Kind wird von einer Ärztin untersucht
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Wenn Kinder längere Zeit schwer krank sind, sollte der Arzt eine atypische Lungenentzündung in Betracht ziehen

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Wenn Kinder schwer an Mykoplasmen erkranken: Symptome erkennen

Wenn Kinder schwer an Mykoplasmen erkranken: Symptome erkennen

Eine spezielle Form der Lungenentzündung verbreitet sich derzeit in Bayern: Mycoplasma pneumoniae. Das Problem: Sie ist schwer zu erkennen, verursacht aber zum Teil schwere Infektionen. Wie bei Paul aus dem Landkreis Ebersberg.

Der erste Schultag – ein Erlebnis, an das sich viele ein Leben lang erinnern. Doch der sechseinhalbjährige Paul aus Aßling im Landkreis Ebersberg hat es verpasst. Der Grund: eine schwere, atypische Lungenentzündung.

Anfang September, auf der Rückfahrt vom Familien-Campingurlaub in Kroatien: Paul hat Kopfschmerzen. Zu Hause am nächsten Tag dann heftigen Husten, trocken und ohne Schleim. Dazu hohes Fieber. Trotzdem denkt seine Mutter Christine zunächst an nichts Ernstes. Schließlich hatte auch ihre elfjährige Tochter vor zehn Tagen sehr starken Husten und leicht erhöhte Temperatur. Nach fünf Tagen war sie wieder gesund – ohne Arzt und Medikamente.

So etwas hat die Mutter noch nie erlebt

Doch bei Paul geht es nicht vorbei. Christine ist einiges gewohnt, denn Paul hatte schon mit elf Monaten RSV, eine schwere Atemwegsinfektion. Das Baby lag eine Woche im Krankenhaus und bekam künstlichen Sauerstoff. Doch dass ihr Kind so krank ist, hat Christine noch nie erlebt und es macht ihr Angst. Nach vier Tagen geht sie mit Paul zur Kinderärztin. Sie diagnostiziert eine Lungenentzündung und verschreibt das Antibiotikum Amoxicillin. Nach zwei Tagen, so die Kinderärztin, sollte es Paul besser gehen. Doch es wird nicht besser.

Zu Hause merkt Christine, dass Paul zu wenig Sauerstoff bekommt. Sie sieht, wie Pauls Haut über den Schlüsselbeinen und den Rippen stark eingezogen wird – ein typisches Zeichen für Sauerstoffmangel. Mit einem Pulsoximeter misst sie den Sauerstoffgehalt im Blut. Als MTA weiß sie: Der optimale Sättigungsgrad im Blut liegt zwischen 95 und 99 Prozent. Liegt der Wert unter 93 Prozent, muss man zum Arzt. Pauls Wert liegt nur bei 88 Prozent. Und er atmet flach und schnell. Pro Minute über 30-mal – der Normalwert bei Kindern liegt bei höchstens 24-mal pro Minute. Christine bringt Paul in die Notaufnahme des Ebersberger Krankenhauses.

Mycoplasma pneumoniae – die häufigsten Symptome

Dort haben die Ärzte sofort den Verdacht auf Mycoplasma pneumoniae. Dabei ist die Erkrankung schwer zu erkennen. Die üblichen Symptome sind häufig ähnlich einer Erkältung: leichtes Fieber, Müdigkeit, Halsschmerzen und Husten. In den meisten Fällen heilt die Krankheit von alleine aus.

Allerdings kann Mycoplasma pneumoniae auch schwere Symptome verursachen wie bei Paul. Solche schweren Fälle häufen sich nach Auskunft von Rolf Kaiser vom Uniklinikum Köln seit dem Frühsommer 2024, insbesondere bei Kindern. Insgesamt warnen Experten aber vor Panikmache. Die Krankheit sei nicht häufiger als vor der Corona-Pandemie.

Gegen Mykoplasmen helfen spezielle Antibiotika

Paul wird ins Klinikum Rosenheim überwiesen. Nachdem die Ärzte sicher sind, dass er weder Covid-19 noch RSV hat, wird er auf Mycoplasma pneumoniae getestet. Dafür ist ein Nasen-Rachen-Abstrich nötig. Anschließend muss der Abstrich im Labor untersucht werden, was mindestens zwei Tage dauern kann.

Die Diagnose ist wichtig, denn nur spezielle Antibiotika helfen gegen diese atypische Lungenentzündung. Mykoplasmen haben nämlich anders als andere Bakterien keine Zellwände. Die üblichen Antibiotika, die an den Zellwänden angreifen, sind deshalb wirkungslos. Deshalb hat auch bei Paul die Amoxicillin-Gabe der Kinderärztin nicht geholfen. Doch das ist die gute Nachricht: Es gibt spezielle Antibiotika, die gegen Mykoplasmen wirken.

Zwei Wochen schwer krank und den 1. Schultag verpasst

Paul muss im Krankenhaus bleiben. Der Sechsjährige bekommt sofort ein gegen Mykoplasmen wirksames Antibiotikum. Außerdem erhält er zusätzlichen Sauerstoff über die Nase und er muss an den Tropf, weil ihm Flüssigkeit fehlt. Innerhalb von 24 Stunden sollte der Sauerstoffwert wieder normal werden, sagen die Ärzte. Paul erholt sich, das Fieber vergeht.

Doch der Sauerstoffwert bleibt schlecht. Sechs Tage liegt Paul im Krankenhaus, jede Nacht sackt der Sauerstoffwert wieder ab. So verpasst Paul seinen allerersten Schultag. Doch dann hat die Therapie endlich Erfolg. Eine Woche nach Schulbeginn ist Paul gesund und darf in die 1. Klasse.

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