Eselspinguine (Pygoscelis papua) auf Petermann-Insel, Antarktis
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Die Folgen von Klimawandel und Überfischung bedrohen in der Antarktis nicht nur bekannte Tiere wie Pinguine, Robben und Wale.

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Antarktiskonferenz: Der schwierige Kampf für mehr Meeresschutz

Die Antarktis ist bedroht, unter anderem durch Klimawandel und durch Fischerei. In Australien tagt deshalb bis Freitag eine Antarktiskonferenz. Dort geht es darum, ob große Gebiete dieses Kontinents künftig unter Schutz gestellt werden sollen.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Pinguine haben in der Antarktis große Probleme, ihren Nachwuchs großzuziehen. Gleich in mehreren Kolonien haben Wissenschaftlern zufolge keine Pinguinküken überlebt. Fragt man jedoch die Meeresforscherin Gritta Veit-Köhler von der Senckenberg-Forschungsgesellschaft nach den Tieren der Antarktis, kommen ihr nicht zuerst die süßen Pinguine in den Sinn und auch nicht die riesigen Wale oder die knuddeligen Robben.

Ökosystem Antarktis beherbergt viele Lebensformen

Neben diesen als Sympathieträger bekannten Tieren gebe es in der Antarktis noch viele andere Meeresbewohner, die sehr stark von dem Meereis abhängig sind: mikroskopisch kleine Lebewesen, zum Beispiel Fadenwürmer, Ruderfußkrebse oder Bärtierchen. Sie sind am Meeresgrund zuhause und für dieses einmalige Ökosystem Antarktis mit seinen aufschmelzenden und wieder zufrierenden Eisbereichen lebensnotwendig, erklärt Veit-Köhler: "Alle diese Tiere sind abhängig davon, was vom freien Wasser zu ihnen nach unten regnet. Wenn das Meereis abtaut, werden große Mengen Eisalgen freigesetzt. Die Eisalgen sitzen an der Unterseite des Meereises. Wenn dieses schmilzt, dann gibt es einen unheimlichen Nahrungspuls, der durch das freie Wasser auf den Boden regnet."

Kleine Tierchen, große Bedeutung

Die Tierchen verarbeiten das organische Material und erzeugen damit wieder Nährstoffe für andere Lebewesen. Ein großer Nahrungskreislauf, der am Ende auch Robben, Pinguine und Wale betrifft und dessen Auswirkungen noch gar nicht erforscht sind. Veit-Köhler vergleicht das mit den kleinen Lebewesen an Land: Wie unser Überleben von Insekten abhängt, die Pflanzen bestäuben, könnte das Verschwinden der kleinsten Tiere in den Meeren uns Menschen ebenfalls betreffen, zum Beispiel bei der Fischerei.

Um den Schutz dieses Lebensraums geht es bei der Tagung der Kommission für die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis, (Commission for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources, CCAMLR) vom 16. bis 27. Oktober 2023. Bereits 2016 hat die Gruppe von Staaten ein großes Schutzgebiet in der antarktischen Ross-Sea ausgewiesen. Das war allerdings schwierig, erinnert sich Nele Matz-Lück, Professorin für Seerecht an der Uni Kiel: "Damals hat man nur auf Intervention des US-Präsidenten den russischen Präsidenten überzeugen können. Russland und China sind zwei der Staaten, die den Prozess der weiteren Schutzgebietsausweisung sehr kritisch sehen." Die Kommission kann aber nur einstimmig entscheiden. Russland, China, aber auch jedes andere Mitgliedsland kann die Ausweisung eines neuen Schutzgebietes verhindern.

Schwierige Verhandlungen in Australien

2016 konnte ein Kompromiss geschlossen werden. So wurde das Schutzgebiet in der Ross-Sea vorerst auf 35 Jahre befristet ausgewiesen. Im Moment stehe dieser Weg aber nicht offen, glaubt Matz-Lück. Wegen der Allianzen zwischen China und Russland hält sie es im Moment für wenig wahrscheinlich, dass sich beide Staaten auf einen Kompromiss einlassen. Selbst wenn es zu einer Einigung kommt und ein Schutzgebiet ausgewiesen wird: Den Klimawandel wird das nicht aufhalten. Das Eis wird weiter schmelzen, die Ökosysteme werden zerstört.

Aber, da sind sich die Meeresforscherin und die Juristin einig: Ein Schutz der Antarktis vor Fischerei und Rohstoffausbeutung wäre trotzdem sinnvoll. "Ich vereinfache etwas: Es gibt vielleicht weniger Pinguine, weil sie nicht mehr gut brüten können, aber dafür finden sie wenigstens im ausreichenden Maße zu fressen", sagt Matz-Lück. Die biologische Vielfalt ist durch den Klimawandel schon genug unter Druck, so der Konsens der Wissenschaftlerinnen. Ein sicheres Rückzugsgebiet würde zumindest den Tieren die Möglichkeit geben, sich an die Veränderungen anzupassen.

Sollte es diesmal auf der Antarktiskonferenz keine Einigung geben, ist noch nicht alles verloren. Im kommenden Jahr treffen sich die Mitgliedsstaaten erneut. Dann vielleicht unter anderen geopolitischen Vorzeichen.

Kaiserpinguine im Weddellmeer.
Bildrechte: dpa / Fotograf: John Weller
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In der Antarktis ist es kalt, windig, trocken. Ein einzigartiger Lebensraum für unzählige Tierarten. Aber wie lange noch?

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