Paprikapflanze: Ein Patent auf klassisch gezüchtete Pflanzen darf es seit 2017 eigentlich nicht mehr geben. Trotzdem wurde eine Klage gegen ein Paprika-Patent vom Europäischen Patentamt zurückgewiesen.
Bildrechte: picture alliance / Shotshop | Theresia Karanitsch
Audiobeitrag

Paprika

Audiobeitrag
> Wissen >

Europäisches Patentamt bestätigt umstrittenes Paprika-Patent

Europäisches Patentamt bestätigt umstrittenes Paprika-Patent

Das Europäische Patentamt hat den Einspruch gegen ein Paprika-Patent abgewiesen, obwohl die resistente Frucht konventionell gezüchtet wurde. Die Firma Syngenta hatte die Rechte an der Pflanze für sich beansprucht. Nun protestieren Pflanzenzüchter.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Man nehme eine Wildpflanze und Informationen aus einer öffentlichen Forschungs-Datenbank, züchte nach konventioneller Methode und erhalte - ein neues Pflanzen-Patent. Und das, obwohl Patente auf konventionelle Zucht in Europa verboten sind. So geschehen vor wenigen Wochen in München, dem Sitz des Europäischen Patentamtes (EPA). Das EPA hat einen Einspruch gegen das strittige Patent nun abgewiesen.

  • Zum Artikel: Patente: China holt auf, Bayern deutscher Spitzenreiter

Paprika mit Resistenz gegen Insekten

Bei dem fraglichen Patent geht es um ein Schutzrecht, dass die Firma Syngenta 2013 auf die genetische Eigenschaft von ursprünglich aus Jamaika stammenden Paprika erhalten hatte. Diese weisen eine natürliche Resistenz gegen die Weiße Fliege, einen lästigen Pflanzenschädling, auf. Um die Paprika zu züchten, hatte Syngenta die Blüten einer Gemüsepaprika mit Pollen einer wilden Paprika bestäubt. Dass die wilde Paprika nicht von der Weißen Fliege befallen wird, wusste das Unternehmen aus einer frei zugänglichen Gen-Datenbank. Syngenta kreuzte die Pflanzen und selektierte die Nachkommen, die die resistenten Eigenschaften geerbt hatten, nach klassischem Verfahren.

Patent erteilt - trotz aktueller Rechtslage

Zwar schließt die aktuelle Rechtslage in Europa aus, dass dafür ein Patent erteilt wird – allerdings erst seit wenigen Jahren. "Seit 2017 ist es so, dass keine Patente mehr für Pflanzen oder Tiere erteilt werden können, wenn diese durch natürliche Methoden, also mit Kreuzung und Selektion, hergestellt worden sind", erklärt Heli Pihlajamaa, Abteilungsleiterin am Europäischen Patentamt in München. Allerdings hatte die Firma ihr Patent schon 2008 eingereicht, als noch die alte Rechtslage galt. Seither beansprucht die Syngenta AG, die ChemChina, einem chinesischen Staatsunternehmen, gehört, die spezifischen genetischen Varianten für die weitere Pflanzenzucht für sich.

Kritik von Pflanzenzüchtern

Das internationalen Bündnis "Keine Patente auf Saatgut" machte dagegen mobil und legte Einspruch beim Europäische Patentamt ein – ohne Erfolg, aber mit Folgen für die Arbeit der Pflanzenzüchter. So kritisiert der Verband Bayerischer Pflanzenzüchter, dass nach dieser Entscheidung Züchter zwar eine patentierte Sorte weiterhin verwenden dürfen, um damit eine neue Sorten zu züchten. Aber das Merkmal "Insektenresistenz", um das es im Patent geht, dürfte die neue Sorte nicht enthalten, sonst würden Lizenzgebühren fällig. Nach dem aktuellen europäischen Sortenrecht gelten ohne Patent ganz andere Regeln: Züchter dürfen mit jeder klassisch gezüchteten Sorte uneingeschränkt weiterzüchten und das völlig kostenlos. So soll der Fortschritt bei der Pflanzenzucht gefördert werden.

Nur Technologie ist patentierbar

Die seit 2017 geltende Rechtslage wirft aber noch weitere Fragen auf. Demnach dürfen nämlich nur mittels Gentechnik erzeugte Sorten patentiert werden. Patentiert wird also die Technologie, nicht aber die genetische Vielfalt und das Saatgut an sich. Andererseits können durch die technische Methode Pflanzen erzeugt werden, die auch durch klassische Kreuzung entstehen könnten. Strittig ist nun, ob diese trotzdem patentiert werden dürfen.

Alexander Strube, erster Vorsitzender des Verbands Bayerischer Pflanzenzüchter, sieht die Regelung kritisch: "Wir sind absolut gegen eine Patentierung von jeglichem Merkmal, das auch so in der Natur von alleine entstehen oder eben durch klassische Kreuzung und Selektion erzeugt werden könnte." Dies blockiere den Zugang zur biologischen Vielfalt, den alle Züchter bräuchten, kritisiert auch die Organisation "Keine Patente auf Saatgut". In Zukunft würden Züchter eine Patentlizenz benötigen, um ihre eigenen Sorten zu vermarkten.

Wieder Einspruch beim Europäischen Patentamt

Derzeit liegt dem Europäischen Patentamt ein erster Einspruch gegen eine Sorte vor, die nach 2017 patentiert wurde. Noch ist offen, ob dieser Einspruch angesichts der neuen Rechtslage Erfolg hat – anders als beim Paprika-Patent.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!