Ab 1960 beobachtete Jane Goodall über Jahrzehnte das Verhalten von Schimpansen im Gombe National Park in Tansania und stellte mit ihren Erkenntnissen nicht nur unser Wissen über die Menschenaffen auf den Kopf. Jane Goodall setzte sich auch auf ungewöhnliche Weise als Wissenschaftlerin in einer Männerdomäne durch. Für ihren Einsatz zum Schutz der Menschenaffen wurde die Britin mehrfach ausgezeichnet, von ihren Anhängern wird sie als Ikone des Natur- und Umweltschutzes verehrt. Auch mit 90 Jahren ist die Britin in aller Welt präsent, um für ihr Herzensanliegen zu werben. "[...] Ich habe mich bemüht, ein wenig von der Schuld abzutragen, in der wir alle durch unsere Unmenschlichkeit gegenüber Mensch und Tier stehen", schreibt Goodall in ihrer Biografie. Darum werde sie sich bemühen bis ans Ende.
Von der Sekretärin zur Schimpansenforscherin
Eigentlich deutete zunächst nichts im Leben von Jane Goodall auf eine große Forscherkarriere hin. Nach der Schule ließ sich die am 3. April 1934 in London geborene und später in Bournemouth aufgewachsene Goodall zur Sekretärin ausbilden. Ohne Geld und ohne Studienabschluss reiste die Britin auf Einladung eines ehemaligen Mitschülers 1957 erstmals nach Kenia. Erst die Bekanntschaft mit dem britischstämmigen Paläontologen Louis Leakey sollte aber ihr Leben verändern: Leakey animierte sie dazu, gemeinsam mit den Forscherinnen Diane Fossey und Birute Galdikas eine Langzeituntersuchung über Menschenaffen durchzuführen.
Goodall revolutionierte Verhaltensforschung
Während Diane Fossey das Verhalten von Gorillas untersuchte und Birute Galdikas sich mit Orang-Utans beschäftigte, begann Jane Goodall ab 1960 über Schimpansen zu forschen. Der Gombe National Park in Tansania wurde für viele Jahre zu Goodalls neuer Heimat. Ihre Beobachtungen dort revolutionierten die Verhaltensforschung: So konnte sie belegen, dass Menschenaffen bei der Nahrungssuche beispielsweise Zweige benutzen, um Termiten aus Löchern zu angeln. Dies war eine wissenschaftliche Sensation, da bis dahin die Ansicht vorgeherrscht hatte, nur Menschen könnten Werkzeuge herstellen und verwenden.
Und Jane Goodall konnte dank ihrer Studien einen weiteren, bis in die 1960er-Jahre existierenden Irrglauben aus der Welt schaffen: Schimpansen sind - anders als bis dahin vermutet - keine friedlichen Vegetarier, sondern Fleischfresser, die sogar Kriege gegen andere Affengruppen führen. "All diese Erkenntnisse haben unser Bild von der Einzigartigkeit des Menschen schwer erschüttert", sagte Tobias Deschner vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig in einer Mitteilung anlässlich des 85. Geburtstages von Jane Goodall.
Eigenwillige Pionierin: Goodall gab den Schimpansen Namen
Nicht nur, weil Goodall jung, hübsch und ohne Studienabschluss war, musste sie von ihren männlichen Kollegen für ihre Studien zunächst heftige Kritik einstecken. Ihr wurde auch deshalb Unwissenschaftlichkeit vorgeworfen, weil sie den von ihr beobachteten Tieren nicht - wie bis dahin bei Forschungen üblich - Nummern, sondern Namen gab.
Goodall promovierte ohne Hochschulstudium
Goodall ließ sich von den Anfeindungen ihrer Kollegen aber nicht beirren. Ganz im Gegenteil. Mithilfe einer Ausnahmegenehmigung von der Universität Cambridge promovierte sie und erhielt 1965 den Doktortitel in Ethologie, Verhaltensforschung, ohne je regulär an einer Hochschule studiert zu haben.
Überzeugt vom menschenähnlichen Wesen der Schimpansen
Die Schimpansenforscherin wollte mit ihrem Engagement vor allem zu einem besseren Verständnis und zum Schutz unserer nächsten Verwandten beitragen. Denn Jane Goodall war schon früh überzeugt, "dass wir Menschen nicht die Einzigen mit Persönlichkeit sind, mit Verstand und Emotionen", wie sie in zahlreichen Interviews immer wieder beteuerte.
1977 gründete sie deshalb das "Institute for Wildlife Research, Education and Conservation", das inzwischen in 22 Ländern vertreten ist. Mitte der 1980er-Jahre begann sie, sich verstärkt für den Schutz des Lebensraums der Tiere und für sanften Tourismus einzusetzen. 1991 rief sie die inzwischen in über 100 Ländern vertretene Aktion "Roots & Shoots" (Wurzeln und Sprösslinge) ins Leben, um nachfolgende Generationen für ihr Anliegen zu sensibilisieren.
"Jane" - die Doku über das Leben der Jane Goodall
Das Leben und die Arbeit von Jane Goodall ist auch Stoff einiger Dokumentarfilme. Besonders eindrucksvoll ist die Dokumentation "Jane", die am 8. März 2018 in Deutschland startete. Sie zeigt Originalaufnahmen des niederländischen Filmemachers Hugo van Lawick. Er war 1962 nach Tansania gereist, um die Arbeit von Goodall zu dokumentieren. Während der Dreharbeiten verliebten sich die beiden, heirateten und bekamen 1967 einen Sohn. Regisseur Brett Morgen erhielt für seine Arbeit 2018 den BAFTA Award für den besten Dokumentarfilm des Jahres.
Schimpansen heute gefährdeter als 1960
Bis heute kämpft Jane Goodall unermüdlich für die Rechte und den Schutz der großen Menschenaffen. Genutzt hat es wenig. Heutzutage sind Schimpansen sehr viel gefährdeter als 1960, als Goodall mit ihrer Arbeit in Afrika anfing. Durch das Verschwinden ihres Lebensraums und durch Wilderei werden es immer weniger. Laut der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN gelten Schimpansen insgesamt als stark gefährdet. Die Westafrikanische Unterart ist bereits vom Aussterben bedroht.
Viele Auszeichnungen für Jane Goodall
Für ihren Einsatz zum Schutz der großen Menschenaffen wurde Jane Goodall 2002 zur UN-Friedensbotschafterin ernannt. Unzählige Titel, Würden, Ehrungen und Auszeichnungen wurden Goodall zuteil. So bekam sie 2006 für ihren Einsatz für die Großen Menschenaffen und ihren Lebensraum in Afrika die Jubiläumsmedaille der Unesco und 2017 den Ehrenpreis beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis. Auch als Barbie-Puppe gibt es sie
Im Video: Der Kinofilm Jane
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