die Frage, ob sie während der Corona-Pandemie auf die Prüfungen ausreichend gut vorbereitet werden konnten. Denn das sei, je nach Inzidenzwert, sehr unterschiedlich gewesen, kritisiert Landesschülersprecher Meusel.
Er spricht von einer "Riesendiskrepanz" zwischen den Schulen, die lange im Präsenzunterricht bleiben durften aufgrund niedriger Inzidenzen: "Aber wir hatten natürlich auch Hochrisikogebiete in Oberfranken, in der Oberpfalz, auch in Teilen Niederbayerns. Die Schüler dort haben wochen- und monatelang keine Schule gesehen und dementsprechend auch eine schlechtere Prüfungsvorbereitung."
Kultusministerium: "Sorgen für faire Rahmenbedingungen"
Von Seiten des Kultusministeriums heißt es, man trage "mit verschiedenen Maßnahmen den besonderen Umständen der diesjährigen Prüfung Rechnung und sorge für alle Abiturientinnen und Abiturienten für vergleichbare und faire Rahmenbedingungen".
Dazu gehöre die zweiwöchige Verschiebung der Abiturtermine nach hinten. Zudem müssten im aktuellen zweiten Halbjahr nur noch in den drei schriftlichen Abiturprüfungsfächern schriftliche Prüfungen absolviert werden. Die für das Abitur relevanten Prüfungsinhalte wurden laut Kultusministerium eingegrenzt und für ihre Notenbildung können die Abiturienten zum Teil die jeweils günstigste Berechnungsvariante heranziehen. Und nicht zuletzt werde aufgrund "der pandemiebedingten Beeinträchtigungen" die Prüfungszeit in den schriftlichen Prüfungsfächern um je 30 Minuten verlängert. Landesschülersprecher Meusel lässt das nicht gelten: "Es wurden keine stofflichen Unterschiede gemacht, es gab ein bisschen Zeit on top, es wurde insgesamt ein bisschen Stoff gestrichen, aber für uns ist es deutlich zu wenig."
Nachteile für Schüler mit schwierigem sozialen Hintergrund
Gleichzeitig sei auch der Distanzunterricht unterschiedlich gut gewesen, so Meusel. Dort wo das Homeschooling nicht so gut gelaufen sei, hätten manche Abiturienten zusätzliche Unterstützung gebraucht. Zugleich hätten sich viele mit schwierigem sozialen Hintergrund vor den Abiturprüfungen keine zusätzliche Nachhilfe leisten können.
So sei die Schere zwischen Arm und Reich in der Corona-Krise, auch unter den Abiturienten, noch einmal deutlich auseinandergegangen.
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